Madame Fabienne
sich mit ihm in einem Café auf der Rue de Siam. Es hieß, ein Manager von B&M mache hier gerade Urlaub und würde danach in die Konzernspitze aufrücken. Doch der alte Gaston war dagegen, dass dieser Mann befördert wurde.
Sie erhielten ein Dossier, und darin stand, die Zielperson sei Mitte vierzig, habe Frau und zwei kleine Kinder. Die vier seien vorgestern in Brest eingetroffen und wohnten in einem Hotel in der Nähe vom Place de la Liberté. Da sie und Véronique in diesen Dingen noch unerfahren waren, fiel es ihnen zunächst schwer, den Manager zu beschatten.
Und es stellte sich auch schon bald heraus, wie langweilig das war; manchmal passierte den ganzen Vormittag gar nichts.
Einmal folgte sie dem Mann in ein Restaurant und konnte sich an einen Tisch in seiner Nähe setzen. Da in dem Lokal Hochbetrieb herrschte, fiel sie nicht auf. Der Manager war mit seiner Familie zusammen, und was er zu ihnen sagte, hörte sich an wie ein Vortrag. Er redete oft von Schuld und schlampiger Arbeit, außerdem hatte er ständig etwas an der Kellnerin auszusetzen. Der Typ missfiel ihr: Privat war er ein Tyrann, und wahrscheinlich verhielt er sich auch so in der Firma.
Véronique hatte sich über ihn umgehört und erfahren, dass er politisch arg weit rechts einzuordnen war. Öffentlich gab es zwar diesbezüglich keine Äußerungen von ihm, aber hinter verschlossenen Türen wurden die Werte der Republik in Frage gestellt. Vielleicht wollte der alte Gaston auch darum verhindern, dass dieser Mann in die Konzernspitze aufstieg.
Vielleicht wollte er auch selbst befördert werden, das konnte man natürlich nicht ausschließen.
Als der Manager und seine Familie an den Strand fuhren, folgten sie ihm. Die ganze Zeit wartete sie darauf, dass sie sich ihm ungestört nähern konnte. Wenn sie ihn angriff, dürfte es nämlich keine Zeugen geben, aber bisher war eine solche Gelegenheit ausgeblieben. Véronique hatte eine Kamera mitgebracht, und so vertrieben sie sich die Zeit, indem sie Bilder schossen.
Am folgenden Tag ließ der Manager sich absetzen und war zum ersten Mal allein unterwegs. Zuerst sah es so aus, als wolle er wieder an den Strand, dann ging er aber in eine Kneipe, die dort ganz in der Nähe war. Er traf sich mit einem anderen Mann, und die beiden unterhielten sich lange. Sie wartete extra draußen, um nicht aufzufallen. Als der Manager schließlich zurück in die Innenstadt wollte, nahm er einen Linienbus.
Ihr wurde klar, dass sich wohl keine bessere Chance ergeben würde, um ihn zu manipulieren. Sie beeilte sich also und konnte auch noch zusteigen. Neben dem Manager waren noch einige Schulkinder anwesend. Sie suchte sich einen Platz in seiner Nähe, und als er in ihre Richtung sah, griff sie an. Sie ließ ihren Blick in seine Augen dringen und spürte, wie sie ihn packen konnte.
Draußen fing es an zu nieseln, und einzelne Tropfen flossen an den Scheiben nach unten. Der Himmel färbte sich zu einem Gemisch aus Grau und Weiß. Nun führte die Strecke am Meer entlang, und die Schulkinder schauten zu, wie einige Windsurfer auf dem Wasser ritten.
Sie konnte jetzt spüren, dass sie den Widerstand in dem Manager geschwächt hatte. Sie setzte sich also neben ihn und hatte ihn schon bald ganz unter Kontrolle.
Als der Bus schließlich am Bahnhof hielt, stieg sie aus. Leider starrte ihr der Fahrer nach, und es war unklar, ob dem Mann etwas aufgefallen war. Sie hastete davon, damit der andere sich nicht ihr Gesicht einprägen konnte. Ihr fiel noch auf, dass der Manager sich mit dem Kopf gegen die Scheibe lehnte, dabei stand ihm der Mund ein wenig offen, und sein Blick war in die Ferne gerichtet. Er hatte eine hohe Dosis abbekommen und könnte sich wahrscheinlich nicht an sie erinnern.
Véronique war dem Bus gefolgt und hielt ein Stück weit entfernt. Fabienne stieg in den Wagen, und sie verließen Brest noch am gleichen Tag. Aus der Zeitung erfuhren sie, wie die Sache ausging: Der Manager wurde krank und fiel aus; statt ihm wurde eine Frau aus einer der Niederlassungen befördert.
Der alte Gaston war zufrieden mit ihnen und zahlte eine großzügige Gage aus. Schon bald danach kam auch der nächste Auftrag, und so war es lange Zeit gegangen, aber jetzt saßen sie hier in Lu am Rhein in der Falle.
Véronique hielt nun den Mercedes am Straßenrand, wo es ganz in der Nähe eine gelbe Telefonzelle gab. Sie schaltete den Motor aus und wandte sich ihr zu: "Und was ist, wenn Vacaro das Gespräch aufnimmt?"
"Das lässt sich wohl
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