Madame Fabienne
weiter Notiz von ihm zu nehmen. Offenbar erachtete Martin ihr Gespräch als beendet.
Jean Claude ging durchs Großraumbüro zurück zu einer der Metalltüren, dabei kamen ihm die vielen Geräusche lauter vor als sonst; vielleicht lag es daran, dass er dringend Schlaf brauchte. Verdammter Mist, wie einfach und wie schnell man ihn ersetzt hatte— das hätte er nie und nimmer für möglich gehalten. Und was würde aus ihm werden, wenn Fabienne keinen Fahrer mehr brauchte. Was dann?
*
Fabienne war im Salon und schob die Sessel zur Seite, damit sie mehr Platz für ihre Gymnastik hatte. Sie fing an, sich aufzuwärmen; dabei konnte sie hören, was Véronique nebenan in der Küche machte: Schubladen wurden aufgezogen, und Geschirr klimperte, dann gluckerte eine Flüssigkeit, offenbar schenkte sich Véronique etwas ein. Irgendwas war doch faul, das konnte sie spüren. "Hast du das Geld auf unser Konto überwiesen?"
Es kam keine Antwort.
Fabienne fing an, den Oberkörper zu kreisen, was sich gut anfühlte. Wahrscheinlich war es notwendig, dass sie Véronique mehr kontrollierte: Ob sie das Geld wieder einfach ausgegeben hatte? Das war ja schon mal passiert, als sie sich einen Schrank voll Klamotten gekauft hatte.
"Hallo? Wo bleibst du denn?"
Véronique kam zurück in den Salon und stellte zwei Gläser auf den Couchtisch. Sie trug wieder ein Hosenkostüm und eine weiße Bluse, bei der die oberen Knöpfe offen standen. Ihre roten Haare waren gelockt und reichten ihr fast bis an die Ellbogen.
Sie setzte sich in einen der Ledersessel und trank einen Schluck: "Ich hab euch beobachtet."
"Wen beobachtet?"
"Na, dich und Jean Claude."
"Und?" Fabienne machte nun Liegestütze. "Hat der Sicherheitsdienst jemand geschickt?"
"Nicht gestern Nacht. Aber mir ist aufgefallen, dass man die Villa hin und wieder kontrolliert. Die Leute fahren dunkle BMWs. Offenbar haben sie nicht genug Personal, um uns rund um die Uhr zu beobachten."
"Das ist doch gut."
Véronique grinste ein bisschen, "Dieser Jean Claude sieht sportlich aus. Er erinnert mich an den Mann aus dem Fitness-Club. In Royan, weißt du noch?"
Ob sie es mit Jean Claude machen wollte? Vielleicht. Sie fing nun an, die Beine zu dehnen: Irgendwas stimmte trotzdem nicht, das konnte sie spüren. "Gefällt er dir?"
"Wie lief es denn mit diesem Manager?"
"Du meinst Hasan Gündesch?"
"Ja."
Fabienne zuckte mit den Achseln, "Ich konnte mich mit ihm unterhalten und habe ihn schon ein bisschen manipuliert."
"Warum nur ein bisschen?"
"Warum?" Fabienne setzte sich in den Lotussitz, "Weil er sonst vielleicht umgekippt wäre. Deswegen."
"Gefällt dir dieser Jean Claude?"
Sie schwieg.
Véronique zog nun die Gardine ein Stück zur Seite und sah nach draußen auf die Terrasse, "Im Sommer muss es hier schön sein."
"So lange wollen wir nicht bleiben."
"Es läuft doch ganz gut, oder?"
"Eigentlich schon."
Véronique wandte sich ihr wieder zu: "Ich muss dir was sagen."
Natürlich, sie hatte es doch gewusst: Irgendwas war oberfaul. "Du hast den Vorschuss ausgegeben?"
"Äh, nein. Was du wieder von mir denkst. Es ist was andres... Ich bin doch in die City gefahren und wollte ein bisschen einkaufen."
"Also doch... Wie viel hast du ausgegeben?"
"Nichts, jetzt hör doch mal zu. Als ich in der City war, ist mir ein Mann in der Ferne aufgefallen, ein Typ mit Anzug und dunklen Haaren... Vielleicht war es Didier."
Fabienne stand für eine Sekunde der Mund offen, "Didier?!"
"Ja."
"W-was heißt hier vielleicht?"
Véroniques Stimme wurde lauter, "Ich bin gleich gegangen und habe den Mann nur aus der Distanz gesehn."
Das konnte doch nicht sein, oder? Fabienne ging zum Couchtisch und trank einen Schluck von dem Mineralwasser, "Wie hieß er noch mal?"
"Wie hieß wer?"
"Der Nachname."
"Ach so", Véronique fuchtelte mit einer Hand in der Luft herum, "Malvault."
"Mit X am Ende?"
"Nein, mit L und T." Véronique machte nun die Glastür zur Terrasse ein Stück weit auf, gleich darauf blies ein kühler Wind herein und blähte die Gardinen. "Vielleicht hab ich mich auch getäuscht. Ich meine, wie sollte uns Didier von Nîmes aus hierher nach Lu folgen?"
Fabienne schloss für einen Moment die Augen: Es war jetzt erst mal nötig, dass sie ein wenig nachdachte.
"Vielleicht ist es ein Zufall."
Beinah hätte sie gelacht. "Wenn es Didier ist, dann kann es kein Zufall sein. Er ist hinter mir her. Das macht die Sache noch schwieriger. Wir müssen den Auftrag ausführen und dann verduften, und zwar
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