Madame Fabienne
gehört, es solle mehr Regen geben. Er wendete den Wagen gleich wieder, damit er sofort losfahren könnte, falls notwendig. Irgendwie hatte er immer noch ein schlechtes Gefühl.
Er stieg aus und ging zum Eingang, und als er schon klingeln wollte, hielt er noch einen Moment inne: Wie still es hier war, man hörte nur, wie der Wind durch Bäume blies. Vielleicht war ja gar nicht abgeschlossen. Er drückte die Klinke nach unten, und die Tür ging auf. Von der Schwelle aus konnte er die Diele sehen und einen Teil vom Flur. Er klopfte mit den Fingerknöcheln gegen die Wand, "Hallo?"
Es gab keine Antwort.
Ob das etwas zu bedeuten hatte? "Hallo?"
Wieder nichts.
Er ging zum Salon und blieb auf der Schwelle stehen: Man hatte einige der Ledersessel zur Seite geschoben, damit eine freie Fläche entstand. Fabienne trug schwarze Trainingshosen und ein Top, das eng am Oberkörper anlag. Sie machte Gymnastik und konnte es so gut, dass es einfach aussah. Wie schön ihre Oberarme geformt waren. Ob er es mit ihr machen könnte? Nein, nein, es war jetzt erst mal nötig, dass er einen kühlen Kopf behielt. Ein Zittern lief ihm trotzdem durch den Körper: Wie sehr er diese Frau doch begehrte.
Wahrscheinlich würde es ihm gut tun, wenn er sich endlich mal wieder amüsieren könnte, und warum sollte das nicht mit Fabienne sein? Wollte sie ihn denn überhaupt? Das würde sich wahrscheinlich schon bald zeigen. "Hallo", er zeigte mit dem Daumen zurück in den Flur, "die Haustür war offen."
"Schon okay", sie dehnte gerade ihre Beine. "Ist alles klar in der Fabrik?"
Das war ne gute Frage. Er setzte sich in einen der schwarzen Ledersessel und sah ihr zu, "Das würde ich auch gerne wissen."
"Was heißt das?"
Er zuckte nur mit den Achseln. Schade, dass er nicht in die Küche sehen konnte: Hatte sich dort etwas bewegt? Wahrscheinlich ging ihm bloß die Fantasie durch.
Fabienne machte weiter ihre Übungen, "Wir haben nachher noch etwas zu erledigen."
"Was ist das?" Er zeigte auf sie.
"Das ist jetzt Yoga. Machst du auch Sport?"
"Hin und wieder geh ich in ein Fitness-Studio. Früher hab ich auch Fußball gespielt, im Verein. Manchmal geh ich noch sonntags hin und schau mir ein Spiel an." Wie trocken sein Hals auf einmal war. Er musste sich räuspern, "Was haben wir denn noch vor?"
"Wir treffen uns noch mal mit Hasan Gündesch."
"Der Mann aus dem Café?"
Sie sah ihn an mit ihren braunen Augen.
Offenbar hätte er das nicht fragen sollen. "Und dann?"
"Dann übernehme ich die Sache, du bist nur dabei und... passt auf."
Sie hatte ihn mit du angesprochen: War das gut? Ob er es mit ihr machen könnte? Jetzt und hier? Er hatte keine Kondome einstecken, aber vielleicht hatte sie ja welche— er hielt das nicht mehr aus. "Hast du hier was zu trinken?"
"Ich bin gleich so weit, du kannst im Auto auf mich warten."
"Also gut." Er stand auf, und als er zurück zur offenen Tür ging, fiel ihm der Couchtisch auf: Dort standen nämlich zwei halb volle Gläser mit Mineralwasser— war hier noch jemand im Haus? Vielleicht hatte er deswegen so ein schlechtes Gefühl gehabt. Fabienne sah ihn nun wieder an, doch er mied ihren Blick: Sie dürfte nicht erkennen, dass er Verdacht geschöpft hatte.
Er ging wieder nach draußen und fing an zu frieren, als der Wind auffrischte. Im Kofferraum des Wagens fand er noch etwas zu trinken, eine Flasche Limonade, und er nahm gleich einen langen Schluck daraus.
Wenn er das nächste Mal hierher käme, sollte er auf alle Fälle Kondome einstecken. Ob Fabienne überhaupt auf ihn stand? Sonst ginge es ja gar nicht. Aber sie hatte ihn doch mit du angesprochen, was bestimmt ein gutes Zeichen war. Sein Gespür sagte ihm allerdings, dass mit dieser Frau etwas nicht stimmte. Und er wäre doch Mann genug, sich von ihr fernzuhalten, oder?
Hoffentlich.
Er schloss den Kofferraum und glitt hinters Lenkrad. Wenn er aufmerksam bliebe, würde er vielleicht irgendwann erfahren, wer sich noch in der Villa aufhielt— wahrscheinlich war es Fabiennes Vertrauter. Wer könnte das wohl sein?
*
Jean Claude lenkte den Audi durch die Stadt und sah dabei unauffällig zu Fabienne, die wieder auf dem Beifahrersitz saß. Ob das etwas zu bedeuten hatte? Wahrscheinlich nicht, er machte sich da doch etwas vor: Er sollte endlich mal Klarheit schaffen, ob sie ihn überhaupt wollte.
Es hupte auf einmal, und er musste so scharf bremsen, dass ihn der Sicherheitsgurt auffing. Er wandte sich an Fabienne und lächelte ihr zu, aber sie reagierte
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