Madame Fabienne
mal mit dem Grundbesitzer im Park. Zuerst schlenderten sie ein bisschen umher, aber dann lockte sie ihn in den Tempel der Diana, wo sonst niemand sie sehen konnte.
Sie stellte sich dicht neben den Mann und ließ ihren Blick in ihn eindringen. Es war ein energischer Angriff, und sie konnte spüren, wie seine Gegenwehr allmählich verschwand. Nun war es klar, dass er verkaufen würde. Sein Mund stand ein wenig offen, und seine Augen waren weit aufgerissen. Er hielt sich eine Hand aufs Herz und konnte sich offenbar nicht bewegen, aber sie wusste, dass sich das gleich ändern würde.
Sie verließ also die Tempelruine und hastete zum Ausgang. Ein Stück weit entfernt wartete Véronique mit dem silbergrauen Mercedes und gab ihr ein Handzeichen. Sie stieg ein, und gleich darauf erschien auch schon der Grundbesitzer. Er konnte nur langsam gehen, und einmal hielt er inne, um sich mit einem Taschentuch Schweiß von der Stirn zu wischen.
Sie riefen beim alten Gaston in Paris an und sagten ihm, dass man noch mal ein Angebot unterbreiten solle. Wenig später verschwanden sie aus Nîmes, blieben aber noch in der Gegend, falls doch noch etwas schief gehen würde und sie erneut eingreifen müssten. Was aber nicht der Fall war: Zwei Tage danach wurde in den Medien berichtet, dass B&M das Land kaufen würde. Der alte Gaston überwies ihnen schon bald darauf ihre Gage, eine stattliche Summe.
An Didier hatte sie lange nicht mehr gedacht, was sich nun als Fehler erwies.
Was wäre, wenn sie beim alten Gaston anrufen würde und sich über Didier beschwerte? Würde das etwas bringen? Vielleicht schon, aber sie hatte ein schlechtes Gefühl dabei. Jetzt war es erst mal angebracht, dass sie mit Véronique die Lage besprach. Je eher sie den Auftrag in Lu zu Ende brachten und wieder verschwinden könnten, desto besser für sie. Wären sie erst mal hier weg, könnte Didier sie nicht mehr finden, denn dann gäbe es keine Spur mehr. Und wahrscheinlich würde das Feuer in ihm mit der Zeit auch nachlassen und schließlich vielleicht sogar erlöschen, was natürlich am besten wäre für sie.
Aber jetzt war er gefährlich: Wenn sie ihm wirklich begegnen würde, käme es wahrscheinlich zum Kampf. Das müsste sie unbedingt vermeiden. Wer wusste wohl noch von ihrem Unterschlupf hier auf der Schwanthaler Allee? Natürlich die Leute von der Öl- & Reifenfabrik, aber die würden die Adresse doch nie und nimmer an Didier verraten, oder?
Hoffentlich nicht.
Sie würde sich heute Abend noch mal mit Hasan treffen. Es war leider wieder ein öffentlicher Ort, dieses Café Maxi, was die Sache deutlich schwieriger machte. Aber es sollte trotzdem möglich sein, ihn zumindest ein Stück weit zu beeinflussen. Wahrscheinlich gäbe es also noch einen weiteren Termin, aber dann wäre er so umgepolt, dass er seine Firma verkaufen würde. Wäre das geschafft, könnten sie und Véronique aus dieser Stadt verschwinden, vorausgesetzt, die Öl- & Reifenfabrik bezahlte sie.
Irgendwie hatte sie bei diesem Vacaro ein schlechtes Gefühl. Sie war ihm ja nur einmal begegnet, eben in diesem Restaurant bei der Orangerie in Strasbourg. Er hatte sich an den Tisch neben ihr gesetzt, wahrscheinlich damit er leugnen könnte, er kenne sie, falls jemand heimlich Fotos schoss und es später Ärger geben würde. Er hatte stets leise gesprochen und nur selten in ihre Richtung geschaut.
Der Mann war vorsichtig, und eine kalte Aura ging von ihm aus. Darin ähnelte er dem alten Gaston.
Wie viel Uhr hatten sie denn überhaupt? Sie machte ganz langsam die Augen auf, und ihr Blick fiel auf diese kleine Skulptur aus Porzellan, eine Amazone auf einem galoppierenden Pferd. Es sah so aus, als mache der Frau das Reiten Spaß, denn auf ihrem Gesicht konnte man eine zufriedene Miene sehen.
In dem langen Raum waren die Jalousien nach unten gelassen, und deswegen gab es ein angenehm gedämpftes Licht. Sie lauschte noch einen Moment ihrem Atem und stand dann auf. Es wurde Zeit, dass sie aufbrach, immerhin wollte sie rechtzeitig im Café Maxi sein.
Sie ging durchs Schlafzimmer und schloss die Tür auf: "Jean Claude?"
Es gab keine Antwort; wie still es im Haus war. Sie ging weiter bis zum Geländer und sah nach unten ins Erdgeschoss. Wo war er denn? "Jean Claude?"
"Ja", er kam aus dem Salon und sah zu ihr nach oben, "was ist denn?"
Wie schön lang und schlank er war, das hatte auch schon Véronique bemerkt. Er trug wieder dieses karierte Jackett, das ganz aufgeknöpft war. Er sah fit aus und machte
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