Madame Fabienne
Zielperson, einen 51jährigen Grundbesitzer.
Sofort fingen sie an, nach ihm zu suchen. Im Dossier stand, er sei wohlhabend und sei so etwas wie ein Hobby-Landwirt. Sie entdeckten ihn schon bald in der Nähe des Parks, wo er mit anderen Boule spielte. Leider waren nur Männer anwesend, und wenn sie als Frau gefragt hätte, ob sie mitspielen könne, wäre sie aufgefallen— die Kerle hätten sich ihr Gesicht gemerkt, und der Gedanke missfiel ihr. Also beließen sie es dabei, den Grundbesitzer aus der Ferne zu beobachten.
Am nächsten Morgen tauchte Gaston Roque-Maurel in ihrem Hotel auf, was eine Überraschung war, weil er sonst lieber im Hintergrund blieb. So nervös hatte sie ihn noch nie erlebt. Die Sachlage habe sich nun deutlich verschlechtert, meinte er. Jemand in der Konzernspitze habe nämlich vorgeschlagen, das Werk in Nîmes zu schließen und die Produktion nach Rumänien zu verlegen. Sie müssten jetzt schnell handeln, jeder Tag zähle. Die Zielperson müsse das angrenzende Land an B&M verkaufen, damit das Werk in Nîmes bleiben und expandieren könne.
Schließlich stellte er ihr noch Didier Malvault vor, einen seiner vielen Assistenten. Sie versuchte, den alten Gaston davon zu überzeugen, dass sie die Sache auch allein regeln könnten; doch er bestand darauf, dass Didier mit von der Partie war. Seine Aufgabe sei es, die Zentrale in Paris auf dem Laufenden zu halten.
Später gingen Véronique und sie noch mal zu dem Platz, wo Boule gespielt wurde. Der Grundbesitzer war wieder da, aber wenn sie sich ihm genähert hätten, wären sie aufgefallen, weil er wie am Vortag nur von Männern umgeben war. Also warteten sie ab, was furchtbar langweilig wurde. Nach eineinhalb Stunden verabschiedete er sich endlich von seinen Kumpels und ging in den Park von Nîmes, in die Jardins de la Fontaine.
Es war ein milder Tag, und die Sonne schien aus einem blauen Himmel.
Der Grundbesitzer schlenderte umher, und aus der Distanz hatte man den Eindruck, als wolle er allein sein, um über etwas nachzudenken. Sie schloss zu ihm auf und verwickelte ihn in ein Gespräch, dabei drang ihr Blick in seine Augen, und sie konnte spüren, wie er unter ihren Einfluss geriet. Einen Moment wankte er, und es sah so aus, als würde er umkippen. Sie müsste sich also zurückhalten, denn es waren etliche Passanten in der Nähe, und man könnte vielleicht bemerken, was sie mit ihm machte.
Sie brach den Angriff also ab und verabredete sich mit ihm für den Abend wieder hier im Park.
Als sie dann zurück zu ihrem Hotel kam, war Didier da. Er ging in ihrem Zimmer auf und ab und fuhr sich dabei mit einer Hand durch die dunklen Haare. Er meinte, es gebe eine Botschaft vom alten Gaston, aber mehr wollte er ihr nicht sagen. Schließlich wurde klar, dass er es mit ihr machen wollte, und zwar gleich jetzt. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als auch ihn zu manipulieren, dabei spürte sie, wie besessen er von ihr war.
Am Abend ging sie noch mal in den Park und traf dort den Grundbesitzer. Leider gab es wieder Zeugen, und der Mann wollte auch noch weg: Er habe einen Termin mit seinen Kumpels, meinte er zu ihr. Ob er sie anlog? Was sollte sie jetzt machen?
Sie ließ ihren Blick wieder in ihn eindringen, und dadurch geriet er noch mehr in ihren Bann. Sie machte mit ihm auch noch einen weiteren Treff aus, gleich morgen wieder hier im Park. Der Mann hastete davon, und sie blieb allein zurück. In der Ferne konnte sie den Tempel der Diana sehen, eine Ruine, bei der eine Seite und das Dach fehlten. Dort könnte sie ihn morgen hinlocken und den letzten Angriff ausführen, denn dort würden die dicken Mauern sie vor den Blicken der anderen Passanten schützen.
Als sie wieder im Hotel war, tauchte Véronique auf. Sie machte sich Sorgen, die Leute von B&M würden sie beobachten, und was dieser Didier trieb, konnte niemand sagen. Er tauchte dann auch ein wenig später auf und machte ihr den Vorschlag, sie sollten zusammen aus Frankreich verschwinden, irgendwohin. Er ging ständig auf und ab und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum; sein weißes Hemd war ganz verschwitzt, und eine Haarsträhne klebte ihm auf der Stirn.
An seinen wässrigen Augen konnte sie sehen, wie er brannte: Der Typ war kurz vorm Explodieren. Sie redete ihm gut zu und konnte so einen Aufschub bekommen: Morgen wollten sie noch mal darüber sprechen. Als er wieder weg war, fing sie sofort an zu packen.
Am nächsten Tag verließ sie schon früh das Hotel und traf sich später noch
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