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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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gestand er. »Ihr müsst also mein Stottern verzeihen.«
    Katharina wartete. In ihrem Magen regte sich das Unbehagen als winziges Flattern. Kam jetzt das, was sie vermutete?
    »Ich bin nicht hier, um Eure Lage auszunutzen, das müsst Ihr mir wirklich glauben. Ich möchte Euch nur sagen, dass Ihr all diese Dinge nicht allein durchstehen müsstet.« Er hielt inne, forschte in ihrem Gesicht nach einer Regung.
    Sie konnte es nicht fassen. »Herr Öllinger, ich …«, setzte sie an.
    Rasch hob er die Hand. »Bitte! Lasst mich ausreden! Ich habe ein recht ansehnliches Auskommen mit meiner Apotheke, und es besteht Grund zu der Annahme, dass ich bald die Apotheke von Heilig-Geist übernehmen kann.« Irgendetwas musste er an ihrer Miene abgelesen haben, denn er stockte, besann sich. Dann fuhr er fort: »Es wäre eine gewinnträchtige Verbindung – nicht nur für uns beide, sondern vor allem für unsere Patienten.« Er legte die Hände auf die Tischplatte, verschränkte sie ineinander. Es sah aus, als wolle er sie anflehen, und das schien ihm bewusst zu werden, denn rasch zog er die Hände zurück und legte sie nun in seinen Schoß. »Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, Euch die Ehe anzutragen, aber ich selbst hätte nie gewagt, es ausgerechnet heute zu tun. Es war Donatus, der mich auf diesen Gedanken gebracht hat, dadurch, dass er mir von Eurer melancholia erzählte.«
    Sie nickte. Sie hatte ihn also doch richtig verstanden. Er machte ihr einen Heiratsantrag! Wenn sie nicht so erschöpft gewesen wäre, hätte sie aufgelacht. So jedoch konnte sie nur eines tun: an Richard denken. Sein Gesicht erschien ihr, seine brennenden Augen, die Wunde an seiner Schulter, die Art, wie er in der Tür der Kapelle gestanden hatte, um Silberschläger zu vertreiben. Ein scharfer Schmerz fuhr ihr durchs Herz. Sie konnte sich nicht erklären, woher er rührte.
    Sie fröstelte und zog den Kragen ihres Kleides vor der Brust zusammen.
    »Ich will Euch nicht unter Druck setzen! Mein Antrag dient einzig und allein dazu, Euch zu zeigen, dass Ihr nicht allein seid«, sagte Öllinger zaghaft. Er wartete darauf, dass sie etwas sagte.
    Sie wusste nicht, was. Sie fühlte sich elend und unendlich müde. Am liebsten wäre sie nach oben gegangen, hätte sich die Bettdecke über den Kopf gezogen und sich bis zum Ende ihres Lebens nicht mehr gerührt. Doch sie blieb, wo sie war.
    Da erhob Öllinger sich, wandte sich Richtung Tür. »Es ist wohl besser, ich gehe«, sagte er leise, blieb jedoch mitten im Raum stehen.
    Katharina wartete, bis er sich zu ihr umdrehte. Er holte tief Luft. »Alles, was ich möchte, Katharina Jacob, ist, Euch vor dem Übel dieser Welt zu beschützen! Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mich lassen würdet.« Er war schon halb auf dem Flur, als er sich noch ein weiteres Mal umschaute. Er warf ihr einen Blick zu, dessen Bedeutung sie nicht zu deuten wusste. Dann nickte er zum Abschied. Und ging.
    »Au! Trottel! So passt doch auf, das brennt!« Mit einer Hand schlug Gernot Silberschläger den Arm des Medicus weg.
    Der Arzt, ein untersetzter Kerl mit einem ziemlich runden Bauch und wachen Augen, lehnte sich ein Stück zurück und hob den Tiegel mit Wundsalbe, von der er gerade ein wenig auf Silberschlägers Wunde gestrichen hatte. »Ich habe Euch gesagt, dass es weh tun wird«, meinte er mit kühler Stimme. »Wenn Ihr aber lieber jemand anderen hinzuziehen wollt – bitte schön!«
    Silberschläger biss wütend die Kiefer zusammen. Hartmann Schedel, das war der Name des Medicus, galt als der beste Mann seines Fachs, den Nürnberg zu bieten hatte. Silberschläger würde den Teufel tun, sich in die Hand eines anderen zu begeben. Unglücklicherweise schien dieser arrogante Kerl das genau zu wissen. »Nein«, sagte Silberschläger und hustete, weil er selbst hörte, wie heiser er war. »Verzeiht. Ich bin nur so verärgert über diese ganze Angelegenheit.«
    »Verständlich.« Der Medicus beugte sich wieder vor und setzte die Säuberung der Wunde fort.
    Verärgert war das falsche Wort. Silberschläger kochte vor Wut darüber, dass der Mörder, der schon seit Wochen die Stadt unsichermachte, es gewagt hatte, sich ausgerechnet ihn als sein nächstes Opfer auszusuchen. Gleichzeitig, und das war das Verwirrende daran, empfand er auch Erleichterung, und die war so stark, dass seine Hände jetzt noch zitterten. Er war nur mit knapper Not mit dem Leben davongekommen, das wusste er. Aber er hatte keine Ahnung, warum das so war. Warum hatte der

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