Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
erotisch leicht entflammbaren Fräulein Hansen aus seinem Büro im Ministerium, gespielt von Ghita Nørby. Sie essen Garnelen, trinken Wein, und es beginnt zu knistern. »Ich bin völlig elektrisiert«, sagt Fräulein Hansen, worauf Larsen ihr mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt den Brotkorb mit Baguette hinüberreicht: »Noch etwas von meiner Stange?« Den Satz hatte sich Ove während des Drehs ausgedacht, die Anspielung war nicht zu überhören.
Menschen verlieben sich oft am Arbeitsplatz. Schauspieler natürlich auch. Ove bezeichnete das sogar als pure Erotik, wenn ein Zusammenspiel auf der Bühne gelang wie mit seinem Freund Petersen: »Mitten in einer von Kjelds großen Szenen, wo er mit mir herumschimpfen musste, flüsterte er zwischen zwei Ausbrüchen plötzlich blitzschnell: ›Gleich küsse ich dich.‹ Und dann machten wir weiter im Text. In solchen Augenblicken bewegt man sich an der Schwelle zur Erotik.«
Im Laufe seiner Karriere spielte Ove Sprogøe mit allen großen dänischen Schauspielerinnen, sowohl den gleichaltrigen als auch denen, die ein oder sogar zwei Generationen jünger waren. Zu einigen von ihnen bewahrte er sein ganzes Leben ein enges Verhältnis. Ove hatte zwar den Ruf, ein Charmeur zu sein, aber er hatte nicht den Ruf eines Fremdgängers, der Eva betrog, obgleich ringsherum die Herzen für ihn entflammten. Das kann Judy Gringer nur bestätigen: »Viele Schauspielerinnen verliebten sich in Ove. Und er selbst verliebte sich auch in seine Spielpartner, nur nicht in dem Sinne, dass er ein Verhältnis eingegangen wäre.«
Die 2009 verstorbene Lis Løwert lernte Ove bereits 1944 kennen, als er ihr in einem Brief für eine Hauptrolle Komplimente machte. Er hatte es ein bisschen auf sie abgesehen. Als er einmal Zweitbesetzung war, träumte er davon, der andere Schauspieler möge krank werden, damit er selbst auf der Bühne Lis Løwert küssen könne. Das geschah leider nicht. Weil der andere natürlich auch nicht auf seine Chance verzichten wollte, behauptete Ove.
Løwert und Ove waren im Film und im Theater der fünfziger Jahre oft ein Paar. Im privaten Leben heiratete Lis den Regisseur Bjørn Watt-Boolsen. Doch es hätte auch anders kommen können, davon war Lis Løwert überzeugt: »Ove und ich mochten uns sehr. Wir hatten ein liebevolles Verhältnis zueinander. Ja, wenn ich nicht so in meinen Mann verliebt gewesen wäre – und Ove nicht so glücklich mit Eva –, dann hätte das mit uns vielleicht was werden können. Die besondere Wärme zwischen uns muss auch für andere sichtbar gewesen sein. Bei einer Tournee mit dem Folketeatret durch Südjütland sollte der ehemalige Direktor, Thorvald Larsen, die Zimmer verteilen. Er beeilte sich, ein Doppelzimmer für sich und Ove zu nehmen. Er wollte ein Auge darauf haben, dass Ove nicht zu mir ins Zimmer huschte. Aber darum brauchte er sich nicht zu sorgen.«
Wie Eva damit umging, beschäftigte Lis Løwert durchaus: »Ove war wirklich ein interessanter und erotischer Mann, sehr umschwärmt, immer von vielen Frauen umgeben. Und Eva saß zu Hause. Sie war sicher ein bisschen eifersüchtig auf alles, was Ove ohne sie erlebte. Bestimmt auch ein bisschen auf mich, zeitweise sah ich Ove ja mehr als sie. Es kann nicht leicht für sie gewesen sein.«
Als Bjørn Watt-Boolsen kurz vor Weihnachten 1998 starb, führte Ove die Tradition ein, einmal am Tag bei Lis Løwert anzurufen, denn er wusste, wie sehr sie unter dem Verlust ihres Mannes litt. Über fünf Jahre lang telefonierte er täglich mit ihr, bis er selbst ins Pflegeheim kam. Auch Karten oder Briefe bekam sie von ihm, immer unterschrieben mit »Ova«. Ove und Eva zusammengezogen.
Die größte lebende Schauspielerin des dänischen Films und Thea-ters, Ghita Nørby, hat eine Pinnwand, die sie von einer Theatergarderobe zur anderen mit sich herumschleppt, von einer Rolle zur anderen, nur um sich heimisch zu fühlen. Und da hängt immer auch ein Bild von Ove. »Er begleitet mich in meinem Leben. Ich vermisse ihn sehr. Ich liebte ihn. Ove war ein sehr enger Freund, der mein Herz berührte. Ein Herzensfreund. Zurückgeblieben ist eine große Sehnsucht. Ich bin ein großer Bewunderer dieses Mannes. Ich war auch oft ganz anderer Meinung als er. Ove war zwar der kleine Mann mit einer Mappe unter dem Arm, aber innendrin brannte ein großes, leidenschaftliches Feuer. Er war kein Märchenonkel. Er war ein leidenschaftlicher, neugieriger und kühner Freund, eine wilde Seele, deren Mut und Geschmack uns
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