Mädchen im Schnee
Christer Berglund gewählt. Er ist heute krank.«
»Okay. Können Sie mich dann bitte mit Petra Wilander verbinden?«
Wieder Freizeichen.
»Petra Wilander.«
»Magdalena Hansson, Värmlandsbladet .«
»Ja, hallo. Das war ein guter Tipp, den Sie uns da mit dem Bordell gegeben haben.«
»Ja, und deshalb rufe ich auch an. Ich habe versucht, Christer zu erreichen, aber er scheint krank zu sein. Eigentlich wollte ich mich nur erkundigen, wie es gelaufen ist.«
»Sie wissen ja, wie ich über Informanten und Lecks denke.«
»Klar, aber das hier war immerhin mein Tipp.«
»Das stimmt. Und deshalb mache ich auch eine Ausnahme. Das ist im Moment alles noch sehr, sehr heikel, und Sie dürfen keine Zeile darüber schreiben.«
»Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
»Wir haben die Wohnung in verschiedenen Etappen observiert, und alles deutet darauf hin, dass es dort ein Bordell gibt. Genau, wie Sie vermutet haben.«
Magdalenas Herz schlug schneller. Sie hatte recht gehabt.
»Wirklich?«, fragte sie.
»Ja, aber im Augenblick treten wir ein wenig auf der Stelle, was die technischen Beweise angeht.«
»Jetzt sprechen Sie in Rätseln, Petra. Was meinen Sie?«
»Geht das absolut off the record ?«
»Hundertprozentig.«
»Wir haben mit der Videokamera unglaublich gute, eindeutige Beweise gefilmt, aber die Filmaufnahmen sind leider zerstört. Deshalb müssen wir noch mal von vorne anfangen. Nichts von dem Beweismaterial, das wir derzeit haben, würde vor Gericht Bestand haben.«
Magdalena stöhnte.
»Ich weiß – mir geht es genauso«, sagte Petra. »Es ist unglaublich wichtig, dass Sie nichts darüber schreiben, ehe wir das haben, was wir brauchen.«
»Verstehe. Ich habe ja die Theorie, dass das Mädchen im Erdkeller mit diesem Bordell im Zusammenhang steht. Oder was meinen Sie?«
Petra schwieg einen Moment, dann sagte sie:
»Das ist natürlich schwer zu beurteilen, aber es ist nicht ganz unwahrscheinlich.«
Ich bin also nicht völlig allein mit meiner Idee, dachte Magdalena.
»Aber jetzt will ich Sie nicht länger stören. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, und viel Glück bei den Ermittlungen.«
»Danke, das können wir wirklich gebrauchen.«
Petra stieg im neunten Stock aus dem Fahrstuhl, suchte Christers Tür noch einen Stock höher und klingelte. Obwohl sie schon seit so vielen Jahren zusammenarbeiteten, war sie noch nie bei ihm zu Hause gewesen. Eigentlich seltsam, dachte sie.
Obwohl sie gern zusammenarbeiteten – noch mit keinem Kollegen hatte sie sich so gut verstanden – hatte keiner von ihnen bisher das Bedürfnis verspürt, sich auch privat zu sehen.
Als aus der Wohnung nichts zu hören war, klingelte sie noch einmal. Dann hielt sie die Klappe vom Briefkasten auf und rief.
»Chrille! Hier ist Petra. Ich muss mit dir reden. Der Film von gestern ist weg. Und jetzt muss ich mit Urban durch die Gegend fahren und einen ganzen Haufen unschuldiger Volvobesitzer besuchen.«
Aus der Wohnung waren Rascheln und Schurren zu hören, dann hustete Christer.
»Was sagst du da? Der Film ist weg? Wie ist denn das möglich?«
Seine Stimme kam aus dem hinteren Teil der Wohnung.
»Ich war so geschockt, ich hätte heulen können. Und Urban hat natürlich gemeint, ich hätte irgendwas mit der Kamera falsch gemacht.«
»Er ist ein Idiot. Du, mir geht es total dreckig. Magen-Darm-Infekt. Ich kann nicht aufmachen«, sagte Christer langsam und gequält.
»Ich habe schon mehrmals versucht, dich anzurufen.«
»Ja, habe ich gerade gesehen. Ich war im Bett und habe ein bisschen geschlafen.«
»Ich bin echt frustriert.«
»Ja, das verstehe ich. Aber es ist doch nicht deine Schuld. Hast du mal gecheckt, ob mit der Kamera irgendetwas nicht in Ordnung ist? Vielleicht sollten wir sie mal anschauen lassen?«
»Ja, vielleicht«, sagte Petra.
Es entstand eine peinliche Pause, die für die beiden ungewöhnlich war. Petra versuchte, das unangenehme Gefühl zu vertreiben, und sagte eine Spur zu forsch:
»Ja, dann sieh mal zu, dass du wieder gesund wirst. Bis bald!«
Petra stand auf. Das eigenartige Gefühl folgte ihr in den Fahrstuhl.
Es war Freitagabend, und Magdalena und Nils saßen mit einer Decke über den Schultern auf dem Sofa, eine Schüssel mit in Hagelzucker gerollten Schokoladenkugeln zwischen sich.
Nachmittags waren sie ins Schwimmbad gegangen. Nils konnte seit der Indienreise schon einigermaßen gut schwimmen. Auf dem Nachhauseweg hatten sie an einem Imbiss Hamburger gekauft. Nils hatte sie zwar
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