Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
vorzustellen, was gerade geschah.
Schließlich hielt sie es nicht länger aus. Sie prüfte ihr Make-up im Rückspiegel und strich sich übers Haar. Countysheriffs und die Officer von der State Patrol waren hauptsächlich Männer. Und Männer waren immer erfreut, wenn sie ein paar Worte mit Mia wechseln durften.
Sie fuhr langsam näher, bis ein Deputy auf die Straße trat und ihr mit einem Handzeichen zu verstehen gab, dass sie anhalten möge. Aus der Nähe sah sie nun, dass noch weitere Einsatzwagen vor Ort waren. In der ganzen Umgebung schien es von Polizisten nur so zu wimmeln.
Sie umklammerte das Lenkrad mit einer Hand fester und ließ das Fenster herab. Legte ihre unschuldige Hausfrauenmanier an den Tag. »Du liebe Güte, Deputy, was ist denn hier los? Ich muss weiter.«
»Tut mir leid, Ma’am, aber das ist jetzt nicht möglich. Die Straße ist noch eine Zeitlang gesperrt. Nur die Einsatzfahrzeuge dürfen passieren.«
»Aber meine Mutter lebt in Addison, ein paar Meilen westlich von hier. Sie wartet darauf, dass ich sie zum Arzt bringe.«
»Dann müssen Sie sie bitte anrufen und ihr sagen, dass Sie sich verspäten werden. Wir können versuchen, eine Ersatzroute für Sie herauszufinden –«
»Nein, nein, danke. Ich befürchte, dass ich mich dann verfahre.« Sie wies auf die Straße, die sich durch die Wälder zur Hütte hochschlängelte. »Was ist denn da oben los?«
Der Deputy blickte zu Boden, nahm seinen Hut ab und kratzte sich am Kopf. »Darüber darf ich nicht sprechen.«
Mia schlug eine Hand vor die Brust. »Lieber Gott, oh, nein«, hauchte sie und ließ ein wenig Panik durchblicken. »Es ist doch nicht etwa … o nein, das wird Mutter das Herz brechen. Deputy, ich glaube, meine Mutter kennt die Person, die da draußen wohnt … da steht doch eine Hütte?«
Er nickte, mit einem Mal interessiert.
»Oh, sagen Sie bitte, dass niemandem etwas zugestoßen ist«, bat sie und deutete auf den Notfallwagen am Straßenrand.
Der Deputy beugte sich näher zu ihr. »Sie sagen, dass Ihre Mutter die Person kennt, die dort lebt?«, fragte er besorgt.
»Also wurde doch jemand verletzt? Was ist passiert?«
»Jemand ist ums Leben gekommen, Ma’am. Wir wissen jedoch noch nicht, um wen es sich handelt. Wissen Sie, wer hier wohnt?«
O Gott. Nika. Ganz ruhig. Weitermachen. »Nein, ich weiß es nicht genau … war es vielleicht ein junges Mädchen mit dunklem Haar?«
Er seufzte erleichtert auf. »Nein, es handelte sich um einen Mann. Einen sehr großen Mann.«
Mia wurde starr vor Verblüffung. »Was ist ihm denn passiert?«
»Jemand hat ihm in den Hals gestochen. Dann wurde noch fünf Mal auf ihn geschossen.«
Mia war sprachlos. Fulton? Aber das hieß, dass Nika … Wo war Nika? »Kein Mädchen?«, fragte sie, und ihr Schock war nicht gespielt.
»Nein, Ma’am. Könnte es sich vielleicht um eine andere Hütte handeln?«
»Das mag sein, ja«, antwortete sie. »Ich habe mich sicher geirrt. Danke sehr, ich drehe jetzt wohl am besten um.«
Auf der Fahrt zu Sarah Rittenhouse’ Wohnung erreichte Dani ein weiterer Anruf von Tifton. Er rannte, während er mit ihr sprach.
»Monika lebt, aber sie ist nicht vernehmungsfähig. Wir haben noch nichts aus ihr herausbekommen.«
»Was ist mit dem Baby?«
»Es scheint ihm gutzugehen. Monikas Eltern sind hier und werden sich um den Kleinen kümmern.«
Gut. Dani schloss die Augen und ging in sich – etwas, das einem Gebet am nächsten kam. »Ihr müsst den Halter des Vans finden, den sie gefahren ist, Tifton. Diesen Fulton.«
»Deswegen habe ich dich angerufen. Wir haben ihn. Und er ist tot.«
»Was?«
»Wir geben die Sache noch nicht an die Medien, bis wir mehr wissen. Er hielt sich in einer Hütte mitten in den Bergen auf. Die Hunde und der Suchtrupp haben ihn aufgespürt. Sieht so aus, als wäre Monika auch hier gewesen. Sie hat einen Spiegel zerbrochen und ihm mit einer Scherbe in den Hals gestochen. Und dann fünf Mal auf ihn geschossen.«
Dani war perplex.
»Jetzt versuchen wir herauszufinden, wem diese Hütte gehört …«
Sie hörte ihn kaum mehr, da ihr das Blut in den Ohren rauschte. Das arme Mädchen. Die Eindrücke der letzten Nacht würden sich für immer in ihr festsetzen, und sie würde den Rest ihres Lebens damit verbringen, sie vergessen zu wollen.
Wie konnte es jemand wagen, ihr so etwas anzutun? Warum war ihr das nicht erspart geblieben? Konnte nicht endlich jemand diesem Wahnsinn ein Ende setzen?
Wut wallte in ihr hoch. Natürlich,
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