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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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und an seiner farbenprächtigen Kleidung fehlten nur noch die Armschellen. Wie ein bunter Vogel sah er aus.
    Erst nachdem sie eine Weile stumm in der Stube gestanden hatte, bemerkte er sie.

    »Wer sind Sie? Sehen Sie nicht, dass hier eine Frau in schweren Geburtsnöten liegt? Da kann ich keine Zuschauer gebrauchen.«
    »Ich bin Hebamme.«
    »Eine unfähige Ortshebamme haben wir selbst!«
    »Ich habe Erfahrung mit solch schweren Umständen. Ich kann Ihnen helfen, wenn Sie gestatten. Mein Name ist Helena. « Es war ihr gelungen, das Zittern in ihrer Stimme zu überspielen.
    »Sie kennen sich mit solchen Schwierigkeiten aus? Dann schickt Sie der Himmel! Fast wäre es so weit gewesen. Aber so lange Hoffnung besteht, das Kind nicht im Leib der Mutter zerteilen zu müssen, trete ich von dieser Aufgabe gerne zurück.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und stand auf.
    »Es muss schnell gehen. Das Dienstmädchen soll auch helfen. Die Gebärende muss mit ihrem heiligen Bein ganz vorne an der Bettkante zu liegen kommen. Wir brauchen zwei Stühle. Einer setzt sich links, einer rechts von der Frau, um ihre Beine an Knie und Knöchel festzuhalten. Außerdem müssen Sie, Herr Chirurg …«
    »Ich heiße Lukas.«
    »Und Sie, Lukas, müssen sich dabei gehörig abwenden, damit ich das Tuch von der Scham der Gebärenden nehmen kann. Außerdem brauche ich warme Laken und frisches Fett zum Einreiben.« Helena ging zum Kopfende des Bettes und hob die zitternde Frau bei den Schultern an, um sie mit Hilfe des Dienstmädchens in die gewünschte Lage zu bringen.
    »Wie ist Ihr Name?«, fragte sie die werdende Mutter.
    »Sophie!«, wimmerte die Frau und klammerte sich an Helenas Hand. »Bitte, retten Sie mir das Kind. Ich werde
Sie auch gut entlohnen. Es ist doch mein erstes! Es soll nicht gleich sterben müssen.«
    »Wann ist das Schafwasser abgegangen?«
    Sophie wurde von einer Wehe gepackt und blieb die Antwort schuldig.
    »Nicht pressen, Sophie! Nicht pressen! Sie müssen atmen! Das Kind darf noch nicht kommen!«
    Der Chirurg brachte eilends zwei Stühle herbei und stellte sie wie befohlen in Position.
    »Lukas, wann hat die Frau das Wasser verloren?«
    »Wohl erst kurz vor meinem Eintreffen. Man hat ihr noch eine abgezogene und kleingestoßene Hasenpfote zur glücklichen Geburt in Wein aufgelöst, aber selbst dieser Trank hat nichts mehr geholfen.«
    Helena seufzte. »Hasensprung ist nur dienlich, solange der Glaube daran noch hilft.«
    Während die Wehe abklang, wusch Helena sich die Hände in der Seifenschüssel, die Lukas unaufgefordert bereitgestellt hatte. Immerhin schien er Wert auf Reinlichkeit zu legen. Sie trocknete sich die Finger an einem frischen Laken und sah dabei nach der Gebärenden, die erschöpft in ihre Kissen gesunken war. Dann konnte es jetzt losgehen; die Wehenpause musste genutzt werden.
    »Sophie? Sie brauchen jetzt alle Kraft, die Sie besitzen. Ich weiß, dass Sie es schaffen werden.« Helena kniete zwischen die beiden Stühle und vergewisserte sich mit einem Seitenblick, dass Lukas sich abgewandt hatte. Auch das Mädchen sah nicht hin. Es war wohl etwas zu viel für sie, ihre Dienstherrin so leiden zu sehen. Helena hob das Tuch an, während die beiden wie befohlen die Beine der Frau festhielten, so dass sie nun freie Sicht auf die Scham hatte.
Die Härchen glänzten feucht, und die Öffnung war leicht gerötet. Schnell rieb Helena die Scham und ihre eigene Hand mit Fett ein. Sie musste nicht weit hineintasten, bis sie etwas spürte.
    »Herrje! Eine Fußgeburt! Das Kind kommt mit den Füßen zuerst.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Lukas, ohne sich umzudrehen. »Denn ich meine, ich hätte vorhin ein Händchen ertastet.«
    »Nein, ich spüre die Ferse. Außerdem ist kein Daumen auszumachen. Alle Glieder sind gleich lang. Ganz sicher.«
    »Hoffentlich behalten Sie Recht.«
    »Ich weiß selbst, dass der falsche Griff zur falschen Zeit tödlich sein kann. Aber es gibt keinen Zweifel. Ich kann beide Füßchen greifen. Doch wir haben noch ein ganz anderes Problem. Die Zehen zeigen zur Scham und die Ferse zum heiligen Bein. Das heißt, es muss während der Geburt eine Wendung des Kindes vorgenommen werden.« Das Mädchen neben ihr stöhnte auf, während Sophie die Tragweite noch nicht erfasst zu haben schien.
    »Wenn die nächste Wehe Sie ereilt, dürfen Sie pressen, Sophie. So fest Sie nur können.« Kaum hatte Helena ausgesprochen, verzog Sophie das Gesicht und krallte sich im Laken fest.
    Helena versuchte

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