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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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befangen. »Guten Tag, werte Gräfin von Hohenstein. Verzeihen Sie, ich bin Helena und komme, um …«
    Aurelia sprang auf und herrschte sie ungehalten an: »Was erlaubst du dir? Was hast du in meinen Räumen verloren?«, unterbrach sie sie.
    »Ihre Bemäntelung findet zu Mittag statt.«
    Aurelia schaute sie ungläubig an. »Sie findet statt? Du machst Scherze.«
    »Die Fürstäbtissin hat es so bestimmt. Soeben, in der außerordentlichen Kapitelversammlung.«
    »Wirklich? Heißt das, ich habe es geschafft? Ich werde aufgenommen?« Ungläubig schüttelte Aurelia den Kopf, und in ihren dunklen Augen glänzten Tränen. »Deshalb ließ die Fürstäbtissin zur Zusammenkunft rufen? Meinetwegen?«
    »Nein, sie verlas einen Brief ihres Vetters, des Königs von Preußen. Das Stift geht alsbald in seinen Besitz über. Ob es deshalb aufgelöst wird, war man geteilter Meinung. Am Ende der Sitzung jedenfalls wurde Ihre Aufnahme ins Stift beschlossen, und ich dazu bestimmt, Ihnen bei den Vorbereitungen zu helfen.«
    Die Gräfin erhob sich, und auf dem Weg zum Frisiertisch machte sich ein Strahlen über das ganze Gesicht breit. »Ich habe es geschafft, ich habe es geschafft!«, flüsterte sie außer sich. »Sämtlichen Unkenrufen zum Trotz habe ich das Residenzjahr unter diesen Giftkröten ausgehalten. Jeder von ihnen könnte ich mit meiner Abstammung den Rang streitig machen. Sieh dir nur meine Familie an! Der Stammbaum liegt dort drüben.«

    Helena schaute sich in dem Zimmer um und entdeckte das Pergament auf dem Damensekretär am Fenster. Neugierig ging sie näher. Es war an einigen Stellen eingerissen, aber allein die prächtigen Farben flößten ihr gehörigen Respekt ein.
    »Nicht anfassen, nur bewundern!«
    Helena nickte verständig, als ihr Blick über die vielen bunten Äste, Zweige und Namen glitt. »Wirklich, eine große Familie haben Sie da.«
    »Erbmundschenken in Kärnten seit 1506, Reichsgrafen seit 1631 und Reichsfürstenstand seit 1684! Das ist das Geschlecht derer von Hohenstein. Andere konnten für ihre Aufnahme ins Stift mit Müh und Not sechzehn adelige Ahnen auf dem Papier zusammenkratzen. Ich hingegen konnte sie mir aussuchen. Aber nun schnell, Helena, beeile dich und hilf mir. Ich muss rechtzeitig fertig sein!«
    »Aber die Zeremonie beginnt doch erst in zwei Stunden! «
    »Grundgütiger! Hast du überhaupt die geringste Ahnung, was bis dahin noch zu tun ist?«
    Helena zuckte entschuldigend mit den Schultern.
    »Schminken, Haare pudern, frisieren und ankleiden … Hol mir meine Stiftsrobe und die Schuhe aus dem Schrank!«
    Welchen der Schränke sie wohl meinte? Die Hälfte des Zimmers wurde von drei verschieden gestalteten Kleiderschränken und zwei ausladenden Wäschetruhen beherrscht. Außerdem standen noch Reisetruhen in der Ecke. »Wo genau finde ich die Schuhe und die Robe?«, fragte sie zaghaft.
    »Woher soll ich das wissen? Bin ich meine eigene Kammerjungfer? Schau nach! Es muss eine einfache blaue Robe mit halblangen Ärmeln sein.«

    Helena zog die erste Schranktüre auf. Schwerer Lavendelduft schlug ihr entgegen. Sie schaute alles durch, wagte aber nichts anzufassen. »Hier sind so viele blaue Roben. Sind das alles Ihre Sachen?«
    »Du kannst Fragen stellen! Natürlich! Oder glaubst du, ich laufe in fremder Wäsche herum? Es ist eine ganz ordinäre Robe, mit ein paar Schleifen und Schnüren.«
    Helena sah in jeden einzelnen Schrank, in jede Truhe, suchte sich durch alle Roben, fand sogar Mantelets für die kühle Witterung und mindestens fünfzig Häubchen. Aber das Kleid suchte sie vergeblich.
    »Ich finde es nicht, werte Gräfin.«
    »Was? Das darf doch nicht wahr sein! Hat man mir mein Kleid versteckt? Oder gar gestohlen? Ja, damit ich nicht bemäntelt werden kann! Deshalb hat auch niemand dem Beschluss der Fürstäbtissin widersprochen. Wie konnte ich nur so dumm sein und an den plötzlichen Meinungswandel des Kapitels glauben!« Sie zog sich den kunstvoll geschnitzten Stuhl vom Frisiertisch heran, sank darauf nieder und stützte den Kopf in die Hände.
    »Gnädige Gräfin, ich werde alles noch einmal durchsuchen. Vielleicht habe ich es bei dieser unzähligen Menge an Kleidungsstücken übersehen.«
    »Es sind genau zweiundvierzig Roben samt passender Jupen, dreiundfünfzig Korsetts, siebenundzwanzig Mantelets und sechsunddreißig Paar Schuhe!«, gab Aurelia mit brüchiger Stimme Auskunft. »Hätte ich doch nur diese biestige Zofe nachzählen lassen.«
    »Es hat bestimmt niemand etwas

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