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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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wahr?«
    »Nein, ich habe kein Quecksilber verwendet. Was hat es mit diesem Pickel auf sich?«
    »Nichts weiter. Das bedeutet nur, dass mein kleiner Generalstab leider nicht zu Besuch kommen kann, um Ihnen Freuden zu verschaffen … Aber Ihre zarten Hände werden mir ein trostreicher Ersatz sein.«
    »Niemals!«
    »Nun, Gnädigste, so kommen wir leider nicht ins Geschäft. Wenn ich Sie nun bitten dürfte, meine Räume zu verlassen, ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Sollten Sie nach reiflicher Überlegung dennoch meine ärztliche Kunstfertigkeit in Anspruch nehmen wollen, so habe ich natürlich Tag und Nacht Zeit für Sie, werte Gräfin.«
    »Zu gütig!«, war alles, was Aurelia herausbrachte, ehe ihre Stimme kippte. Mit einem Seitenblick zum Medizinregal verließ sie die Höhle des Äskulap.
    Auf dem Weg in ihre Räume, die schon bald nicht mehr ihr gehören würden, hatte sie das Medizinbuch vor Augen, in dem sie in der Bibliothek gelesen hatte. Es war, als könnte sie es noch einmal aufschlagen, die vergilbten Seiten umblättern, bis sie den gesuchten Eintrag vor sich sah.
    Wohlverleihblumen. Flores Arnicae … zur Wiederherstellung des unzeitig unterbrochenen Monatsflusses. Bei der innerlichen Einnahme … äußerste Vorsicht … Der unordentliche Gebrauch endet tödlich.
    »Helena!« Sie blieb erschrocken stehen, als sie auf das Mädchen traf. »Was suchst du hier?«

    »Ich bin auf dem Weg zum Leibarzt. Wie geht es Ihnen?«
    »Oh, ich … Nun, was soll ich sagen?« Sie schaute unschlüssig an ihrer blauen Stiftsrobe hinunter.
    »Werden Sie nach Hause fahren?«, fragte Helena zaghaft.
    Aurelia starrte auf die weiße Tür ihres Zimmers. »Nein, dort bin ich genauso wenig erwünscht wie hier. Ich habe nirgendwo einen Platz, wo ich hingehen könnte.« Wo wir hingehen könnten, setzte sie im Stillen hinzu. »Wenn der Stiftskanzler nur nicht gestolpert wäre! Vielleicht hat er das sogar mit Absicht getan.«
    »Das glaube ich nicht, werte Gräfin! Er ist der Stiftskanzler und hat Ihre Bemäntelung mitbewirkt!«
    »Und genau in seiner Position weiß er am besten, wie es um die Gelder des Stiftes bestellt ist.«
    »Ich weiß nicht … Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. «
    »Aber ich. Das Spektakel war zu perfekt. Der verspätete Zeremonienbeginn, der Sturz … Es bleibt mir nichts anderes übrig, ich werde gehen müssen.«
    »Sie sind ganz weiß im Gesicht! Soll ich Sie in Ihr Zimmer geleiten?«
    »Danke, es geht schon. Aber du kannst mir einen Gefallen tun: Bring mir vom Leibarzt ein Fläschchen mit der Essenz von Wohlverleihblumen mit. Ein wenig davon auf die Haut appliziert, hat mir schon immer geholfen, mein verwirrtes Geblüt wieder in Ordnung zu bringen.«
    »Sehr gerne, werte Gräfin. Es wird aber einen Augenblick dauern.«
    »Das macht nichts.«
    »Ich meine, ich werde auch eine Weile nicht in der Bibliothek sein.«

    »Was willst du damit sagen?«
    Helena überzeugte sich, dass niemand in der Nähe war und flüsterte dann: »Gregor von Herberstein …« Es fiel ihr sichtlich schwer, weitere Worte zu finden.
    »Gregor … Wünscht er mich zu sprechen?«
    »Er war in der Kirche vorhin … er wollte Sie sehen. Nun hat er vor, das Stift zu verlassen, aber ich denke … er liebt Sie noch.«
    Kaum hatte das Mädchen ausgesprochen, wandte sie sich ab, murmelte einen kurzen Gruß, knickste und machte sich offenkundig voller Verlegenheit ihres Wegs.
    Aurelia blieb unschlüssig zurück.

    Gregor starrte gedankenverloren in das Buch, das er wahllos aus dem Regal gegriffen hatte. Nicht einmal den Titel hatte er gelesen. Er blätterte darin herum und überflog ein paar Zeilen.
    Nach geraumer Zeit schloss er die Augen und sah sich in Aurelias Zimmer, dort, wo er ihr das letzte Mal gegenübergestanden hatte. Doch sie beachtete ihn nicht. Aurelia saß mit ihrem neuen Mann auf dem Bett, der Kerl hatte den Arm genauso um ihre Schultern gelegt, wie er es immer getan hatte, und sie unterhielten sich angeregt. Aurelia hing förmlich an seinen Lippen, offenbar waren die Geschichten dieses Lebemanns wesentlich interessanter als seine Berichte, die zugegebenermaßen nie besonders spektakulär gewesen waren.
    Der Neue schwärmte ihr von einem Land vor, in dem man die feinsten Stoffe kaufen konnte und präsentierte ihr
wie zum Beweis sein kunstvoll besticktes Justaucorps und lobte außerdem seine perfekt verarbeiteten Schnallenschuhe. Sie waren auf Hochglanz poliert, kein Kratzer war daran, makellos, wie auch sein Lächeln,

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