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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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aus dem Gesicht.
    »Oder ich …« Gregor stand langsam auf und packte sie plötzlich an den Hüften. »Oder ich kitzle dich durch! Dann weißt du wenigstens, warum du lachst!«
    »Nein, nicht!« Helena stemmte kichernd die Fäuste gegen seine Brust, während er sie zum Lachen brachte.
    »Nein?« Gregors Finger strichen sanft über ihren Hals. »Du willst es mir immer noch nicht sagen?«
    »Hör auf, bitte!« Helena zog das Genick ein und japste nach Luft. »Mein Bauch tut schon weh!« Vor Lachen liefen ihr die Tränen herunter.
    »Pass auf, jetzt will ich dir mal etwas demonstrieren.«
    Helena versuchte sich zu beherrschen, um seinen Attacken wenigstens für einen Moment zu entfliehen.
    »Setz dich ganz ruhig hin und mach die Augen zu.« Er ließ sich neben ihr nieder, und Helena schloss widerspruchslos die Augen. Kaum fühlte sie seine Fingerspitzen wieder an ihrem Hals, musste sie an sich halten, um nicht auch schon wieder laut loszuprusten.
    »Psst, Helena, nicht lachen. Das kitzelt doch gar nicht. Ganz ruhig atmen. Es kitzelt überhaupt nicht.«

    Ihre Mundwinkel zuckten verdächtig, aber sie hielt still.
    »So ist es gut.« Seine Finger glitten ihr in den Nacken und fuhren bald darauf am Ohr entlang. »Es kitzelt überhaupt nicht.«
    Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm Gregor seine Hand weg, und sie schlug die Augen auf.
    Eindringlich sah er sie an. »Es hat nicht mehr gekitzelt, oder?«
    »Nein. Warum ist das so?«
    »Ich weiß es nicht. Aber man sieht daran, wie viel Macht der Geist über den Körper hat. Man muss sich nur sagen, dass es nicht kitzelt, dann kitzelt es auch nicht.«
    »Aber man kann sich doch nicht selbst belügen?«
    »Nein, das stimmt. Auf Dauer verlierst du den Kampf, das hast du ja gerade selbst gemerkt. Aber hin und wieder ist es ganz nützlich.« Seine Stimme wurde leiser. »Es hilft, manches leichter zu ertragen.«
    »Aurelia hat es dir gesagt?«, fragte Helena leise nach.
    Gregor nickte. »Wenigstens war sie so ehrlich, mir zu sagen, dass ich nicht der Vater bin. Noch hätte sie mir das Kind unterjubeln können.«
    »Sie braucht deine Hilfe, Gregor.«
    Wieder nickte er. Doch dieses Mal verschloss sich seine Miene und machte deutlich, dass er nicht darüber reden wollte. Stattdessen fragte er: »Wo bist du eigentlich so lange gewesen?«
    »Ich?« Helena schluckte. »Ich war noch bei Lea.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Schlecht. Sehr, sehr schlecht. Und das Gift hat sich auf ihre Mutter übertragen.« Sie stockte und betrachtete den
Beutel mit den Medizinflaschen. »Aber die Hoffnung stirbt immer zuletzt.«
    »Als ich heute Nachmittag die Friedhofsglocke hörte, dachte ich schon …«
    »Nein, das Läuten galt dem Stiftsboten und seiner Frau, Gott hab sie selig, aber wir werden die Glocken wohl nicht zum letzten Mal gehört haben. Die Schwarzen Blattern haben den Weg ins Stift gefunden, und mit jedem Glockenschlag hat die Seuche bereits ihr nächstes Opfer bestimmt. Und dieses Grauen wird so lange anhalten, bis der Herr im Himmel ein Erbarmen mit uns hat.«
    »Aber Helena, seit wann redest du wie der Äskulap? Womöglich gelänge es uns, die Seuche einzudämmen, wenn wir nur endlich den Beweis antreten würden! Und deshalb …« Er suchte ihren Blick. »Und deshalb möchte ich, dass du den Versuch an mir durchführst.«
    Helena war geschockt. »Wie bitte, das geht doch nicht!«
    »Gewiss doch. Oder fällt dir sonst jemand ein, der weder Blattern noch Melkerknoten gehabt hat oder einer Inokulation unterzogen wurde?«
    »Ja, da fallen mir viele ein! Zu viele sogar! Sonst hätte die Seuche kein so leichtes Spiel.«
    »Und ist irgendjemand unter ihnen, der den Versuch antreten würde? Außer mir?«
    »Das weiß ich nicht. Sicher ist nur, dass du am Galgen hängen würdest, kaum dass wir den offiziellen Beweis angetreten hätten. Außerdem …« Helena wich seinem Blick aus und fixierte die im Kerzenschein schimmernde Weltkugel. Er saß dicht bei ihr, viel zu dicht.
    »Was ist außerdem?«, hakte Gregor nach.
    »Aurelia braucht dich.«

    »Und ich soll so tun, als ob nichts geschehen sei? Sie hat mich verletzt, doch anstelle eines Hassgefühls kann ich nicht einmal an sie denken, ohne dass es wehtut. Hier drin …«, er deutete auf seine Brust, »schmerzt es so sehr, als ob mich die Kugel des Feindes getroffen hätte. Der Schmerz macht mich fast wahnsinnig, verstehst du?«
    Gerade als Helena antworten wollte, hörten sie ein Geräusch. Jemand hatte die Bibliothek betreten; Schritte näherten

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