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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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sein. Vor Bastian Kreuzer und Dr. Bernstein liegt ein weißblauer Körper, dessen Haut an einigen Stellen schon schleimig wirkt und der einen intensiven Geruch ausströmt.
    »Ich hoffe, Sie haben noch nicht zu Mittag gegessen«, frotzelt der Rechtsmediziner und wirft dem Kommissar einen schelmischen Blick zu.
    Dass diese Typen immer so eine Freude dabei empfinden, einen zu schockieren, denkt Bastian und schüttelt tapfer den Kopf. Noch nie hat die Anwesenheit bei Leichenöffnungen zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehört, aber in diesem Fall fühlt er einen besonderen Widerstand dagegen, zuzusehen, wie die einstmals so schöne Frau in ihre sterblichen Bestandteile zerlegt wird. Doch bevor es ins blutige Detail geht, wird, das weiß Bastian von früheren Anlässen, der heile Körper »nach Augenschein« beurteilt. Während der gesamten Obduktion müssen immer zwei Rechtsmediziner anwesend sein. So steht auch jetzt neben Dr. Bernstein eine ältere grauhaarige Dame, die viel zu zierlich für ihren rabiaten Beruf wirkt. Sie hat vorhin schon das Diktiergerät eingeschaltet und Größe, Gewicht, Ernährungszustand und Hautkolorit festgehalten. Auch zu Ort und Farbe der Totenflecke sowie zum Grad der Ausprägung der Totenstarre hat sie Angaben gemacht.
    »Unverletzte Körperoberfläche«, diktiert Dr. Bernstein jetzt mit sonorer Stimme. »Bis auf die Fliegenbisse im Gesicht und am Körper. Deutliche Würgemale am Hals, Unterblutungen dort und im Augenbereich. Keine Fingerabdrücke auf dem gesamten Körper.«
    »Sind Sie sicher?«, wirft Bastian ein.
    Nach einem Blick des Rechtsmediziners schaltet die Grauhaarige das Diktiergerät aus.
    »Die Tote war komplett sauber geschrubbt. Und das meine ich im wahrsten Sinn des Wortes. Wir haben das schon am Strand überprüft. Der Mörder, ich nehme jedenfalls an, dass er es war, hat sie ganz offensichtlich ins Meerwasser gelegt, Latexhandschuhe angezogen und sie dann mit einem gelben Schwamm gründlich bearbeitet.«
    Der Rechtsmediziner beugt sich tief über den Frauenkörper und zupft mit einer Pinzette einen winzigen gelben Fussel aus ihrem Bauchnabel.
    »Es gibt kleinste Partikel von diesem Schwamm überall am Körper, sogar in der Scheide.«
    »In der Scheide, das klingt nicht gut. Fast als sei jemand in manische Raserei geraten.«
    »Oder er war besonders cool und gründlich«, gibt Bernstein zurück.
    »Haben Sie Spermaspuren gefunden?«
    »Der Abstrich ist schon untersucht worden. Einige wenige Spuren haben wir isolieren können. Aber die Tote ist, wie schon gesagt, quasi auch innen ausgespült worden.«
    »Jetzt machen Sie’s nicht so spannend!«
    Der Rechtsmediziner grinst. »Zwei verschiedene Spermasorten konnten wir sicherstellen.«
    »Also Halbwelt?«
    »Ich wäre da vorsichtig. Es soll ja auch ganz normale Frauen geben, die mehr als einen Geschlechtspartner haben. Und sie hatte keine branchentypischen Verletzungen oder Krankheiten. Ist überhaupt körperlich in einem exzellenten Zustand.«
    Mit eigentümlich zufriedenem Blick mustert Bernstein die Leiche, als sei es sein Verdienst, dass sich dieser Körper so gut erhalten habe.
    »Na, das nutzt ihr jetzt auch nichts mehr«, redet Bastian gegen sein Unbehagen an. »Ihr schneidet sie ja doch gleich in Stücke.«
    »Was soll ich machen? Die gesetzlich vorgeschriebenen Routineuntersuchungen kennen Sie ja. Öffnung aller drei Körperhöhlen – also Brust-, Bauch- und Schädelhöhle. Anschließend nehmen wir uns die Organe, Blut, Urin und Knochen genauer vor. Wir ermitteln die DNA, um körperfremde Fasern isolieren zu können.«
    »Wie zum Beispiel die Fetzen von diesem Schwamm? Können Sie etwas über dessen Herkunft sagen?«
    »Wir sind noch dran. Er ist aus ziemlich großporigem Gewebe, also nicht so fein wie ein Abwaschschwamm zum Beispiel.«
    »Aber alle Fingerabdrücke hat er beseitigen können?«
    »Alle. Die Tote ist rein wie ein Baby.«
    »Das in die Nordsee gefallen ist.«
    Der Rechtsmediziner nickt und setzt das Skalpell an, um den großen T-Schnitt auszuführen. Zunächst leicht bogenförmig von Schulter zu Schulter und dann hinunter bis zur Scham. Bastian schaut weg. Die grauhaarige Dame sieht es und schmunzelt. Dann reicht sie Dr. Bernstein die Säge. Bastian weiß, jetzt wird der Rechtsmediziner das Brustbein und die angrenzenden Rippen entfernen, um Zugriff auf die inneren Organe zu haben. Er schließt die Augen und denkt an etwas Schönes.

Samstag, 18. Juni, 18.15 Uhr,
Kurzentrum,

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