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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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variiert zwischen fünfunddreißig und vierzig.«
    »Aber ...«, begann ich verwirrt.
    »Möchten Sie nun Geld verdienen oder nicht?«, unterbrach sie mich freundlich. »Schauen Sie, das Semester ist sowieso bald vorbei. Bei uns bekommen Sie bezahlten Urlaub, achtzehn Mark die Stunde und von der Steuer alles zurück.«
    Vielleicht hatte sie recht. Bei der Versandfirma hatte ich aber fünfzig Pfennige mehr bekommen. Das sagte ich der netten Frau Asche.
    »Nun, dann wollen wir erst mal sehen, was Sie alles können«, sagte sie freundlich.
    Sie holte einen Fragebogen aus der Schublade.
    »Da Sie Germanistik studieren, sind Sie selbstverständlich perfekt in Rechtschreibung und Zeichensetzung«, setzte sie liebenswürdig voraus. »Wie sieht es mit Buchhaltung aus?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Steno?«
    Wer konnte denn heute noch so was? Ich war verunsichert. Bei den nächsten Fragen wollte ich auf jeden Fall kompetenter abschneiden.
    »Welche Fremdsprachen?«
    »Englisch«, sagte ich.
    »Außer Englisch natürlich«, entgegnete Frau Asche lächelnd.
    Außer Englisch konnte ich noch Mittelhochdeutsch und ein paar Brocken Spanisch von diversen Gran-Canaria-Aufenthalten, mit denen ich Brot und Eis einkaufen konnte. Aber um Eindruck zu schinden, ließ ich mich dazu hinreißen, »Spanisch« zu sagen.
    »Sehr gut«, sagte die nette Frau Asche erfreut.
    »Nicht sehr gut«, fügte ich sicherheitshalber hinzu.
    »Das macht nichts«, sagte die nette Frau Asche. »Wie viele Anschläge?«
    Was meinte sie?
    »Anschläge in der Minute?«
    Ich verstand immer noch nicht.
    »Wie viele Anschläge schaffen Sie auf der Schreibmaschine pro Minute?«, fragte die nette Frau Asche geduldig.
    »Oh, hm«, sagte ich verlegen, »also wenn ich ehrlich bin, kann ich überhaupt nicht so gut Schreibmaschine schreiben.« Und das war noch hochgestapelt.
    »Das macht nichts«, sagte die nette Frau Asche dennoch. »Heutzutage gibt es kaum noch ein Büro, das nicht mit Computern ausgestattet ist.«
    Ich war erleichtert.
    »Welche Textverarbeitungsprogramme beherrschen Sie?«
    »Also ...«, begann ich. Dummerweise fiel mir der Name des verflixten Textverarbeitungsprogrammes nicht ein.
    »War es vielleicht Word?«, half die nette Frau Asche.
    »Ja, genau«, sagte ich.
    »Und welche Version?«, fragte Frau Asche.
    Ich hatte keine Ahnung. Peinlich. Die nette Frau Asche füllte den Fragebogen trotzdem fertig aus. Ich fand, dass ich nicht gerade als besonders qualifiziert eingestuft werden konnte, und erwartete einen freundlichen Rausschmiss. Aber Frau Asche stand auf und streckte mir die Hand hin.
    »Wenn Sie wollen, können Sie ab Juli bei uns anfangen. Für achtzehn Mark die Stunde.«
    Vor lauter Überraschung wagte ich es nicht, noch mal auf die fünfzig Pfennig zurückzukommen und schlug ein. Die Frau hatte recht: Das Semester war bald zu Ende. Ich würde Katja um die Mitschriften der wichtigsten Seminare bitten und mal so richtig viel Asche auf einmal verdienen.
    Beschwingt verließ ich das Gebäude und kaufte mir zur Feier des Tages einen seriösen, schwarzen Pullover zu einem wirklich günstigen Vorsommerschlussverkaufspreis.
    Anschließend stattete ich Bille den längst fälligen Besuch in der neuen Wohnung ab.
    Als ich bei ihr ankam, trat gerade ein glatzköpfiger Mittvierziger mit Kaiser-Wilhelm-Bart und Mülltüte aus der Wohnungstür gegenüber.
    »Hallo«, strahlte Bille ihn an.
    »Tachchen!«, nuschelte er und schlürfte mit seiner Mülltüte abwärts.
    »Wer war das?«, fragte ich Bille.
    »Das war Helmut.«
    »Und was macht Helmut in der Wohnung von dem tollen, hübschen Typen, von dem du mir erzählt hast?«
    Bille sagte mürrisch, dass sie nie gesagt hätte, dass er hübsch sei.
    »Nett ist er, hab ich gesagt. Und nett ist er auch.«
    Ich verstand, dass Kaiser Wilhelm einer von den neiderregend gutaussehenden und charmanten jungen Hausbewohnern war, und grinste schadenfroh.
    »Willst du die ganze Zeit im Hausflur rumlungern?«, fragte Bille leicht gereizt.
    Ja, das wollte ich am liebsten, denn auf diese Weise hätte ich vielleicht noch einen Blick auf einen der anderen Supermänner werfen können.
    »Haben die anderen auch so originelle Schnurrbärte?«, fragte ich Bille und konnte mir ein höhnisches Lächeln nicht verkneifen.
    Bille zog mich in ihre Wohnung. Ich war kein sehr angenehmer Besuch. Während des Kaffeetrinkens sprang ich jedes Mal auf, wenn im Hausflur Schritte zu vernehmen waren und presste mein Auge an den Türspion.
    »Wer

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