Männerfrei: Roman (German Edition)
ich und schenke den beiden ein Lächeln. Kristinas Gesicht sieht aus, als würde es schmerzen, wenn sie lächelt. » War nett, dich wiederzusehen.«
Der schlaue Henry gibt mir noch schnell seine Visitenkarte– natürlich–, bevor ich an unseren Tisch zurückkehre, während ich mich frage, warum zum Teufel ich jemals eine Beziehung mit diesem hohlen Spießer eingegangen bin. Ich setze mich und bemerke, dass Lukas mich fragend ansieht, worauf ich mein Glas erhebe, ihn angrinse und es auf ex leere. Das darf doch nicht wahr sein, ausgerechnet der schlaue Henry. Der sich in einen spießigen Wichser mit einer Freundin aus Silikon verwandelt hat. Rick hat mich um ein persönliches Gespräch gebeten, und ich werde ihm morgen Abend eine Abfuhr erteilen. Besser kann es nicht laufen.
» Und«, sage ich beiläufig, während ich den Alkohol im Blut spüre, » wie lange ist es her, dass Sie sich von Ihrer Freundin getrennt haben?«
Lukas zieht überrascht die Augenbrauen hoch, leert seinen Matsuhisa Martini mit maskulinem Schwung und grinst zurück. » Zwei Monate«, antwortet er. Er sagt » muns« statt » months«. Er zuckt mit den Achseln, hebt dann den Kopf und blickt mich an. » Eigentlich hat sie mich verlassen. Wegen meinem besten Freund.«
» Ist doch nicht wahr!«, rufe ich. » Das ist nicht nett. Wie lange waren Sie denn mit ihr zusammen?«
Er stutzt kurz über meine Art, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, spricht dann aber weiter. » Knapp fünf Jahre«, erwidert er und holt tief Luft. » Die beiden hatten hinter meinem Rücken eine Affäre.«
» Miese Bastarde«, sage ich und frage mich eine Sekunde zu spät, ob das ein angemessener Umgangston bei einem neuen Kunden ist.
» Allerdings, miese Bastarde«, bekräftigt er in ruhigem Ton. » Und nun ziehe ich nach London. Neu anfangen. Wieder eine Frau kennenlernen. Dem Schicksal vertrauen.«
» Wow«, meine ich, überrascht, dass er nach allem so positiv denkt.
» Und Sie? Sie haben wohl auch Bekanntschaft mit einem miesen Bastard gemacht, vermute ich?«, vermutet er lächelnd.
Ich nicke und erwidere sein Lächeln kurz. » Ja.« Mit dem ich morgen Abend eine Verabredung habe. Weil ich selten dämlich bin.
Die Vorspeisen werden serviert, und wir verlieren uns in einer Orgie des Kostens und Teilens. Felix bestellt den nächsten Gang: Kushiyaki-Grillspießchen, saure Shrimpssuppe, Hummer in Buttersauce und natürlich schwarzer Dorsch mit Miso.
Während des Essens unterhalten Stefan und Coop sich über Musik, während Felix Marlena von seinen Kindern erzählt. Lukas und ich beginnen ein Gespräch über Urlaubsreisen. Es stellt sich heraus, dass wir im Sommer vor zehn Jahren beide in Venedig waren und auf der verzweifelten Suche nach einem scheinbar nicht existierenden Nachtleben. Die Unterhaltung ist witzig und locker, und das Essen vergeht wie im Flug.
Als wir fertig sind, ist es fast elf Uhr. Ich habe versucht, nüchtern zu werden, und bin gescheitert, weshalb ich mich nun darauf konzentriere, den Mund zu halten. Ich schaue mich um und sehe, dass der schlaue Henry und Silikon-Kristina gegangen sind. Ein Glück.
Wir gehen nach unten in die Bar, die mit Gästen gerammelt voll ist.
Auf dem Weg zum Ausgang kommen wir an einer lauten Gruppe von leicht alkoholisierten Männern in Anzügen vorbei, und mein Blick bleibt an einem von ihnen hängen. Groß, breitschultrig, dunkelhaarig.
Er dreht mir den Rücken zu, aber ich bin mir sicher, er ist es.
Ich gehe direkt an ihm vorüber, und vor dem Ausgang kann ich nicht anders, als mich umzudrehen, um auf seinen Hinterkopf zu starren, als er sich in diesem Moment zur Seite dreht, um jemanden zu begrüßen. Soll ich hingehen und Hallo sagen?
Es ist doch nicht Jake. Der Kerl hat zusammengewachsene Augenbrauen, um Gottes willen.
Enttäuschung macht sich in mir breit. Ich bin so dämlich.
Ich wende mich wieder zum Ausgang, während Lukas mir die Tür aufhält, und trete hinaus in die Nacht. Draußen beginnt eine einzige Orgie aus Händeschütteln und Abschiedsküsschen. Ich habe das brennende Verlangen, wieder hineinzugehen, um mich zu vergewissern, dass das tatsächlich nicht Jake ist. Aber ich weiß, dass er es nicht ist. Das war– wie nennt man das gleich? Projiziertes Wunschdenken.
Ich wünschte wirklich, es wäre Jake gewesen. Warum treffe ich mich mit Rick? Was will ich damit beweisen? Warum kann ich nicht einfach weggehen?
Argh. Ich schlage mir klatschend gegen die Stirn, wodurch ich einen schiefen Blick
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