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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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der Himmel.«
    Da erschrak Sun Wu Kung und fragte: »Gibt es ein Mittel, sich vor diesen Gefahren zu schützen?«
    Da sagte ihm der Meister abermals einen geheimen Spruch ins Ohr, durch den er die Kraft bekam, sich zweiundsiebzigmal zu wandeln.
    Nach einigen Tagen schon hatte Sun Wu Kung die Kunst gelernt.
    Eines Tages ging der Meister im Kreise seiner Jünger vor der Höhle spazieren. Er rief den Sun Wu Kung heran und fragte: »Wie steht’s mit deiner Kunst, kannst du auch fliegen?«
    »Jawohl!« antwortete der.
    »So lass mich’s einmal sehen!«
    Der Affe sprang in die Höhe und kam fünf, sechs Fuß von der Erde weg. Unter seinen Füßen ballten sich Wolken, auf denen er mehrere hundert Schritt weit gehen konnte. Dann musste er sich wieder zur Erde niederlassen.
    Lachend sagte der Meister: »Das heißt in den Wolken herum kriechen, nicht auf den Wolken schweben, wie’s Götter und Heilige, die in einem Tag die ganze Welt durchstreifen, können müssen. Ich will dich den Zauberspruch des Wolkenpurzelbaums lehren. Wenn du so einen Purzelbaum schlägst, kannst du achtzehntausend Meilen weit kommen.«
    Hocherfreut bedankte sich Sun Wu Kung, und er war von da ab imstande, ohne jede Schranke des Raumes sich hin und her zu bewegen.
    Eines Tages saß Sun Wu Kung mit den anderen Jüngern zusammen unter der Kiefer vor dem Tor, und sie plauderten über die Geheimnisse der Lehre. Schließlich baten sie ihn, er möchte ihnen einmal seine Verwandlungskünste zeigen. Sun Wu Kung konnte sein Geheimnis nicht bei sich behalten und sagte zu.
    Lächelnd sprach er: »Stellt mir nur eine Aufgabe! In was wollt ihr, dass ich mich verwandeln soll?«
    Sie sagten: »Verwandle dich einmal in eine Kiefer!«
    Sun Wu Kung sagte einen Spruch her, drehte sich um, und schon stand er als Kiefernbaum vor ihnen da. Da brachen sie alle in wieherndes Gelächter aus. Der Meister hörte den Lärm und kam zur Tür heraus, seinen Stock hinter sich her schleppend.
    Er fuhr sie an: »Was habt ihr da zu lärmen?«
    Sie sprachen: »Sun Wu Kung hat sich in einen Kiefernbaum verwandelt; darüber mussten wir lachen.«
    »Sun Wu Kung, komm da her!« sagte der Meister. »Sage einmal, was machst du da für Kunststückchen? Was brauchst du dich in eine Kiefer zu verwandeln? Die ganze Arbeit, die du getan, ist dir nur gerade gut genug, um vor den Augen der anderen zu zaubern. Das zeigt, dass du dein Herz noch nicht in der Hand hast.«
    Demütig bat Sun Wu Kung um Verzeihung.
    Der Meister aber sprach: »Ich trage dir nichts nach, aber du musst fort.«
    Mit Tränen in den Augen sagte Sun Wu Kung: »Wo soll ich denn hin?«
    »Wo du hergekommen bist, da sollst du wieder hin!« sagte der Meister. Und als Sun Wu Kung nun traurig Abschied nahm, bedrohte ihn der Meister noch: »Mit deiner wilden Art bringst du sicher noch Unheil über dich. Du darfst keinem Menschen sagen, dass du mein Schüler bist. Wenn du etwas verlauten läßt, so hol ich deine Seele und sperr sie in die tiefste Hölle, dass du in tausend Ewigkeiten nicht mehr herauskommst.«
    Sun Wu Kung sprach: »Ich will nichts sagen, ich will nichts sagen!«
    Dann bedankte er sich noch für die ihm erwiesene Güte, schlug einen Purzelbaum und stieg zu den Wolken empor.
    Kaum war eine Stunde vergangen, da war er über die Meere und sah den Berg der Blumen und Früchte wieder vor sich liegen. Da fühlte er sich froh und heimisch, ließ seine Wolke zur Erde herab und rief zur Höhle hinein: »Kinderchen, ich bin wieder da!« Und schon strömte es aus dem Tal, hinter den Felsen, aus dem Gras und von den Bäumen herbei. Groß und klein kamen seine Affen zu Tausenden angesprungen, umringten ihn, begrüßten ihn und fragten nach seinen Erlebnissen. Sun Wu Kung sprach: »Ich habe jetzt ein Mittel zum ewigen Leben und brauche den alten Tod nicht mehr zu fürchten.« Da waren alle Affen hocherfreut, brachten um die Wette Blumen und Früchte, Pfirsiche und Wein herbei, um Sun Wu Kung zu begrüßen. Und wieder verehrten sie den Sun Wu Kung als schönen Affenkönig.
    Sun Wu Kung versammelte nun die Affen um sich und erkundigte sich, wie es ihnen in seiner Abwesenheit ergangen sei.
    Sie sprachen: »Es ist sehr gut, dass Ihr wieder da seid, großer König. Letzthin kam ein Teufel, der wollte unsere Höhle mit Gewalt in Besitz nehmen. Wir kämpften mit ihm; er aber schleppte viele Eurer Kinder mit sich fort und wird wohl bald wiederkommen.«
    Sun Wu Kung ward sehr zornig und sprach: »Was ist das für ein Teufel, der sich solche

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