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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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um zu sehen, was es gäbe. Die beiden Götter berichteten: »Die Strahlen kommen aus dem Auge des steinernen Affen, der von dem Zauberstein geboren ist; es ist kein Grund zur Unruhe vorhanden.«
    Allmählich wuchs der Affe heran, lief und sprang umher, trank aus den Quellen der Täler und aß von den Blumen und Früchten, und die Zeit verstrich in ungebundenem Spiel.
    Eines Tages im Sommer, als er mit den anderen Affen der Insel Kühlung suchte, kamen sie in ein Tal zu baden. Sie erblickten einen Wasserfall, der von hohen Felsen herabstürzte. Die Affen sprachen untereinander: »Wer durch das Wasser hineindringen kann, ohne dass es ihm etwas schadet, der soll unser König sein.« Der steinerne Affe machte einen Freudensprung und sprach: »Ich gehe hinein.« Dann schloss er die Augen, bückte sich und sprang in den brausenden Gischt. Als er die Augen wieder öffnete, da sah er eine eiserne Brücke, die durch den Wasserfall wie durch einen Vorhang von der Außenwelt abgeschlossen war. Die Brücke führte zu einem Höhlenschloß, das war wohnlich und rein. Am Eingang stand eine Steintafel; darauf war geschrieben: »Das ist der Höhlenhimmel hinter dem Wasservorhang auf dem seligen Berg der Blumen und Früchte.« Hocherfreut sprang der steinerne Affe wieder durch das Wasser hinaus und erzählte den anderen Affen, was er gefunden. Die hörten die Nachricht mit großer Freude und baten den steinernen Affen, sie mitzunehmen. So sprang die ganze Herde durch das Wasser auf die eiserne Brücke; dann drangen sie ins Höhlenschloss ein, wo Töpfe und Herde, Tassen und Schüsseln in reicher Zahl sich fanden. Alles aber war aus Stein. Die anderen ehrten nun den steinernen Affen als ihren König, und er ward genannt: der schöne Affenkönig. Er ordnete die Meerkatzen, Paviane und die übrigen Affen zu Beamten und Räten, Dienern und Helfern, und sie führten ein seliges Leben auf dem Berge, schliefen nachts in ihrem Höhlenschloß, hielten sich fern von Vögeln und Tieren, und der König genoß der ungebundenen Seligkeit. Darüber vergingen wohl an die dreihundert Jahre.
    Eines Tages, als der Affenkönig mit seinen Affen bei fröhlichem Mahle saß, begann er plötzlich zu weinen. Erschrocken fragten die Affen, was ihn inmitten all dieser Seligkeit auf einmal so traurig mache. Der König sprach: »Wohl sind wir frei von der Menschen Gesetz und Recht, wohl wagen Vögel und Tiere nicht, uns etwas anzuhaben; doch werden wir allmählich alt und schwach, und eines Tages kommt die Stunde, da der Tod, der Alte, uns davon-schleppt. Im Nu sind wir dahin und können nicht länger auf der Erde weilen.« Als die Affen diese Worte hörten, verhüllten sie ihre Gesichter und schluchzten. Da trat ein alter Affe aus der Reihe hervor, dessen Arme so in Verbindung standen, dass er den einen um den anderen verlängern konnte. Der sprach mit lauter Stimme: »Dass Ihr, o König, auf diese Gedanken kommt, das zeigt, dass das Suchen nach Wahrheit in Euch erwacht ist. Unter allen lebenden Wesen gibt es nur drei Arten, die der Macht des Todes entnommen sind: die Buddhas, die seligen Geister und die Götter. Wer eine dieser drei Stufen erreicht, der entgeht dem Rad der Wiedergeburt und lebt so lange wie der Himmel.« Der Affenkönig sprach: »Wo wohnen denn diese drei?« Der alte Affe erwiderte: »Sie wohnen in Höhlen und heiligen Bergen in der großen Welt der Menschen.« Der König war erfreut, als er das hörte, und erklärte seinen Affen, dass er hingehen wolle, um Götter und heilige Geister zu suchen und von ihnen den Weg der Unsterblichkeit zu lernen. Die Affen schleppten Pfirsiche und andere Früchte und süßen Wein herbei, das Abschiedsmahl zu feiern, und sie betranken sich noch einmal miteinander nach Herzenslust.
    Am anderen Morgen stand der schöne Affenkönig in aller Frühe auf, machte sich ein Floß zurecht aus alten Kiefern und nahm einen Bambusstab zur Ruderstange. Ganz allein bestieg er das Floß und ruderte durch das große Meer. Wind und Wellen waren günstig, und er kam nach Asien. Dort stieg er ans Land. Da traf er am Ufer einen Mann, der Fische fing. Er ging auf ihn zu, schlug ihn zu Boden, riss ihm die Kleider ab und zog sie selber an. Dann wanderte er umher und besuchte alle berühmten Orte, ging in die Märkte, die dichtbevölkerten Städte, lernte Anstandsregeln, lernte sprechen und benahm sich wie ein gebildeter Mensch. Doch war er im Herzen darauf gerichtet, die Lehre der Buddhas, der Seligen und der heiligen Götter zu

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