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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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Gartenmauer, und liefen den noch übrigen Theil der Nacht in großer Angst, von dem Menschenfresser eingeholt zu werden, durch den Wald nach Hause. Sie hatten, zu ihrer großen Freude, den rechten, wohlbekannten Weg getroffen, wie sie am Morgen sahen.

     
    Als gegen Morgen der Popanz aufwachte, rief er seine Frau, und sagte zu ihr: »Frau, gehe in die Kammer, und mache die kleinen Schlingel recht hübsch zurechte!«

     
    Sehr erstaunt über die Freundlichkeit ihres Mannes ging die Frau: denn sie glaubte nichts anders, als ihr Mann meinte, sie solle die Kinder recht gut anziehen, aber ach! wie entsetzte sie sich, als sie hinkam, und ihre sieben Töchter im Blute schwimmend fand. Vor Schreck fiel sie in Ohnmacht. Da sie nun nicht wieder herunter kam, so glaubte der Popanz, sie möchte mit dem Zurichten seiner Leckerbissen nicht fertig werden können, und ging ihr nun nach, um ihr zu helfen. Er erschrak aber fast nicht weniger, wie seine Frau, als er sah, was er angerichtet hatte, und ganz außer sich vor Wuth, schwur er, fürchterlich an den entlaufenen Jungen sich zu rächen.

     
    Um indeß seine Frau wieder zu sich selbst zu bringen, lief er eiligst fort, holte einen großen Topf mit Wasser, und goß ihr denselben über den Kopf.

     
    Als die Frau dadurch aus ihrer Ohnmacht wieder erwacht war, gebot er ihr, ihm seine Meilenstiefeln zu holen; seine geschlachteten Kinder aber auf den Mittag zurecht zu machen, denn todt seyen sie nun doch einmal, und Menschenfleisch schmecke gar zu gut.

     
    Die Frau holte die Meilenstiefeln, womit bei jedem Schritte eine Meile zurückgelegt wurde. Er zog sie an, und lief nun so schnell und wild umher, daß Alles erschrak, am meisten aber die armen Jungen, welche kaum noch hundert Schritte von der Hütte ihrer Aeltern entfernt waren, und den Menschenfresser von Berg zu Berg, über Thäler und Ströme, wie über Maulwurfshügel und Rinnsteine hinwegschreiten sahen.

     
    Zum Glück bemerkte der kleine Däumling in diesem ängstlichen Augenblick ein überhängendes Felsstück, unter welches er sich mit seinen Brüdern auf ein Häufchen niederdrückte, und nun beobachtete, was der Popanz vornahm.

     
    Dieser, der von dem weiten Wege sehr ermüdet war, – denn mit Meilenstiefeln zu gehen, greift etwas an! – sah sich nach einem Ruheplatze um, und da der Felsen, unter welchem die Kinder stacken, ihm zum Ausruhen sehr geeignet schien, so legte er sich ein Bischen hin, und schlief alsbald ein, wobei er so grimmig schnarchte, daß Feld und Wald wiederhallten.

     
    Jetzt hieß der kleine Däumling seine Brüder vollends nach Hause eilen, er selbst aber schlich sich zu dem Schläfer hin, zog ihm die Stiefeln aus und sich an. Zwar waren sie ihm ein wenig groß und weit, aber da sie gefeit waren, so paßten sie ihm doch, und er konnte ganz herrlich darin marschiren.

     
    Nun war gerade Krieg; da konnte er seine Meilenstiefeln vortrefflich gebrauchen. Der König nahm ihn zu seinem Courier an, und er brachte nun die Nachrichten vom feindlichen Heere in einigen Minuten. Er bekam von den Briefen, die die Frauen an ihre Männer, und die Mädchen an ihre künftige Ehegatten schrieben, und von den Briefen, die er wieder mit zurücknahm, ein gar großes Geld; wie er denn auch vom König sehr ansehnlich belohnt wurde. Hierauf kehrte er wieder zu den Seinigen zurück, versorgte sie reichlich, und lebte mit ihnen noch lange in Wohlstand und Freude.

     

     
22. Schneewittchen.

     

     
    Es saß einmal eine Königinn zur Winterszeit, als draußen Schnee lag, am Fenster, und stickte an einem Tuche, das in einem Rahmen von schwarzem Ebenholz gespannt war. Da stach sie sich mit der Nähnadel in den Finger, daß es blutete, und machte das Fenster auf, und ließ das Blut auf den Schnee tropfen. Und weil das Rothe in dem Weißen so schön aussah, so dachte sie: Hätte ich doch ein Kind, so weiß, wie Schnee, so roth, wie Blut, und die Augen so schwarz, wie dieser Rahmen! Und bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so roth wie Blut, und hatte Augen so schwarz wie Ebenholz, darum wurde es Schneewittchen genannt.

     
    Aber bald starb ihre Mutter; da nahm die Schwester derselben, welche auch eine Königinn war, dieselbe zu sich an Kindes Statt, denn sie hatte keine eigenen Kinder.

     
    Anfangs hatte Schneewittchen es recht gut bei ihr, und würde es auch immer so gut gehabt haben, wenn sie nicht so überaus schön gewesen wäre. Das gönnte ihr aber die Königinn nicht; denn

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