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Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
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bestand aus Weißgold. Seine Zigarre war schwarz. Aus der Brusttasche lugte ein weißes Taschentuch hervor. Das graue Haar hatte er zurückgebürstet, bis es glänzte. Er sah nicht unbedingt dicker aus, aber irgendwie schwerer, als ob er fester und fülliger geworden wäre.
    Er sagte: »Der große Augenblick. Was, Junge?« Er war wie ein Schauspieler in Kostüm und Maske, bereit für seinen Auftritt.
    Er setzte sich auf den Bettrand und betrachtete die leere Flasche, die neben dem Aschenbecher auf dem Fußboden stand. Er erkundigte sich: »Du bist doch nicht betrunken?«
    »Nein.«
    »Gut. Ich möchte dich über die Leute kurz aufklären.«
    Ich zündete mir eine Zigarette an und wartete. Wenn er Lust hatte, zu reden, dann konnte ich ja zuhören.
    Er begann: »Es werden achtunddreißig Leute hier sein, uns beide nicht mitgezählt. Nick Rovito, Irving Baumheiler und Little Irving Stein sind hier, weil ich hier bin. Sieben andere sind hier, weil die drei ersten hier sind. Und zwölf andere sind wegen der sieben hier. Und sechzehn wegen der zwölf. Verstehst du?«
    Ich nickte.
    »Der springende Punkt ist der, dass du dich vor Nick, Irving und Little Irving in Acht nehmen musst. Vor den Dreien. Für dich sind das die Einzigen hier. Nick Rovito, Irving Baumheiler und Little Irving Stein. Du kennst sie doch schon, nicht?«
    »Den Letzten noch nicht: Little Irving.«
    »Ach, ein kleines Kerlchen mit Glatze. Du wirst ihn sofort erkennen.«
    »Gut.«
    »Also, du hältst dich immer an meiner Seite. Du brauchst nicht zu reden, wenn du keine Lust hast. Vielleicht umso besser, je weniger du sagst. Aber bleib bei mir, wenigstens bis das Palaver vorüber ist. Wenn du aufs Klo musst, dann geh.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Bist du sicher?«
    »Verdammt noch mal!«
    »Okay, okay. Nur damit du Bescheid weißt. Du musst dich die ganze Zeit neben mir halten. Rechts von mir. Verstehst du? Auf meiner rechten Seite.«
    »Gut.«
    »Hast du die Luger deines Bruders?«
    »Der Revolver ist kleiner.«
    »Wo ist er?«
    Ich zeigte auf die Kommode. »Im obersten Schubfach.«
    »Trag ihn bei dir. An einer Stelle, wo du ihn schnell greifen und zeigen kannst. Aber nicht zu offensichtlich. Verstehst du, was ich meine?«
    »In meinem Gürtel, an der Seite.«
    »Fein.« Er stand auf und strich Jacke und Hose glatt. Ich langte vom Bett aus nach dem Aschenbecher und setzte ihn mir auf die Brust. Er fuhr fort: »Missversteh mich nicht. Keiner wird schießen. Aber vielleicht will einer wissen, ob du bewaffnet bist. Ist das klar? Und dann bist du’s eben.«
    »Gut.«
    Er ging im Zimmer herum und blies Zigarrenrauch in die Luft wie ein großer Viehzüchter. »Es gibt auf dieser Welt zweierlei Menschen, Ray. Es gibt Anführer, und es gibt Gefolgsleute. Die Gefolgsleute setzen sich aus einem einzigen Menschenschlag zusammen, aber die Anführer sind von verschiedener Art. Es gibt ruhmreiche Anführer, die ein ganzes verdammtes Land in die Tiefe reißen können, und es gibt kleine Abteilungsleiter, die sich ohne üble Machenschaften keinen Tag halten würden. Und dazwischen noch alle möglichen Anführer. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich verstehe, was du meinst.« Diesen Satz hatte ich schon oft von ihm gehört. Er redete aus Nervosität. Ich brauchte nicht einmal so zu tun, als ob ich zuhörte.
    »Die meisten von den Leuten, die heute Abend hier zusammenkommen, könnte man als Mittelfeldanführer bezeichnen. Sie können eine Gruppe Gefolgsleute gut leiten, solange ihnen jemand sagt, wie sie’s machen sollen. Jemand wie Nick, Irving und Little Irving. Verstehst du, was ich meine?«
    Ich blickte zur Decke empor und blies Zigarettenrauch hinauf. Der Aschenbecher thronte auf meiner Brust. Kapp tigerte umher und redete, um Dampf abzulassen. »Diese Mittelfeldleute sind größtenteils seit den Dreißigerjahren ununterbrochen dabei. Aber die Spitzenleute wie Nick und die beiden Irvings haben eine Weile pausiert. Infolgedessen haben sich die anderen einfach treiben lassen. Einige sind jetzt bei irgendwelchen Gangstergruppierungen; sie stehen ziemlich zuunterst auf der Liste, wo nur Krümel für sie abfallen. Sie sind hergekommen, weil sie aufrücken wollen. Sie halten Nick oder einen der Irvings ohnehin für ihren wahren Anführer; von den mageren glatten Grünschnäbeln, die sich heute breitmachen, wollen sie nichts wissen. Sie haben also schon einen kleinen Brocken der Organisation in der Tasche. Wenn es so weit ist, konsolidieren sie den Brocken und

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