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Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen

Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Bastelraum und arbeitete widerwillig mit Ton. Andere Räume, in denen Holz geschnitzt wurde, waren für Morley verboten. Er wußte genau, daß seine Finger, die zwar gekrümmt und gichtig aussahen, noch immer jung genug waren. Aber statistische Berechnungen hatten ergeben, daß alte Menschen über neunzig Messer zu ungeschickt handhabten und dabei in erhöhtem Maß unfallgefährdet waren. Deshalb durfte Morley nicht mehr schnitzen. Eigentlich durfte man kaum noch etwas selbst tun, überlegte Morley aufgebracht.
    Er hatte gar nicht mehr auf die Uhr geachtet. Dabei wollte er doch vermeiden, daß Lisa allein aufwachte. Er eilte zur Tür, während der Tonklumpen, aus dem er einen springenden Fisch modelliert hatte, in seine ursprüngliche Form zurücksank.
    Als Morley die Tür des Appartements erreichte, wurde ihm plötzlich schwindlig. Die Tür verschwamm vor seinen Augen. Aber er hatte die roten Karten schon oft genug an anderen Türen gesehen und kannte den Text bereits:
     
    Notabtransport. Fall-Nr. 3582–W900. Sofort 9006-85772 anrufen. Appartement ist bereits desinfiziert und kann wieder betreten werden.
     
    Die Krankenhubschrauber waren nur äußerst selten zu hören oder gar zu sehen. Jedes Appartement hatte eine große Dachöffnung, und die Hubschrauber holten einen meistens nachts ab. Überall standen Detektoren verteilt, die alle Krankheitssymptome blitzschnell erfaßten, die entsprechenden Maßnahmen einleiteten und wirksam überwachten. Man hatte nicht einmal Gelegenheit, sich noch zu verabschieden.
    Morley war vor Schmerz wie betäubt, versuchte aber trotzdem, seine Gefühle zu beherrschen, während er den Telefonhörer abhob und die angegebene Nummer wählte. Immer mit der Ruhe, alter Junge, ermahnte er sich dabei. Das Telefon wurde ebenfalls abgehört und verzeichnete unter Umständen eine ungewöhnliche Nervosität in der Stimme, ein Krächzen oder ein leichtes Schwanken, das ein Gefahrensignal sein konnte. Ein Symptom. Ein Symptom, das unverzüglich Vorbeugungsmaßnahmen erforderlich machte. Sie entdeckten immer warnende Symptome, lange bevor man selbst etwas spürte, und dann wurde man wieder einmal auf einer Bahre davongerollt. Oder vielleicht kam auch nachts ein Hubschrauber ans Oberlicht und brachte einen aus ›gesellschaftlichen Gründen‹ (Unverträglichkeit, Streitsucht usw.) in ein weit entferntes anderes Dorf. Alles natürlich nur zu unserem Besten, dachte Morley und verzog spöttisch die schmalen Lippen. Er wählte zum zweiten Male eine falsche Nummer. Außerdem schwitzte er zuviel. Die Detektoren wurden mißtrauisch, wenn jemand in den wissenschaftlich vollklimatisierten Appartements plötzlich Schweißausbrüche hatte. Endlich. 9006-85772.
    »Hier spricht Arthur Morley in Goldene Ruhe Elf. Ich rufe wegen meiner Frau Lisa an, die vor kurzer Zeit ab ...«
    Die metallische Stimme unterbrach ihn. »Geben Sie bitte die Nummer des Falls an.«
    »Ja, richtig.« Morley hob die rote Karte an die Augen. »Es handelt sich um Nummer drei-fünf-acht-zwei Strich W-neunhundert.«
    Klick. Klick. »Drei-fünnef-acht-zwo-Strich-W-neun-nuhl-nuhl befindet sich aller Voraussicht nach bereits im Endstadium. Rufen Sie bitte nicht nochmals an, damit die Leitung für dringende Notfälle freibleibt. Besuche wegen Infektionsgefahr unter keinen Umständen gestattet.« Klick. Klick. »Drei-fünnef-acht-zwo-Strich-W-neun-nuhl-nuhl befindet sich aller Voraussicht nach bereits im Endstadium. Rufen Sie bitte nicht nochmals an, damit die Leitung ...«
    Morley ließ den Hörer sinken und starrte das leere Bett in einer Ecke des halbdunklen Zimmers an. Seine eigenen Atemzüge erschienen ihm plötzlich übernatürlich laut. Er streckte zögernd den Arm aus und berührte den kaum sichtbaren Eindruck, den Lisas Körper hinterlassen hatte, als sie fortgerissen wurde. Später lag er leise schluchzend auf dem Bett ausgestreckt und weinte um Lisa, die abgeholt worden war, während sie ganz allein war. Er dachte immer wieder daran, daß Lisa nicht einmal jemand neben sich gehabt hatte, von dem sie sich hätte verabschieden können, und daß sie jetzt einsam und verlassen irgendwo liegen mußte, ohne daß jemand an ihrem Bett gesessen und ihre Hand gehalten hätte ...
     
    Morley gab sich große Mühe, die organisierte Freizeit wie alle anderen zu nützen und nicht von der gewohnten Routine abzuweichen. Er bemühte sich auch, keine verdächtigen Symptome zu zeigen. Er wollte nicht von einem Hubschrauber durchs Oberlicht

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