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Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele

Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele

Titel: Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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irgendetwas suchten, womit sie die großen Kakerlaken einfangen konnten, die aus dem Mund der Toten krochen.

57. KAPITEL
    Maggie wusste, dass sie aufstehen und zur Abwechslung mal zum Schlafen ins Bett gehen sollte. Doch dazu müsste sie Harvey stören, der schnarchend mit dem großen Kopf in ihrem Schoß lag. Also blieb sie, wo sie war. Der alte La-Z-Boy-Liegestuhl war eine Art Heiligtum geworden. Er stand in ihrem Wintergarten, zu den deckenhohen Fenstern mit Blick in den Garten ausgerichtet. Allerdings gab es dort im Dunkeln nichts zu sehen. Das Mondlicht schuf tanzende Schatten, und skelettartige Arme winkten ihr zu, doch zum Glück gab es heute keine geisterhaften Nebelschwaden.
    Sie bedauerte, die Erinnerung an den Besuch bei Kathleen nicht tilgen zu können, so wie man einen schlechten Geschmack aus dem Mund spülte. Doch der Scotch wirkte heute nicht. Die Erinnerung blieb wie das Gefühl der Leere. Und aus irgendeinem Grund hörte sie Kathleen immer wieder sagen: Dein Vater war kein Heiliger!
    Warum nur hatte ihre Mutter diese Lüge erfunden? Warum versuchte sie ihr wehzutun?
    Bilder der Vergangenheit zogen an ihrem inneren Augen vorbei, einige in Zeitlupe, andere in raschen Blitzen, viele schmerzlich. Ihre Mutter war mit vielen Männern zusammen gewesen, Versagern und Mistkerlen. Warum versuchte sie, ihren toten Mann in dieselbe Kategorie einzuordnen? Was für ein grausamer Scherz sollte das sein? Hatte Everett sie dazu angestiftet?
    Maggie nippte an ihrem Scotch, ließ ihn im Munde verweilen und dann langsam die Kehle hinabgleiten. Mit geschlossenen Augen genoss sie das brennende Gefühl und wartete, dass es sie innerlich wärmte, die Spannungen löste und die innere Leere. Doch dazu müsste die Wärme wohl bis ins Herz ziehen. Heute Nacht machte der Alkohol sie nur leicht benommen, rastlos und ... ja, sie müsste es zugeben, einsam. Sie war allein mit diesen verdammten Erinnerungen, die an ihrer Seele nagten.
    Warum wollte Kathleen ihr die einzige Kindheitserinnerung nehmen, die ihr heute noch lieb und teuer war - die an die Liebe ihres Vaters? Wie konnte sie nur? Warum versuchte sie es überhaupt? Ihr Problem, dass sie nur schwer lieben und vertrauen konnte, aber schnell misstraute, hatte nichts mit ihrem Vater zu tun, aber alles mit einer Mutter, die ihre Tochter für Jack Daniels im Stich gelassen hatte.
    Sie hatte, um zu überleben, das Einzige getan, was ein Kind tun konnte, und sich stark gemacht. Dazu hatte sie auch lernen müssen, sich zu distanzieren. Das war eben so und gehörte zu den Dingen ihres Lebens, die sie nicht ändern konnte. Wenn die Menschen, denen sie etwas bedeutete, das nicht verstanden, war das eher deren Problem als ihres.
    Sie griff nach der Flasche und hielt in der Bewegung inne, als der Flaschenhals gegen ihr Glas stieß. Sie wartete, ob das Geräusch Harvey geweckt hatte. Ein Ohr zuckte, doch sein Kopf blieb auf ihrem Schoß.
    Maggie erinnerte sich, dass Kathleen ihr nach dem Tod des Vaters erzählt hatte, Daddy sei immer bei ihr und würde auf sie Acht geben.
    So ein Mist. Warum sagt man so etwas?
    Die Vorstellung hätte sie trösten sollen. Doch schon als Kind hatte sie sich gefragt, warum ihre Mutter sich dann so benahm, wenn es stimmte, dass Daddy ihnen zusah? Warum brachte sie Nacht für Nacht fremde Männer mit nach Hause? Bis sie dann ihre nächtliche Entspannung in Hotelzimmer verlegt hatte. Rückblickend wusste Maggie nicht, was schlimmer gewesen war, durch die papierdünnen Wände ihrer Wohnung zu hören, wie ein Fremder mit ihrer betrunkenen Mutter schlief oder als Zwölfjährige die Nächte allein zu verbringen?
    Was uns nicht umbringt, macht uns stark.
    Also war sie jetzt eine starke FBI-Agentin, die regelmäßig dem Bösen den Kampf ansagte. Warum war es dann so schwierig, Frieden mit ihrer Kindheit zu schließen? Warum machte die Erinnerung an Kathleens Trunksucht und ihre Selbstmordversuche sie immer noch so fertig, dass sie glaubte, sie nur mit Blick auf den Boden eines Scotchglases zu ertragen? Warum brachten Gedanken an die Zwölfjährige, die Hände voll Erde auf den glänzenden Sarg des Vaters warf, automatisch Gefühle von Trostlosigkeit und innerer Leere mit sich?
    Sie war einem Irrtum erlegen, ihre Vergangenheit längst bewältigt zu haben, vielmehr beeinträchtigte sie ihre Gegenwart. Warum sonst hätte die Lüge der Mutter sie derart aus der Fassung gebracht?
    Verdammter Mist!
    Maggie wusste, dass etwas in ihr zerbrochen war, auch wenn sie das

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