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Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele

Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele

Titel: Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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einem Seitenblick. Das Gesicht ihres Chefs war so stoisch wie immer, nur das Zucken eines Mundwinkels ließ auf Emotionen schließen. Sie folgte seiner Blickrichtung und sah die Reihe Uniformierter aufmarschieren und in Stellung gehen.
    O Gott, jetzt geht es los!
    Maggie zitterten die Knie, und erneut brach ihr kalter Schweiß aus. Sie wäre gern geflüchtet, doch Cunningham stand neben ihr und schien ihr Unbehagen nicht zu bemerken. Stattdessen nahm er Haltung an, während die Gewehre klickend in Position gebracht wurden.
    Maggie zuckte bei jedem Salutschuss zusammen und presste die Augen zu, um die Erinnerungen zu verdrängen. Sie hörte wieder die scheltende Warnung ihrer Mutter: „Wage nicht loszuheulen, Maggie! Das macht dein Gesicht nur rot und aufgedunsen.“
    Sie hatte damals nicht geweint, und sie würde es heute auch nicht tun. Verdammt, Delaney! hätte sie am liebsten geschimpft. Sie wusste schon lange, dass Gott einen grausamen Sinn für Humor hatte - oder die Menschen waren ihm einfach gleichgültig geworden.
    Die Menge teilte sich plötzlich, und ein kleines Mädchen kam in Sicht. Etwas strahlend Blaues in all dem Schwarz, wie ein kleiner blauer Vogel in einer Horde schwarzer Krähen. Maggie erkannte Delaneys jüngere Tochter Abby im königsblauen Mantel mit passendem Hut, geführt von ihrer Großmutter, Delaneys Mutter. Sie steuerten direkt auf sie und Cunningham zu und zerstörten Maggies Hoffnung, unbeteiligt zu bleiben.
    „Abigail kann nicht länger warten, sie muss zur Toilette“, erklärte Mrs. Delaney Maggie im Näherkommen. „Haben Sie eine Ahnung, wo die ist?“
    Cunningham deutete auf das Hauptgebäude hinter ihnen, verborgen durch eine kleine Anhöhe und umgebende Bäume. Mrs. Delaney warf einen Blick in die Richtung, und ihr rotfleckiges Gesicht wurde noch trauriger, als übersteige es an diesem Tag voller schwieriger Pflichten ihre Kräfte, noch einen Hügel zu erklimmen.
    „Ich kann sie hinbringen“, erbot sich Maggie, ehe ihr klar wurde, dass sie die am wenigsten geeignete Person war, ein kleines Mädchen zu trösten. Aber natürlich konnte sie die Kleine zur Toilette begleiten.
    „Ist dir das recht, Abigail? Gehst du mit Agentin O’Dell zur Toilette?“
    „Agentin O’Dell?“ Die Kleine verzog fragend das Gesicht, als sie sich umblickte, um die Person zu entdecken, von der ihre Großmutter sprach. Dann sagte sie plötzlich: „Ach, du meinst Maggie? Sie heißt Maggie, Grandma.“
    „Ja, tut mir Leid, ich meine Maggie. Ist es in Ordnung, wenn du mit ihr gehst?“
    Abby hatte jedoch bereits Maggies Hand genommen. „Wir müssen uns beeilen“, sagte sie, ohne aufzublicken, und zog Maggie in die von Cunningham gezeigte Richtung.
    Maggie fragte sich, ob die Vierjährige verstand, was hier geschah und warum sie auf dem Friedhof waren. Zugleich war sie erleichtert, dass ihre gegenwärtige Aufgabe nur darin bestand, gegen den Wind den Hügel hinaufzustapfen. Doch als sie das Gebäude erreichten, das die Reihen weißer Kreuze und grauer Grabsteine überragte, blieb Abby stehen, drehte sich um und sah zurück. Der Wind zerrte an ihrem blauen Mantel, und Maggie konnte sie zittern sehen. Sie spürte die kleine Hand ihre Finger pressen.
    „Alles in Ordnung mit dir, Abby?“
    Sie nickte zweimal, so dass ihr Hut wippte. Dann senkte sie den Kopf. „Ich hoffe, ihm wird nicht kalt“, sagte sie, und Maggie drückte es das Herz ab.
    Was konnte sie ihr erwidern? Wie sollte sie etwas erklären, das sie selbst nicht verstand? Sie war dreiunddreißig und vermisste ihren Vater immer noch und begriff bis heute nicht, warum er ihr entrissen worden war. Die klaffende seelische Wunde hätte längst heilen müssen, doch beim Klang eines dummen Hornsignals und beim Anblick eines in den Boden herabgelassenen Sargs brach sie auf.
    Ehe Maggie sie trösten konnte, blickte die Kleine zu ihr auf und sagte: „Ich habe Mommy gesagt, sie soll ihm eine Decke reinlegen.“ Offenbar zufrieden damit, drehte sie sich zur Tür und zog Maggie ins Gebäude, um die dringliche Aufgabe zu erledigen. „Eine Decke und eine Taschenlampe“, fügte sie hinzu. „Damit er es warm hat und im Dunkeln keine Angst bekommt. Nur bis er in Gottes Haus ist.“
    Maggie musste unwillkürlich lächeln. Vielleicht konnte sie von dieser weisen Vierjährigen einiges lernen.

7. KAPITEL
    Washington, D. C.
    Justin Pratt saß am Fuße des Jefferson Memorial, als müsste er seine Füße ausruhen. Ja, seine Füße waren wund, aber nicht deshalb

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