Magical
SMS , formten es im Klassenzimmer hinter dem Rücken des Lehrers oder auf den überfüllten Fluren mit den Lippen. Wir sagten es, wenn wir in Warners Auto knutschten und wir flüsterten es abends, kurz vor dem Einschlafen, in unsere Handys. Doch jedes Mal, wenn ich es hörte, fühlte ich das Gleiche: Es war, als würde in meinem Kopf ein Feuerwerk gezündet. Oder als wäre ich Jack, der Kürbiskönig aus The Nightmare before Christmas, als er Christmas Town entdeckt. Jemand liebte mich! Ich fühlte mich wie neu geboren, als hätte ich plötzlich etwas Eigenes, nachdem ich jahrelang nichts gehabt hatte. Es war schön, aber es machte mir auch Angst. Warner liebte mich, weil ich stark und klug war, aber meine Angst, ihn zu verlieren, sagte mir, dass ich keins vonbeidem war. Ich war schwach und hilflos. Zumindest fühlte ich mich die meiste Zeit so.
Da war noch immer die Sache, dass Warner Lisette begegnen würde. Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, aber eines Tages traf ich Kendra bei Starbucks – demselben Starbucks, in dem ich vor zwei Jahren mit Lisette und Courtney gewesen war. Ich erzählte ihr alles.
»Er wird sie kennenlernen, Kendra.« Ich nahm einen Bissen Streuselkuchen.
»Na und?«
»Na und? Er wird ihre Vollkommenheit sehen, und das war’s dann für mich.«
»Sei nicht albern. Vollkommenheit ist nervig.« Kendra nahm einen Schluck von ihrem Caramel Macchiato. »Warum glaubst du überhaupt, dass sie ihn haben will?«
Nun, das war ein tröstlicher Gedanke – er würde ihr nicht gefallen. Lisette wurde von Myriaden von Jungs umschwärmt. »Sie würde mir Warner aus reiner Gehässigkeit stehlen.«
Kendra verzog das Gesicht und sah ihr Getränk an. »Kalt.« Sie rieb die Hände an der Tasse, als würde das helfen. »Warner liebt dich, Emma. Das sehe ich ihm an seiner sommersprossigen kleinen Nase an. Es ist ihm ernst.«
»Ich denke schon.«
»Es stimmt. Lisette mag vielleicht eine Hexe sein, aber sie hat keine Macht über ihn. Er vergöttert dich.«
Ich lachte. »Vielleicht. Warum bestellst du dir keinen neuen?«
Kendra ignorierte mich und rieb noch immer ihre Kaffeetasse. »Und wenn ich mich irre und er was mit ihr anfängt …« Sie nahm die Hände von der Tasse und sah mich an.
»Was dann?«
Kendra nahm einen Schluck von ihrem dampfenden Kaffee. »Wenn er das tut, dann biegen wir das wieder hin. Ich helfe meinen Freunden immer.«
˜ ˜ ˜
Jeden Tag nach der Schule, wenn Lisette bei der Probe war, arbeiteten Warner und ich an meinem Baumhaus. Warner brachte einen Hammer, Nägel und eine Säge mit und wir schliffen, sägten, klopften und strichen es schließlich an, bis es in seinem alten Glanz erstrahlte. Doch selbst während wir damit beschäftigt waren, verfolgte mich der Gedanke, dass Warner Lisette treffen würde. Ich dachte beim Schleifen daran und hätte mir fast ein Stück Finger abgeschmirgelt. Ich dachte beim Hämmern daran, und der Gedanke pochte in meinem Schädel. Warner würde Lisette mehr mögen. Jeder würde das.
Ich wollte fast schon nicht mehr zu der Aufführung gehen, wollte nicht sehen, wie es geschah. Doch ich wusste, dass ich nicht so einfach aufgeben durfte. Ich musste versuchen, ihn zu halten.
Noch zwei Tage. Ich kam mir vor, als erwarte mich meine eigene Hinrichtung. Aber das war dumm. Warnersagte, dass er mich liebte. Wie konnte ich ihn ebenfalls lieben, wenn ich gleichzeitig so wenig Vertrauen zu ihm hatte?
Am Freitagnachmittag beendeten wir unser Projekt. Das Baumhaus war jetzt wieder dunkelgrün, passend zu den Bäumen. Es war von einem stabilen Zaun umgeben. »Für mehr Privatsphäre«, sagte Warner. Er reichte mir die Leiter hoch, dann stellte er sich an den Fuß des Baumes und rezitierte:
Doch still, was schimmert durch das Fenster dort?
Es ist der Ost, und Emma die Sonne! —
Geh auf, du holde Sonn! Ertöte Lunen,
Die neidisch ist und schon vor Grame bleich,
Dass du viel schöner bist, obwohl ihr dienend.
Romeo und Julia! Wir hatten das Stück letztes Jahr im Literaturunterricht gelesen. Ich nehme an, dass Warner es auch an seiner alten Schule durchgenommen hatte. Warner stieg die Leiter hinauf. Ich kicherte. Er fuhr fort:
O da sie neidisch ist, so dien ihr nicht!
Nur Toren gehn in ihrer blassen, kranken
Vestalentracht einher; wirf du sie ab!
Sie ist es, meine Göttin, meine Liebe!
Er kam oben an und stand vor mir. »Du bist so schön, Emma.«
Ich lachte. »Schön? Du findest mich schön?«
Er sah mir in die Augen. Ȇberrascht dich
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