Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Flüstern der Stimmen wurde lauter. Uralte Sprachen. Die Lippen des Mädchens bewegten sich und über ihre Wange rann eine Träne.
»Du musst zur Besinnung kommen Kind. Der Wahnsinn hat von dir Besitz ergriffen«, rief Tamin ihr zu. Für Sekunden konnte Filyma sehen, wie das Gelb in Cashimaés Augen einem Rot wich und dann plötzlich wieder wechselte. Was eben noch so schmerzvoll und leidend ihr Gesicht gezeichnet hatte, wurde nun von einem dunklen Schatten überzogen.
»NEIN!« Filymas Ruf ging ins Leere, so wie ihr Versuch das herumwirbelnde Mädchen aufzuhalten. Cashimaés Schrei, aus tiefem Zorn geboren, fegte über den Platz und mit ihm die Magie. Der Sand fegte vom Boden in die Luft und jagte auf die Kreismitglieder zu. Die Kraft brachte sie alle zu Fall, prallte auf die Hallen Natriells und die umliegenden Häuser. Ein lautes Klirren erklang und dann zersprangen die Scheiben wie von unsichtbarer Hand zerschlagen in Abertausende funkelnde Splitter. Sie regneten auf den Boden nieder und spiegelten das Licht der Sonne. Zurück blieb einzig die Stille.
Cashimaé sog die Luft tief in ihre schmerzenden Lungen ein. Ein Rasseln erklang und sie schwankte einen Schritt zurück, ehe sie ihren Körper wieder unter Kontrolle hatte.
Tamin kam ebenfalls wieder auf die Füße. Kurz sah er sich um und entdeckte endlich, was er suchte. Er sah wieder zu Cashimaé. »Komm zur Besinnung. Der Kreis wird dir eine Familie sein. Wir nehmen dich mit offenen Armen in unserer Mitte auf.« Auf dem Boden bildete sich ein Ring aus Feuer. Es loderte heiß, bereit, alles um sich herum zu vernichten. Neben Tamin trat der Kreisführer Liyiells. Er schaute sie an und hob dann ein wenig die Hände. Sein Blick zeigte keine Anstrengung, allein die Bewegung reichte aus und die Flammen brachen in sich zusammen. »Der Tod ist kein guter Begleiter.« Es war nicht ganz deutlich, an wen er diese Worte gerichtet hatte. Er näherte sich bis auf drei Armlängen. Das Mädchen beobachtete seine Bewegungen misstrauisch.
Um sie herum kräuselte sich der Boden. Die Sandkörner begannen zu tanzen und dunkle Nebel zogen aus dem Boden.
Dann blieb Savinama einfach stehen. Sie musterte seine kräftige Statur, die grauen Haare, die noch leicht dunkle Ansätze, im Nacken zu einem Zopf geflochten. Die warmen bernsteinfarbenen Augen. Sein Blick fiel auf ihre Brust. »Ich dachte, es sei für immer verloren.« Ihre Hand schnellte nach oben und ihr wurde bewusst, dass er das Medaillon meinte. Seine Stimme bekam einen traurigen Ton. »Weißt du, Cashimaé. Ich schenkte es damals jemandem, der den Tod fand. Er war ein junger Mann. Etwa dein Alter. Ich fürchte mich, wenn ich die Erinnerung auf deiner Brust sehe!« Ihre Haltung ging wieder auf Abwehr. »Lügen, alles Lügen. Barshim hat es mir geschenkt. Es ist meins!«
Er nickte. »Aé. Ich sehe in deinen Augen keinen Wahnsinn, ich sehe nur Angst und Einsamkeit. Sie sind ein Spiegel deiner Seele und sie sagen mir, dass sie schon zu viel sahen.« Es klang so ehrlich, als wenn er sie verstehen konnte.
»Keiner kann verstehen…« Cashimaé unterbrach ihre eigenen Worte. Ein neuer Wind kam auf. Nicht kalt, wie eben noch, sondern sanft zog er durch die Luft und brachte ein Blütenblatt mit sich, das auf der ausgestreckten Hand des Magiers liegen blieb. »Besser als du denkst. Die Elemente sind ebenso ein Teil von mir, wie von dir und Barshim.« Ungläubig streckte sie die Hand vor. Noch ein Elementar-Magier? Wie konnte das sein?
Sie bemerkten das Grollen um sie herum nicht, als der Sand sich hinter ihnen in den dunklen Schatten manifestierte. Ein Fauchen erklang und das leise Heulen vermischte sich mit der Luft und stieg an. Das Mädchen war völlig in sich gekehrt. Die Wärme, die dieser Mann ausstrahlte, fühlte sich an wie ein Zuhause. Sie sah ihn direkt an und ihre Augen wurden sanft wie das Leuchten einer Wiese. »Wir wollten doch nur leben«, schluchzte sie.
»Aé, ich weiß!«
Filymas schrei zerriss den Zauber, der die Zwei umgab. Zerriss das Schweigen und mit diesem Laut drang das Heulen zu ihnen durch. Cashimaé konnte das Entsetzen in den Augen des Kreisführers erkennen. »Filyma, tu das nicht!«
Cashimaé wirbelte bei seinem Ausruf herum. Hinter ihr erhob sich eine Wand aus Schwärze und in sich windende Wirbel. Die Shalas. Sie türmten sich auf, um wie eine Welle zu brechen und auf sie zuzukommen. Vor ihr blieb Filyma stehen, die direkt darauf zu gerannt war und hob die Hand. Als der Schatten sie
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