Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Augen, die ihr kleines Herz schmerzvoll in der Brust schlagen ließen. Doch noch ehe sie den Gedanken der Flucht ergreifen konnte, stob das Monstrum höher, um dann wie eine Lawine auf ihr niederzubrechen. Es war, als würde man ihren Geist fortreißen. Ihr Kopf explodierte, während ihr Körper wie in Eis erstarrte und doch gleichzeitig zu verbrennen schien. Ihr gepeinigter Schrei ging darin unter wie ein Häufchen Asche, das man auf der Meeresoberfläche verstreute.
»Cashim!«
Cashimaé hörte Shorbos Rufe nicht. Sie konnte nicht sehen, dass Filyma alle Kraft brauchte den Kreisführer zurück zu halten. Gefangen in einem Strudel, der die Zeit ausradierte und damit die Welt, die dort draußen war. Hier galt nur ein Gesetz, das Gesetz des Sterbens.
Cashimaé hatte das Gefühl in tiefer Dunkelheit zu schweben, losgelöst und allein. Doch es war keine Freiheit. Es war kalt und leer. Wie der Tod, ohne wirklich tot zu sein. Schmerzen im Geiste.
- Wer bist du? -
Keine Antwort erreichte ihren gequälten Geist. Da war Nichts und doch Etwas. Dunkelheit. Nur langsam verstand sie, dass das Leben im Begriff war, sie zu verlassen. Es sickerte durch ihre Poren, wie durch ein löchriges Sieb. Unaufhaltsam.
Sie wollte nicht gehen, nicht jetzt. Gerade hatten sie und Barshim zueinander gefunden und das sollte auseinander gerissen werden? Ein Wimmern entrann ihrer Kehle. Sie erinnerte sich an das Wasser. Der Laut rann über ihr Kinn, sammelte sich dort, um dann wie ein Tropfen in die Schwärze zu fallen. Er berührte die Oberfläche in der Leere und kleine Kreise lösten sich aus diesem Nichts und bewegten sich in Wellen fort.
- Bringe Wasser zum Schweigen -
, hörte sie leise Stimmen wispern.
NEIN. Sie wollte nicht gehen, nicht SO, nicht JETZT.
Sie sammelte ihre letzte Kraft, tauchte für wenige Momente zurück in die Wirklichkeit, sah alles wie aus weiter Ferne. Die blauen Steine in ihrem Medaillon leuchteten auf.
- Wasser zum Schweigen -
In Zeitlupe hob sie den Kopf, während der Wind das lange Haar zurück peitschte.
- Ewigkeit wird zu einer Grenze, wenn man ihr einen Namen gibt -
, hallte es durch sie hindurch.
»Ich bin namenlos«, entließ ihr Geist den Satz aus ihrem Mund, ohne dass es wirkliche Gedanken waren. Willenloses Werkzeug des eigenen Körpers.
»Ecaés nonvera!« Die Worte tönten kleinen Glocken gleich. Ein Ton aus goldener Farbe, der vor ihrem Mund schwebte und dann in die Wirbel gerissen wurde. Er vermischte sich mit der grauen Substanz, stob durch ihn hindurch, entzog sich seiner wirbelnden Macht und durchbrach die Schatten mit der ganzen Kraft des Lichtes. Ließ es auseinander klaffen, als würden kleine Dolche hinein gestoßen werden.
–
Nuavera
– und mit letzter Kraft riss Cashimaé den Kopf zurück, schrie gellend ihren Schmerz hinaus und damit ihre ganze Magie und Kraft, die sie noch besaß. Schleuderte sie der Vernichtung entgegen, dass die Dolchstöße sich zu einem einzigen Schwerthieb verbündeten. Er zerfetzte den Sturm aus Staub. Schleuderte ihn über den Platz, fegte durch die Gassen und zwang die Lebewesen, die er berührte, zu Boden.
Doch so schnell er gekommen, so schnell war alles vorbei.
Stille lag über dem Platz. Tamin hustete und spuckte Sand. Er konnte gerade noch sehen, wie Cashimaé noch in Trance die Arme sinken ließ, in Zeitlupe vom Pferd rutschte und zu Boden fiel.
Der Shala war fort, nur der Sand, der wie ein Sommerregen zu Boden rieselte zeugte noch von seiner Anwesenheit.
Filyma ließ Shorbo los und rannte zu der Gefallenen. Die Magistratera kniete sich neben sie, zog ihren Umhang aus und wollte ihn gerade über die reglose Gestalt legen, als sie stutzte. Cashimaé lag auf der Seite, das Haar fiel ihr ins Gesicht. Ganz langsam hob und senkte sich die Brust des Mädchens.
Mit einem überraschten Ausdruck berührte die Kriegerin zaghaft den Geist. Ihrer Fassungslosigkeit wich Freude.
»Meine Güte, sie lebt.«
»Was?« Tamin kam stolpernd auf die Füße und eilte an der toten Kopfblinden vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Neben Filyma blieb er stehen.
»Wenn ich es dir doch sage.« Mit weit aufgerissenen Augen starrte er das Mädchen an »Das ist unglaublich, wie kann das sein? Sie dürfte nur noch eine leere Hülle sein. Du musst dich irren.« Er brach ab, als auch er die flachen Atemzüge bemerkte. Vor ihnen lag ein junges Mädchen, das ihre ganze Kraft aufgeopfert hatte, um dem Leben noch nicht Lebewohl zu sagen. Die zeigte, was ein Wille
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