Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Stimmen des Wassers, versuchte das Bild der Klippen heraufzubeschwören. Nichts davon gelang. Leise wimmerte sie im Schlaf und rollte den Körper schützend zusammen. Einsamkeit. Weitab der Heimat. Barshim war nah, vielleicht nur ein Zelt weiter, und doch so fern. Es gab nichts, woran sie sich halten konnte und ihre Brust schmerzte gefangen im Schlaf.
Als sie erwachte, fühlten sich ihre Lippen und ihr Hals trocken und rau an. Durst war etwas, was sie in dieser Form nicht kannte, seit sie ein einfacher Mensch war. Nicht einmal Tamin hatte sie so schlecht behandelt und ihr Wasser vorenthalten. Ein neues Gefühl machte sich breit. Verzweiflung. Cashimaé dachte wieder an Barshim. Sie hatten sich geschworen, nie wieder getrennt zu sein und jetzt wagte ein dummer Mensch, ihren Schwur mit Füßen zu treten? Sie holte aus, trat mit aller Gewalt gegen den Pfahl. »Das ist nicht fair!« Erneut holte sie aus. Das ganze Zelt wackelte leicht. »Nicht fair.« Es war die Kraft der Verzweiflung, die sie antrieb.
Die Wache kam herein. »Verdammtes Weibsbild, bist du verrückt geworden? Hör auf damit!«, brüllte er die junge Frau an. Sie hörte aber nicht. Er sprang auf sie zu, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie heftig. Doch plötzlich hielt sie in der Bewegung inne, riss die Augen auf und rang keuchend und hustend nach Luft. Ein Schmerz schoss durch ihren Körper, hinauf in den Kopf: Die Umgebung verschwamm. Sie krallte sich an den Pfahl, um den Halt nicht zu verlieren.
»Was ist mit dir?« Erschrocken ließ der Mann sie los und wich einen Schritt zurück. Ihr eigenes Gewicht wog wie Felsen auf ihren Schultern und zwang sie nieder. Sie spuckte Blut auf den Boden. Entsetzen spiegelte sich auf dem Gesicht des Mannes wieder.
- Greift ihn an und du greifst mich an -
Die Worte, die sie Mineshka ins Gesicht geschleudert hatte. Heute war der Tag, an dem Cashimaé begriff, wie wahr diese Worte waren. Voller Panik öffnete sie ihren Geist. Wie konnte das sein? Sie hatte es niemals so gespürt, so nah und brutal wie jetzt. Sie war nur ein Mensch, warum spürte sie es überhaupt? Cashimaé versuchte, Barshims Ströme zu erreichen. Alle hier waren nur verdammte Menschen, die nichts außer zu viele Gefühle in sich trugen, mit denen sie nicht umgehen konnten. Keiner von ihnen konnte einem Magier so gefährlich werden, dass er dessen Energiefluss angreifen konnte.
Jetzt spürte Cashimaé ein leichtes Flackern, das einer erlöschenden Kerze glich. Wie sehr flehte sie jetzt nach ihrer Magie. Stolpernd kam sie auf die Füße. »Mach mich sofort los!«, kreischte sie den völlig überrumpelten Wachmann an, der sich auf den Hacken umdrehte und hinaus schoss. Er rannte über den Platz. Ein helles Leuchten, das sich ausbreitete und dann verschwamm, irritiert ihn, doch er ließ sich nicht aufhalten und seine Füße machten keine Sekunde Halt. Er fand seinen Anführer in der Nähe der neuen Gebäude. Neben ihm auf dem Boden lag zusammengerollt Barshim.
»Herr!«, rief der Wachmann.
Torben sah hoch, noch immer fasziniert von dem, was er eben gesehen hatte. Er hasste Störungen, egal welcher Art. »Was?«, fauchte er seinen Untertan an, der zusammenzuckte. Torben galt als unberechenbar. Aber der junge Wachmann hoffte, keinen Fehler zu begehen. »Ich hoffe, es ist wichtig.«
»Eine der Gefangenen, die Frau…«
»Will sie ein Bad nehmen?« Torben lachte laut. »Oder mich schlagen, mich beißen, das Bett mit mir teilen?« Purer Spott kam über seine Lippen.
»Nein, sie ist zusammengebrochen.«
Der Anführer winkte ab. »Und wenn schon. Gib ihr etwas Wasser!« Torben richtete seine Aufmerksamkeit schon wieder auf den am Boden liegenden Mann, der kaum merklich eine Hand bewegte.
»Aber«, wagte der Wachmann zu erwidern, »die mit den braunen Haaren hat ohne Grund angefangen, sich wie eine Furie aufzuführen, geschrien und Blut gespuckt. Ich schwöre, ich habe sie nicht angefasst! Bei allen Heiligen dieser Welt, nein, das habe ich nicht.«
Torben mustere den in Leder gekleideten genauer. Sollte seine Wache etwa im Dienst getrunken haben? Die Angst, die ihm ins Gesicht geschrieben stand, sprach etwas anderes. Endlich zuckte der Anführer mit den Schultern. »Bring das dumme Ding her, mich verlangt es sowieso nach etwas Spaß, wahrscheinlich hat sie sich nur selber verletzt.«
Der Wächter nickte und Torben wandte sich Namaste zu. »Geht es wieder?« Der selbsternannte Magier nickte zaghaft. In seinen Händen hielt er einen weißen
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