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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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Aber plötzlich wurden die Schatten der Nacht tiefer und dunkler. Bis auf wenige Meter Entfernung verschmolzen die Gesteinsschollen miteinander. Auch die Sterne am Himmel dämpften ihr Leuchten, und das Feuer am Fuhrwerk verschwand in völliger Finsternis. Eine dumpfe Schwäche wollte ihn zu Boden ziehen.
    »Nairod!«, rief jemand durch die Schwärze, und sie wich so schnell, wie sie gekommen war. Die Sterne schienen hell auf eine Gestalt dicht vor ihm. Er hob den Knüppel – und ließ ihn wieder sinken.
    »Wer bist du? Woher kennst du meinen Namen?«
    »Ich kenne deinen Namen, weil du ihn mir genannt hast, als wir uns kennengelernt haben. Das ist schon ein paar Monate her.«
    Im nächsten Moment schalt er sich selbst einen Narren.
    Die vage Silhouette verwandelte sich in eine Mädchengestalt. Ein Rock, der bis zu den Knien reichte. Ein viel zu voll gestopfter Rucksack.
    »Lenia?« Er schüttelte fassungslos den Kopf. »Fast hätte ich dir eins mit meinem Totschläger übergezogen.«
    »Ich hätte mich schützen können, mit einem Schildzauber. Schon in Ordnung.«
    »Schon in Ordnung? Nichts ist in Ordnung. Was machst du hier?« Er ließ seine Waffe sinken. Knirschend rieb sich der Kopf an den Felsen, als Nairod sich auf das Ende des Griffs stützte. »Ach, ich hätte es wissen müssen. Deswegen hast du mich einfach gewähren lassen.«
    »Eigentlich dachte ich, ich hätte mich ziemlich angestrengt.« Sie hakte die Daumen hinter die Trageriemen ihres Rucksacks. »Aber jetzt bin ich jedenfalls hier.«
    »Wie bist du dem Wagen hinterhergekommen?«
    »Hinterher? Ich war schon nach einer halben Stunde vor euch. Die Straße macht umständliche Windungen, aber zu Fuß kann man geradeaus übers Land.« Sie lächelte. »Deswegen bin ich hier.«
    Er schnaubte. »Das sehe ich. Du willst also mit zu dem Mann, den du für längst verstorben hältst und der uns wahrscheinlich sowieso nicht helfen kann? Na, komm. Ich kann dich sowieso nicht aufhalten.«
    Er ging voran zum Lager.
    Der Händler lag neben einer glimmenden Feuerstelle in seinem Schlafsack. Lenia errichtete sich daneben mit einem eigenen Schlafsack ein Lager.
    »Dann werde ich ihm morgen erklären müssen, wieso wir nun eine Mitreisende haben«, sagte Nairod mit Blick auf den schnarchenden Alten.
    Lenia hielt inne beim Ausrollen ihres Schlafsacks. »Willst du nicht vielleicht vorher selbst hören, wieso ihr nun eine Mitreisende habt?«
    »Nein.« Nairod rieb sich die Augen. »Ich bin müde, und es ist mir sowieso egal.«
    Kurz darauf lag er in seinem Schlafsack, und der dicke Stoff hüllte ihn mit seiner wohligen Wärme ein. Die letzten Stückchen glimmendes Holz warfen ein schwaches Glühen auf Lenias Gesicht. Nairod schloss die Augen, aber nach einer Weile öffnete er sie wieder. Lenia sah ihn an.
    »Mach endlich die Augen zu«, sagte er.
    »Selber«, entgegnete sie.
    Er drehte sich zur Seite, so dass er nur noch die finsteren Berge im Blick hatte und das schwache Knistern des Feuers im Ohr.
    »Nairod?«
    »Hm?«
    »Was war das für ein Schatten da vorhin?«
    Er drehte sich halb zu ihr um. »Keine Ahnung. Wovon sprichst du?«
    »Als wir uns begegnet sind. Da ist es für einen Moment dunkel geworden. Das ganze Land war voller Schatten.«
    »Klar, es ist Nacht. Da ist die Welt eigentlich ein einziger Schatten. Denk mal drüber nach, das kannst du doch so gut.«
    Ein Moment Schweigen.
    »Das habe ich nicht gemeint, Nairod.«
    Er schloss die Augen.
    Ich weiß , dachte er.

Kapitel 11:
DER BRENNENDE TOD
    Raigar schloss seine eiserne Faust um Vicolds Arm und riss ihn zurück. Der Messermann stürzte hintenüber in die feuchten Tannennadeln. Vor ihm stand der Adelsjunge, stocksteif und mit großen Augen. Die Hände krampfte er um etwas zusammen, das ein Buch sein konnte. Unter einem schmutzigen Reisemantel trug er einen zweiten, weißen Mantel, auf dessen Knöpfen im schwachen Licht Edelsteine funkelten. Auch an den Schnallen seiner Schuhe blitzte es.
    Raigar stand ihm für lange Sekunden gegenüber.
    Inzwischen rappelte Vicold sich auf, dass die Tannennadeln spritzten.
    Von hinten brachen die Schatten der restlichen Männer durchs Dickicht.
    »Du hast nicht wirklich versucht, diesen Jungen zu töten, oder?«, fragte Raigar. »Sag mir, dass es nicht so ist, wie es aussieht.«
    Schnaubend und spuckend kam Vicold wieder auf die Beine, die Messer noch immer in den Händen. »Ich sag dir, wie es ist: Diese Leute sind unsere Feinde. Es sind genau die, die unseren Tod beschlossen

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