Magie
voller Hoffnung und Ehrfurcht an. Als er die Arme hob und abermals ausbreitete, schrien die Menschen ihm ihre Zustimmung entgegen.
»Was sagen die Männer und Frauen von Kyralia zu diesem Vorschlag?«, rief der König. »Werdet ihr uns helfen?«
Die Antwort war eine Mischung aus Zustimmung und Jubel.
»Werdet ihr euch selbst helfen?«
Neuerlicher Jubel erklang, noch lauter diesmal.
»Dann kommt und gebt eure Stärke jenen, denen es obliegt, euch zu schützen.«
Die Menge geriet in Bewegung. Dakon sah, dass Sabins Lächeln einem Ausdruck des Erschreckens wich. Einige Schritte von dem Karren entfernt prallte die Woge von Menschen gegen eine unsichtbare Barriere. Aber es schien ihnen nichts auszumachen. Ungezählte Arme wurden ausgestreckt, die Handgelenke nach oben gedreht.
»Ja! Oh ja!«, erklang eine Stimme neben ihm. Dakon drehte sich um. Narvelan betrachtete die Menge, und seine Augen leuchteten beinahe hungrig. Er sah Dakon an. »Wie können wir jetzt noch unterliegen? Selbst wenn Takado die Diener findet... Wie könnten sie es mit dem aufnehmen, was wir hier haben? All diese Menschen, die uns anflehen, ihre Macht zu nehmen. Der König... ich hatte ja keine Ahnung, dass er sich so gut auf diese Dinge versteht.«
»Er hatte wahrscheinlich auch keine Ahnung«, bemerkte Dakon. »Schließlich musste er diese Fähigkeit bislang noch nie einsetzen.«
»Das ist richtig«, pflichtete Narvelan ihm bei. »Aber wenn das das Ergebnis einer guten Ausbildung ist, möchte ich seinen Lehrer in Dienst nehmen.«
Dakon lachte leise. Sabin richtete nun das Wort an die Magier und erklärte ihnen, wie sie sich formieren sollten, um die Macht der Menschen entgegenzunehmen. Dakon wurde schlagartig wieder nüchtern. Sie würden zügig zu Werke gehen müssen, bevor Zweifel und Ungeduld die Begeisterung der Menschen dämpften.
Und wir haben keine Ahnung, wie viel Zeit uns bleibt, bevor die Sachakaner eintreffen, um uns den Rest zu geben.
Die Vorstellung, Macht von Hunderten gewöhnlicher Männer und Frauen zu nehmen, hatte Jayan anfangs mit solchem Unbehagen erfüllt, dass er sich zu jedem Schritt des ein wenig vereinfachten Rituals hatte zwingen müssen. Die Freiwilligen
waren zuerst nervös gewesen, aber sobald die Menschen hinter dem ersten Mann sahen, dass dieser anschließend die Achseln zuckte und grinsend davonging, entspannten sie sich und begannen, miteinander zu plaudern.
Alle Magier hatten sich in einer breiten Reihe aufgestellt. Die wogende Menge stand ihnen gegenüber, und sobald ein Platz frei wurde, trat der Nächste vor. Fast alle der Männer und Frauen, die zu Jayan kamen, murmelten ihm ermutigende Worte zu.
Er nickte jedes Mal und versicherte den Menschen, dass er alles in seiner Macht Stehende tun würde. Außerdem bedankte er sich bei ihnen. Unter der Höflichkeit brodelte in ihm jedoch ein Gefühl von Dringlichkeit. Eine Anspannung, die ihn dazu getrieben hätte, ständig über seine Schulter zu blicken, hätte er über die Grenzen der Stadt hinausschauen können.
Der König war an der Reihe der Wartenden entlanggeschritten und hatte den Menschen gedankt und sie ermutigt. Jayan sah die Familien von Magiern, die hergekommen waren, um sie zu begrüßen und ihre Erleichterung darüber zum Ausdruck zu bringen, dass sie noch lebten. Er sah auch die Trauer jener, die gekommen waren, nur um erfahren zu müssen, dass Menschen, die sie geliebt hatten, umgekommen waren. Sein eigener Vater und sein Bruder erschienen nicht. Es hätte ihn auch erstaunt, wenn sie sich anders verhalten hätten.
Während der Tag sich dahinzog, beschlich ihn eine gewisse Erschöpfung; er hörte auf, sich Gedanken zu machen, und richtete seine ganze Aufmerksamkeit stattdessen auf die Aufgabe, Macht zu nehmen. Gesicht um Gesicht erschien und verschwand wieder. Er bemerkte es nicht länger, ob die Arme, die sich ihm hinstreckten, schmutzig oder sauber waren, ob sie mit Lumpen oder feinem Tuch bekleidet waren. Aber dann ließ ihn ein besonderes Paar sehr dünner Arme innehalten, und er schaute sich den Freiwilligen vor ihm genauer an.
Ein Junge von nicht mehr als neun Jahren erwiderte seinen Blick.
Hinter dem Jungen standen nur noch wenige Freiwillige, sodass er zwischen ihnen hindurch zum Rand des Platzes
schauen konnte, wo sich eine Menschenmenge versammelt hatte, die darauf wartete, dass die letzte Schlacht begann. Über allem lag das fahle Licht der Abenddämmerung. Der Tag war vorüber. Er hatte Durst. Mikken hatte ihm
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