Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)
Tür zufallen. Niemand zugegen, und das Wetter schien zu halten. Es hatte auch etwas gutzumachen, denn die Woche davor war ein Albtraum gewesen. Schneestürme waren über das Land gefegt, so heftig wie nie zuvor. Einer von Tostes Arbeitern war gestorben. Der arme Tropf hatte sich verirrt und war im Wald erfroren.
Lorgyn atmete die frische Luft, und seine Müdigkeit – immerhin hatte er den ganzen Tag geübt – verflüchtigte sich.
Entschlossen schritt er aus, hielt sich jedoch abseits des Weges. Er wirkte einen Zauber der Klarsicht. Eine grüne, für den normalen Menschen unsichtbare Linie zog sich quer über den Friedhofsweg, und ein paar Meter vor der Tür zum Haus verlief eine rote. Passierte jemand diese Markierungen, erstrahlten im Haus Lichtzauber: ein grüner, dann ein roter. Arlo blieb somit genug Zeit, sich im Keller zu verstecken. Zur Sicherheit begleitete den grünen Blitz das Klingeln von Rasseln, den roten das überlaute Schlagen eines Gongs, ein Lärm, der jeden noch so tief Schlafenden weckte. Hörbar waren die Geräusche nur im Haus.
Zufrieden ging er weiter. Als letzte Absicherung gab es eine blaue Linie direkt vor der einstigen Kellerluke, falls jemand das Haus sozusagen durch den Hintereingang betrat. Die Maßnahmen waren narrensicher.
Als er die leichte Biegung verließ, die zum Dorf führte, kam ihm jemand entgegen. Die Gestalt schlug die Kapuze zurück. Wallend schwarzes Haar floss über schmale Schultern.
Laris.
Lächelnd lief sie auf ihn zu.
Lorgyn blieb stehen, in seiner Brust der Schmerz widerstreitender Emotionen: einerseits Freude, Laris wiederzusehen, andererseits eine leise Furcht. Er wusste nicht, wie er zu ihr stehen sollte. Er mochte sie, ja, aber Liebe? Er begehrte sie, ja, aber war das genug?
Laris blickte über ihre Schulter, dann warf sie sich in seine Arme.
»Ich habe dich vermisst«, flüsterte sie und küsste ihn.
Er ließ es zu, sagte jedoch: »Wir haben abgemacht, uns nicht bei Tageslicht zu treffen.«
»Ich kann einfach nicht anders!«
»Was ist mit Gerom?«
Laris hatte ihm erzählt, dass ihr Vater sich seit einiger Zeit sonderbar verhielt, wortkarg war und gereizt. Lorgyn hoffte, dass ihm nur das Wetter aufs Gemüt schlug, fürchtete jedoch, dass er ihre Liebschaft spitzbekommen hatte.
Auch kein Wunder , dachte er verstimmt, wenn sie mir am helllichten Tag um den Hals fällt.
»Unverändert«, seufzte Laris.
Lorgyn nickte. Bereits vor eineinhalb Wochen, als Lorgyn das Holz für seinen Keller bei Gerom abgeholt hatte, gebärdete sich dieser so knurrig und unfreundlich wie ein Eisblock, dem man eröffnet hatte, man wolle ihn ein paar Tage in die Sonne stellen.
Er ahnt etwas, da gibt es kein Vertun.
Laris blickte zum Haus. »Warum muss Arlo bei dir wohnen?« Sehnsucht brannte in ihren Augen. »Ich will dich, Lorgyn!« Ihre Stimme klang heiser. Sie fuhr mit der Zunge über seinen Hals. Zu seiner Verärgerung reagierte sein Körper sofort. Ihre Hand legte sich auf seinen Bauch, ehe sie zu den Verschnürungen seiner Hose glitt.
Die Lippen zusammengepresst, drückte er sie weg, sanft, aber unmissverständlich. »Bist du verrückt? Sollen wir es hier im Freien tun? Was stellst du dir nur vor?«
»Tut mir leid … Ich halte diese elende Heimlichtuerei nicht mehr aus!«
Er seufzte und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. »Sobald Durlum vorbei ist und der Pass eisfrei, sehen wir weiter.«
Laris nickte, doch ihre Lippen zitterten.
»Heute Mitternacht an der Scheune«, wisperte er in ihr Ohr.
Ihre Augen erstrahlten wie Sternenlicht. »Ich werde da sein!« Sie küsste ihn noch einmal, ehe sie sich herumdrehte und davoneilte.
Lorgyn wartete, bis sie verschwunden war, und machte sich auf den Weg zu den Heilenden Quellen.
Auf der flachen Kuppe blieb er stehen und ließ den Blick über die schneebedeckten Dächer schweifen, bis er auf Iros’ Gnade zu ruhen kam. Seitdem Aluna ihm klargemacht hatte, sie wolle ihn nicht wiedersehen, hatte er die Quellen ihrem Wunsch gemäß gemieden. Abgelenkt und beansprucht von seinem Bestreben, Körper wie Geist zu schulen, war ihm dies mühelos gelungen. Auf lange Sicht jedoch lag jener Abend zu grell und kantig in seinen Erinnerungen verankert, jener Abend, an dem er in Alunas Zimmer gesessen und bis nach Mitternacht auf sie gewartet hatte.
Verflixt, wo war sie gewesen?
Diese Frage ließ ihn nicht los – auch wenn es eine Reihe völlig harmloser Erklärungen dafür gab: eine Snorg-Runde zum Beispiel oder ein
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