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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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haben. Dass der Ring für mich der Schlüssel zur Welt der Magie sei. Aber der Gedanke kommt mir nicht richtig vor. Mittlerweile neige ich eher zu der Annahme, dass es sich tatsächlich um einen Schlüssel im buchstäblichen Sinne handelt. Dass er vielleicht eine Truhe mit Geheimnissen des Ersten Lordmagiers öffnet oder eine Tür zu einem verborgenen Trakt der Guildhall. Leider wird es uns schwerfallen, das im Augenblick nachzuprüfen. Eines jedenfalls ist klar: Dunholm wollte nicht, dass der Ring in die Hände der Männer fällt, die ihn umgebracht haben. Er wollte nicht, dass der Franzose oder, wahrscheinlicher, Wellington diesen Schlüssel für sich nutzen können.« Es war das erste Mal, dass er mit jemandem darüber sprach, seit dem Abend in Holmes’ Arbeitszimmer. Und obwohl er Kendra kaum besser kannte als den Rest seiner Gefährten, fühlte es sich irgendwie richtig an, dieses Geheimnis mit ihr zu teilen – zumal sie ohnehin schon von dem Kleinod wusste, seit sie es im Keller der Unteren Guildhall vor den suchenden Blicken Hyde-Whites verborgen hatte.
    »Darf ich ihn mir mal anschauen?«, bat die junge Frau. »Ich hatte noch überhaupt keine Gelegenheit zu sehen, was ich da eigentlich vor diesem Metallungeheuer geschützt habe.« Offensichtlich erinnerte sie sich an den Moment ebenso wie er.
    Im Schutze der Tischplatte spreizte Jonathan die Finger und präsentierte Kendra den Ring. »Ich vermag ihn leider nicht abzunehmen. Er sitzt magisch fest, und da ich nicht einmal imstande bin, eine Teetasse schweben zu lassen, versuche ich erst gar nicht, dieses Fadengespinst zu lösen.« Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ihm klar wurde, dass sie nicht stimmten. Er wusste , wie man eine Teetasse in die Luft hob und sie dort hielt. »Warten Sie einen Moment«, murmelte er mit gelinder Verwirrung.
    Er wechselte in die Wahrsicht, und es fiel ihm so leicht, dass er zunächst gar nicht bemerkte, dass es ihm gelungen war. Die glitzernde Welt der Magie öffnete sich ihm mit einer Beiläufigkeit, als habe er einen Vorhang vor einem Fenster beiseitegezogen. Überrascht sog er die Luft ein.
    »Ist alles in Ordnung?«, wollte Kendra wissen.
    Jonathan hob die rechte Hand, verband seine Fäden mit denen der Wasserkaraffe, die vor ihm auf dem Tisch stand, und zog sie dann zusammen. Mit leisem Schaben wurde die Karaffe über das Holz und in seine ausgestreckten Finger gezogen. »Ob alles in Ordnung ist?«, echote er mit zunehmender Fassungslosigkeit. Er blickte auf und schoss aus seinen Augen ein dünnes Fadenbündel auf den kleinen Kronleuchter an der Decke ab. Der Lichtspender fing an zu schaukeln, als habe er ihn mit seinen Händen angestoßen.
    Ein begeistertes Jauchzen wollte sich aus seiner Kehle Bahn brechen, und Jonathan musste sich zurückhalten, um nicht all seine Gefährten aus dem Schlaf zu reißen. »Ich … es … Kendra, es ist fantastisch«, flüsterte er aufgeregt. »Ich weiß auf einmal, wie es geht. Ich kann auf einmal die Fäden manipulieren. Es ist alles da. Schauen Sie nur!« Er hob ein weißes, spitzenbesetztes Taschentuch, das Morland nach dem Essen auf dem Tisch vergessen hatte, in die Luft und ließ es lautlos hin und her tanzen, sich drehen und wenden, als würde eine unsichtbare Brise mit dem dünnen Stoffstück spielen.
    Er spürte, wie die junge Frau seinen Arm ergriff und ihre Finger in seiner Jacke vergrub. »Wie machen Sie das?«, raunte sie erregt und nicht gänzlich frei von Neid. »Gestern noch waren Sie kaum imstande, sicher in die Wahrsicht überzutreten.«
    »Ich weiß es auch nicht. Es ist wie ein Wunder«, gab Jonathan zurück. Im nächsten Moment fiel ihm ein, dass es natürlich kein Wunder war, sondern Drummond. Mein Tod ist unausweichlich , hallte die Stimme des schottischen Magiers durch sein Bewusstsein . Wenn aber mein Wissen helfen kann, Sie am Leben zu erhalten, dann trenne ich mich davon gerne. Es hatte geklappt. Er hatte nicht bloß Teile von Drummonds Erinnerungen, etwa an seine Heimat in den Highlands oder die geheimen Fluchtwege durch die Kanalisation Londons, in sich aufgenommen, sondern auch seine Gabe, Fadenmagie zu wirken. Wo auch immer Sie gerade stecken, Mister Drummond. Ich danke Ihnen für dieses Geschenk!
    Jonathan ließ seinen Blick über die anderen Magier schweifen, und musterte ihre Fadenauren, deren eigentümliche Bewegungen auf einmal einen Sinn für ihn ergaben, wie ein Mosaik, das sich aus einer chaotischen Menge einzelner Steinchen plötzlich wie von

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