Magische Maschinen
so heiß verbrennt, entsteht Chaos. Auch der Dampf ist eine Form von kontrolliertem Chaos.« Dorrin führt Liedral vom Fuß der Treppe nach rechts in den Speisesaal. »Das ist nicht das einzige Problem. Wenn man Maschinen baut, braucht man eine Menge Eisen und Kohle. Dadurch entsteht viel Schlacke und Asche und Abraum beim Bergbau. All dies erzeugt weitere Probleme und möglicherweise sogar Chaos in den Flüssen und im ganzen Land.«
Sie betreten den Speisesaal, bleiben stehen und sehen sich um. Tyrel winkt sie zu sich. »Sie müssen Euch mögen, Meister Dorrin. Das Bier hier schmeckt großartig, und sie wissen, wie man Fisch zubereitet.« Seine heisere Stimme ist im ganzen Speisesaal zu hören.
»Meister Dorrin, ich habe ein riesengroßes Bett ganz für mich allein. Es ist so weich.« Frisa ist völlig aus dem Häuschen, und Dorrin lächelt unwillkürlich.
Er bleibt am Tisch stehen, an dem Merga, Pergun, Rylla und Frisa sitzen, und beugt sich zu ihr hinunter. »Das freut mich, Frisa.«
»Eine Heilerin namens Rebekah wird sich morgen um Pergun kümmern«, erklärt Merga.
»Will niema’m zur Last falln«, nuschelt Pergun.
»Und Mami sagt, dass wir vielleicht auch so ein Haus kriegen wie das, in dem wir jetzt wohnen. Stimmt das, Meister Dorrin?«
»Das weiß ich noch nicht, Frisa.«
»Du wirst uns ein Haus besorgen. Ich weiß, dass du es schaffst.«
Dorrin zuckt ein wenig zusammen, weil Frisas Glaube in ihn stärker ist als sein eigener. Er tätschelt ihr verlegen die Schulter. Merga sieht lächelnd zu, und Pergun beobachtet die Serviererin, die vor ihm einen Teller abstellt.
»Anscheinend ist das dort unser Tisch.« Liedral deutet zum einzigen freien Tisch, der nur für zwei Personen gedeckt ist.
Sie setzen sich, und kurz darauf betreten Yarrl, Reisa, Petra und Kadara den Speisesaal und setzen sich an einen Vierertisch. Die blank polierten Tische bestehen aus Roteiche, das Besteck ist aus Zinn. Becher aus blauem Milchglas stehen bereit.
»Möchtet Ihr Wein, Bier oder Rotbeerensaft?« fragt die ältere, dunkelhaarige Frau, die vorher an Mergas Tisch bedient hat.
»Ich glaube, ich nehme Wein«, sagt Liedral.
»Und für Euch Rotbeerensaft, Ser?«
Dorrin nickt, und die Frau zieht sich zurück.
»Woher wusste sie es?«
»Ich glaube, man sieht es mir an.«
»Was denn? Dass du mit der Ordnung arbeitest? Inwiefern hat das mit der Wahl deiner Getränke zu tun?«
»Es gibt nur wenige Schwarze, die Alkohol vertragen. Wahrscheinlich ist es eine im Grunde chaotische Substanz.«
»Ich bin froh, dass ich nicht ganz so ordentlich bin.«
In diesem Augenblick kehrt die Bedienung mit zwei Krügen zurück. »So, bitte. Heute Abend gibt es Weißfisch, dazu gebratene Quilla-Wurzeln und Honigkuchen als Nachtisch.« Kaum dass sie ihnen die Menüfolge erklärt hat, macht sie schon wieder kehrt und geht zum nächsten Tisch.
»Sie ist schnell.«
»Wahrscheinlich einer der Vorteile, welche die Ordnung mit sich bringt.«
»Du bist nervös, nicht wahr?« Liedral kostet den Wein. »Der ist wirklich gut.«
»Das will ich doch hoffen. Die Ordnung hat durchaus ihre Vorteile.« Dorrin trinkt seinen Rotbeerensaft. »Ja, ich bin nervös. Wärst du nicht nervös, wenn dein Vater – der Mann, der dich aus Recluce geworfen hat – dem Rat angehört, der über dein Schicksal entscheiden soll?«
»Ich denke schon. Aber ist er nicht nur einer unter mehreren?«
»Es ist nicht gerade günstig, wenn einer von dreien von vornherein gegen dich ist.«
»Aber warum ist er gegen dich?«
»Ich glaube, weil ich seine Worte nicht vorbehaltlos akzeptiert habe. Er hatte manchmal recht, aber ich wollte ihm das nicht zugestehen, weil er es nie zugegeben hat, wenn ich mal recht hatte.«
»Kannst du es dir denn jetzt erlauben, ihm zuzustimmen?«
»Nein.« Dorrin lacht. »Und das macht es natürlich nicht leichter.«
Der Fisch wird serviert. »Den Honigkuchen bringe ich später.«
»Wieso gibt es hier trotz des Handelsembargos Honigkuchen? Honig ist sehr teuer.«
»Hier nicht. Honig ist eine Handelsware. Honigbienen gedeihen, wo Ordnung herrscht. Das gilt auch für Feldfrüchte und Blumen.«
Liedral schüttelt den Kopf, schneidet ein Stück Fisch ab und schiebt ihn sich in den Mund. Dorrin schluckt, weil ihm bewusst wird, dass ihm das Wasser im Mund zusammenläuft und sein Magen knurrt. Er kann sich nicht mehr erinnern, wann er die letzte Mahlzeit gegessen hat, die nicht aus Brot und Käse, Früchten und Wurzeln oder kaltem Hammelfleisch
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