Magnus Jonson 01 - Fluch
beschrieb die Feier anlässlich des hundertelften Geburtstags von Bilbo Beutlin, eine ausgelassene Veranstaltung mit vielen Hobbits, üppigem Essen und Feuerwerk,an deren Ende Bilbo seinen Zauberring aufsetzt und verschwindet. Im zweiten Kapitel, »Der Schatten der Vergangenheit«, kehrt der Zauberer Gandalf zurück, um Bilbos Neffen Frodo einen Vortrag über die unerklärliche, böse Kraft des Rings zu halten und ihm den Auftrag zu erteilen, aus dem Auenland zu fliehen.
Es lag auf der Hand, dass Gauks Saga die Verbindung zwischen erstem und zweitem Kapitel darstellte.
»Darf ich mal sehen?«, fragte Árni.
Magnus atmete aus, er hatte nicht einmal gemerkt, dass er die Luft angehalten hatte. Er reichte den Brief seinem Kollegen.
»Und den hast du Agnar gezeigt?«
Ingileif nickte. »Ich habe ihn Agnar einige Tage überlassen. Er wollte alles haben, was ich finden konnte, um die Echtheit der Saga zu bestätigen. Hiermit war er zufrieden. Er war überzeugt, dass wir durch den Brief einen höheren Preis erzielen könnten.«
»Das kann ich mir vorstellen. Högni Isildsson war also dein Großvater?«
»Ja. Sein Vater Ísildur gründete Ende des neunzehnten Jahrhunderts ein Möbelgeschäft in Reykjavík. Damals zogen, genau wie heute, viele Isländer zum Studieren ins Ausland, und Högni ging 1923 nach England, an die Universität von Leeds, wo er bei J. R. R. Tolkien Altenglisch studierte. Tolkien machte großen Eindruck auf meinen Großvater, er inspirierte ihn. Ich kann mich noch erinnern, wie er mir von ihm vorschwärmte.« Ingileif lächelte. »Tolkien war gar nicht so viel älter als mein Großvater, erst Anfang dreißig, aber er strahlte offenbar etwas Altmodisches aus. Als würde er vor der Industrialisierung leben, als es noch keine Großstädte, keine Luftverschmutzung und Maschinengewehre gab. Solange Tolkien lebte, standen sie in lockerem Briefkontakt.«
»Es wäre gut gewesen, wenn du mir das hier gezeigt hättest, als ich das letzte Mal da war«, sagte Magnus.
»Ja, ich weiß«, erwiderte Ingileif. »Es tut mir leid.«
»Leidtun reicht nicht.« Magnus sah ihr in die Augen. »Hast du irgendeine Ahnung, warum Agnar umgebracht wurde?«
Ingileif hielt seinem Blick stand. »Nein. Ich habe mir eingeredet, dass das hier nichts mit seinem Tod zu tun hat und ich euch deshalb nichts davon sagen muss, aber ich wüsste wirklich von keiner Verbindung.« Sie hob die Augenbrauen. »Es ist nicht meine Aufgabe, Vermutungen anzustellen, aber wenn ich bei der Polizei wäre, würde ich mich fragen, ob die Leute, die ihr eben erwähnt habt, vielleicht die Saga in ihren Besitz bringen wollten, ohne Agnar zu bezahlen.«
»Es sei denn, du hast Agnar umgebracht«, warf Magnus ein. »Warum sollte ich das denn tun?« Ingileif sah ihm trotzig in die Augen.
»Um ihn zum Schweigen zu bringen. Du hast eben selbst gesagt, dass du den Verkauf der Saga rückgängig machen wolltest und er dir drohte, überall davon zu erzählen.«
»Aber deshalb würde ich ihn doch nicht umbringen!«, sagte sie kühl und mit Nachdruck, konnte ihren Zorn jedoch kaum unterdrücken. »Ich würde niemanden umbringen, egal aus welchem Grund.«
Magnus hielt ihrem Blick stand. »Kann sein«, sagte er. »Wir melden uns.«
Mit einem dumpfen Geräusch ließ Magnus die einhundertzwanzig Seiten von Gauks Saga auf Baldurs Schreibtisch fallen.
»Was ist das denn?«, fragte Baldur verärgert.
»Der Grund, warum Steve Jubb Agnar umgebracht hat.« »Was soll das heißen?«
Magnus berichtete, was er und Árni im Ferienhaus gefunden und bei der anschließenden Befragung von Ingileif erfahren hatten. Baldur hörte aufmerksam zu, die Lippen gespitzt, das lange Gesicht verzogen.
»Habt ihr die Fingerabdrücke von dieser Ingileif genommen?«, wollte er wissen.
»Nein«, sagte Magnus.
»Na, dann bringt sie her und nehmt sie ihr ab. Wir müssen wissen, ob es die fehlenden Spuren vom Tatort sind. Und das hier sollten wir beglaubigen lassen.« Er klopfte auf den Schriftsatz vor sich.
Baldur presste die Finger zu einem Dach zusammen und legte sein Kinn darauf. »Das ist also das Geschäft, von dem sie gesprochen haben. Das erklärt aber immer noch nicht, warum Agnar umgebracht wurde. Wir wissen, dass Steve Jubb kein Exemplar der Saga bekommen hat. In seinem Hotelzimmer war nichts zu finden.«
»Er könnte es versteckt haben«, warf Magnus ein. »Oder er hat es am nächsten Morgen mit der Post verschickt. An Lawrence Feldman.«
»Kann sein. Das Hauptpostamt ist
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