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Maigret und Monsieur Charles

Maigret und Monsieur Charles

Titel: Maigret und Monsieur Charles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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da saß Madame Maigret am Steuer.
    »Gibt es etwas Neues, Chef?«
    »Wir werden einen Nachtclubbesitzer besuchen. Er hatte das Lokal schon vor zwanzig Jahren...«
    Die Jalousien des Lokals waren geschlossen, aber neben dem Eingang sah man in einem großen Bilderrahmen Fotos von halbnackten Frauen.
    Sie gingen durch den Haupteingang hinein. Die Concierge schickte sie in den dritten Stock links. Ein junges Dienstmädchen von zweifelhafter Sauberkeit öffnete ihnen.
    »Monsieur Lenoir?... Ich weiß nicht, ob er Sie empfangen kann... Er ist eben erst aufgestanden und frühstückt gerade...«
    »Sagen Sie ihm, es ist Kommissar Maigret...«
    Einen Augenblick später kam Lenoir auf den Flur und begrüßte seine Besucher. Er war von gewaltiger Leibesfülle, und auch er wirkte nicht gerade taufrisch. Er trug einen weinroten Morgenrock über einem verwaschenen Schlafanzug.
    »Was verschafft mir die Ehre?«
    »Von Ehre kann nicht die Rede sein... Essen Sie ruhig weiter...«
    »Ich bin beschämt, Sie so empfangen zu müssen...« Lenoir war ein alter Gauner, der vor zwanzig Jahren einmal ein Bordell geführt hatte. Jetzt musste er um die sechzig sein, und unrasiert, mit verschlafenen Augen, wirkte er noch älter.
    »Wenn Sie hier rüberkommen möchten...«
    Die Wohnung war genauso heruntergekommen wie ihr Mieter, und überall herrschte Unordnung. Sie betraten ein kleines Esszimmer, dessen Fenster auf die Straße ging.
    Von einem weichen Ei war nur noch die Schale übrig, und Lenoir köpfte das zweite.
    »Morgens muss ich mich zuerst einmal in Form bringen ...«
    Er trank schwarzen Kaffee, und im Aschenbecher lagen Zigarettenstummel.
    »Also, was gibt’s?«
    »Ich möchte Ihnen ein Foto zeigen und Sie fragen, ob es Sie an irgendetwas erinnert...«
    Er hielt ihm die Vergrößerung von Nathalies Porträt hin.
    »Das Gesicht ist mir nicht unbekannt... Wie heißt sie?«
    »Damals, vor etwa fünfzehn Jahren, nannte sie sich Trika...«
    »Sie sind alle darauf versessen, sich die lächerlichsten Pseudonyme auszusuchen... Trika...«
    »Erkennen Sie sie?«
    »Ehrlich gesagt, nein...«
    »Könnten Sie den Namen nicht in Ihren Büchern finden?«
    Lenoir aß wie ein Schwein und hatte Eigelb am Kinn und auf dem Revers seines Morgenmantels.
    »Glauben Sie, ich führe ein Register mit den Namen sämtlicher Mädchen, die mal in meinem Club auftreten? Die kommen und gehen... Viele heiraten, und man würde sich wundern, wie viele von ihnen eine gute Partie machen... Ich hatte eine, die ist Herzogin geworden, in England...«
    »Und die Fotografien bewahren Sie auch nicht auf?«
    »Fast alle verlangen sie zurück, wenn sie gehen. Den Rest zerreiße ich und werfe ihn in den Papierkorb.«
    »Ich danke Ihnen, Lenoir...«
    »Es war mir ein Vergnügen...«
    Er stand mit vollem Mund auf und brachte sie bis zur Treppe.
    »Avenue de Wagram 31...«
    Es war ein bürgerliches Wohnhaus, in dem unter anderem zwei Ärzte, ein Zahnarzt und ein Steuerberater wohnten.
    »Wen darf ich melden?« fragte das Hausmädchen, das wie eine Soubrette gekleidet war.
    »Maigret.«
    »Den Polizisten?«
    »Ja.«
    Blanche Bonnard saß nicht beim Frühstück, sondern telefonierte. Aus einem der Zimmer hörte man:
    »Ja... Ja... mein Lieber, ich kann mich da nicht so festlegen... Ich brauche genauere Informationen und ein Gutachten meines Architekten... Ja... Nein, ich weiß nicht, wie lange das dauern wird... Sehe ich dich heute Abend im Club? Wie du willst... Bye...«
    Sie kam, um sie zu begrüßen, und ihre Schritte wurden von dem überall mit buntgemusterten Teppichen bedeckten Spannteppich gedämpft. Sie sah Maigret lange an, Lapointe schenkte sie nur oberflächliche Aufmerksamkeit.
    »Sie haben Glück, dass ich schon auf bin. Normalerweise stehe ich spät auf, aber heute habe ich einen Termin mit meinem Geschäftsberater... Kommen Sie...«
    Der Salon wirkte flauschig, zu flauschig für Maigrets Geschmack. Die Frau musste wie Lenoir schon über fünfzig sein, aber sie sah selbst im Negligé noch recht gut aus. Sie war dick, aber da sie gut proportioniert war, wirkte es nicht unangenehm, und sie hatte sehr schöne Augen.
    »Es geht um die Sache Sabin-Levesque, nehme ich an? Ich war schon darauf gefasst, Sie früher oder später bei mir zu sehen, aber ich vermutete nicht, dass Sie so schnell sein würden...«
    Sie zündete sich eine Zigarette mit vergoldetem Mundstück an.
    »Sie dürfen rauchen... Das stört nicht mal meinen Papagei... Als ich gestern das Bild in der Zeitung

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