Mala Vita
Motorradfahrer sich vor den Wagen drängte und unmittelbar danach plötzlich bremsen musste. Sie standen im Stau, und es ging nicht mehr vorwärts und rückwärts. Carlo schaute Cardone ernst an. »Wenn man die Ereignisse überdenkt, kann man auf die seltsamsten Gedanken kommen, findest du nicht? Sieh mal: Du hast mir von dem dunkelblauen BMW in Premeno erzählt, der erst auf der Piazza und später am Golfclub auf dem Parkplatz stand. Du hast mir erzählt, dass Rosanna auch so einen Wagen fährt. Und, oh welch ein Zufall, beide hatten ein Kennzeichen aus Milano!«
»Und welche Schlüsse ziehst du daraus?«, fragte Cardone mit sarkastischem Unterton.
»Dass du beschattet wirst. Jedes Mal, wenn ich aus dem Haus gehe, habe ich das Gefühl, dass der Eingang nicht nur von Reportern belagert, sondern auch von ganz besonders unauffällig aussehenden Typen beobachtet wird. Versuche einfach die Dinge so zu sehen, wie sie sind! Enricos Partner vernichten verdächtige Unterlagen und räumen überstürzt die Kanzlei. Beide warnen dich, du sollst besser aus Premeno verschwinden.«
»Du kannst mir glauben, ich habe mich ein Dutzend Mal nach dem Warum gefragt. Aber warum soll die Schließung des Büros etwas mit Rosanna zu tun haben?«
»Muss ja nicht! Jedenfalls kommst du nach Bologna zurück, verabredest mit Rosanna die Reise nach Antigua und just vor dem Abflug taucht dieser d’Aventura auf. Der Kerl findet uns mitten in der Stadt zwischen all den vielen Leuten, obwohl er dich noch nie zuvor gesehen haben will. Dann erzählt er uns etwas von der Mafia und möchte dich ausquetschen. Ich finde, das sind ein paar Ungereimtheiten zu viel. Könnte es sein, dass Rosanna mit diesem komischen d’Aventura zusammenarbeitet?«
»An diese Möglichkeit habe ich, ehrlich gesagt, noch nicht gedacht«, murmelte Cardone. Seine Stimme verriet abermals Unsicherheit. Im Wagen herrschte angespanntes Schweigen, denn auch Carlo verfiel mehr und mehr ins Grübeln. Im Schritttempo quälten sich die Fahrzeuge vorwärts, bis Carlo die Möglichkeit entdeckte, in eine schmale Seitenstraße abzubiegen. Es war einer seiner berühmten Schleichwege zur nächsten größeren Kreuzung.
»Ich mache mir um dich Sorgen, das ist alles«, sagte er.
»Ich kann auf mich ganz gut aufpassen«, antwortete Cardone leise.
»Das bezweifle ich nicht. Vielleicht habe ich dir gegenüber den Vorteil, dass ich die Dinge aus einem anderen Blickwinkel sehe«, entgegnete Carlo. »Ich sehe auch, dass du dich verändert hast. Übrigens, die Tatsache, dass Rosanna plötzlich nicht mit dir gemeinsam von Bologna abfliegt, sondern dich in Amsterdam am Flughafen Schiphol treffen will, macht mich auch stutzig. Gestern Vormittag war davon noch nicht die Rede.«
Cardone machte eine abwehrende Geste. »Dafür gibt es eine ganz einfache Erklärung. Sie hat einen Termin und kann dem Kunden nicht absagen. Was ist daran seltsam? Immerhin hat sie es möglich gemacht, dass wir gemeinsam weiterfliegen. Außerdem waren alle Flüge von Bologna aus für Wochen ausgebucht. Ich habe den letzten Platz bekommen. Sie hätte ohnehin von einem anderen Flughafen abfliegen müssen.«
Carlo stieß Cardone mit dem Ellbogen freundschaftlich in die Seite. »
Merda!
Du tust gerade, als wolle ich den Teufel an die Wand malen, Roberto! Ich gönne dir doch deine Rosanna!«
Wieder herrschte nachdenkliches Schweigen, bis Carlo fragte: »Wo wohnt sie eigentlich, wenn sie in Bologna ist? Hast du sie einmal danach gefragt?«
Cardone schaute seinen Freund bestürzt an. »Nein, ich weiß nicht, wo sie wohnt. Sie hat gesagt, irgendwo in der Nähe des Flughafens. Sie hat dort ein Appartement.« Cardone atmete tief durch. »Ich ärgere mich selbst darüber, dass ich so unbedarft bin, was Rosanna angeht. Diese Frau fasziniert mich. Vielleicht spielt mir die Hoffnung einen Streich, und ich glaube nur deshalb, dass alles mit ihr in Ordnung ist.«
»Man verliebt sich in ein Grübchen und fällt in die Grube«, unkte Carlo und lachte. »Sei mir nicht böse, Roberto, die letzten Tage waren für mich nicht weniger aufregend als für dich. Ich will nicht ausschließen, dass ich das Gras wachsen höre.«
»Liebe ist ohne Angst und ohne Schrecken nicht zu haben, das ist meine Lebenserfahrung. Jeder hofft, dass er nicht hintergangen und nicht betrogen wird.«
»Wir betrügen uns selbst so gut, dass wir es nicht einmal merken«, entgegnete Carlo. »Wie willst du es dann merken, wenn du beschissen wirst?«
»Manchmal kommst du
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