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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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schlägt, als der, der mit Vergnügen beim Prügeln zusieht.
    Solange mir jemand nicht widerspricht, hat er nur Gutes von mir zu erwarten.
    Auch wenn ich eigentlich immer eine Gegenleistung verlange, habe ich ab und zu schon dafür gesorgt, dass Beleidigungen, die anderen zugefügt wurden, zurückgenommen wurden.
    In dem Bezirk, den ich kontrolliert habe, gab es nie eine Schlägerei, nie wurde jemand auf der Straße ausgeraubt. Alle lebten in Frieden und konnten unbekümmert schlafen.
    Ich, der ich die Gesetze nicht beachtet habe, werde von denen, die das Gesetz verachtet, nicht verurteilt werden.
    Solange ich Boss war, habe ich niemanden angelogen. Die Wahrheit zu sagen ist ein Privileg der Mächtigen.
    Vor Feinden, die nach den gleichen Regeln handeln wie ich, habe ich eine gewisse Achtung.
    Ich habe nie einen Sündenbock gesucht. Ich bin selbst verantwortlich für ALLES.
    Fred zog das Blatt Papier aus der Maschine. Den Text noch einmal zu lesen, hob er sich für später auf. Er kroch zu Maggie ins Bett und schlief ein wie jemand, der seinen Job zur vollen Zufriedenheit erledigt hatte.

Vier
    Der Schriftsteller Frederick Blake ging seit Neuestem erst ins Bett, wenn die Schlaflosen wieder aufstanden, die Kinder von bösen Träumen heimgesucht wurden oder die Liebenden sich trennten. Nach mehreren Stunden harter Arbeit trieb ihn nur die Aussicht, nach dem Aufwachen das Geschriebene erneut zu lesen, ins Bett. Früher hatte er nachts Schulden eingetrieben, Leute zum Sprechen gebracht oder sich um diejenigen gekümmert, deren letztes Stündlein geschlagen hatte. Damals warteten nach der nächtlichen Knochenarbeit Spaß und Entspannung auf ihn. Da waren die Mädchen, die zu allem bereit waren, da wurde gezockt und gesoffen, was das Zeug hielt. Aber keiner torkelte nach einer durchzechten Nacht je nach Hause, jeder stand wie eine Eins. Seit seinem Verrat schlief Fred nur noch wie ein gejagtes Tier, die schrecklichen Träume der Nacht machten aus ihm bei Tag einen Zombie. Erst die Brother 900 hatte sein Vergnügen an nächtlichen Aktivitäten wieder geweckt. Die Begeisterung, die ihn vor einem leeren Blatt Papier überfiel, erinnerte ihn an den Nervenkitzel vergangener Jahre. Ob seine Aufzeichnungen jemand las oder ob sie ihn gar überleben würden, war ihm in solchen Augenblicken egal.
    Auf dem Schulweg versuchten Belle und Warren, sich ihren schriftstellernden Vater vorzustellen.
    »Seit drei Monaten verbarrikadiert er sich auf dieser Scheißveranda«, sagte Warren. »Seinen bescheidenen Wortschatz braucht er wahrscheinlich mehrmals am Tag auf.«
    »Du hältst deinen Vater für einen Analphabeten?«
    »Dad ist ein einfacher Amerikaner. Vergiss das nicht. Ein Typ, der spricht, um sich verständlich zu machen. Nicht um große Reden zu schwingen. Sein, haben, sagen, machen, mehr Verben braucht er nicht. Und warum soll er jemanden mit Sie anreden, wenn ein Du es auch tut? Dad speist und diniert nicht, er isst nur. Für ihn ist die Vergangenheit das, was vor der Gegenwart war, und die Zukunft das, was danach kommt. Warum die Sachen verkomplizieren? Hast du dir je die Mühe gemacht, all die Dinge zu zählen, die er allein mit dem Wort fuck bezeichnet?«
    »Keine Obszönitäten, bitte.«
    »Das ist nicht nur Schweinkram. Fuck aus seinem Mund kann zum Beispiel auch bedeuten: ›Mein Gott, in welche Bredouille bin ich da geraten.‹ Oder: ›Dafür wird der Kerl eines Tages büßen.‹ Oder auch: ›Was für ein Spitzenfilm.‹ Warum muss so jemand plötzlich schreiben?«
    »Mir gefällt die Idee, dass er sich mit etwas beschäftigt. Das tut ihm gut. Und uns lässt er solange in Ruhe.«
    »Mir tut er leid. Wenn ich ihn mir vorstelle, nachts auf der Veranda, wie seine Riesenpranken mit diesem Vorkriegsmodell von Schreibmaschine im Clinch liegen. Ich sage Pranken, dabei muss sein rechter Zeigefinger die ganze Arbeit allein erledigen. Klack, klack, klack. Höchstens alle zehn Sekunden ein Anschlag.«
    Warren hatte unrecht. Fred benutzte beide Zeigefinger. Den linken für die linke Hälfte der Tastatur, den rechten für die rechte Hälfte. Manchmal kam es aber zu Ungerechtigkeiten, war doch ein Wort wie »Strafe« ganz auf der linken Seite angesiedelt. Allmählich bildeten sich Schwielen auf seinen Fingerkuppen, das Metier forderte eben seinen Tribut.
    Während für seine Kinder der Unterricht begann, träumte Fred im Tiefschlaf davon, wie er mit dem Gartentraktor durch den kleinen Park seiner Villa fuhr. Seltsamerweise mähte er

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