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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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an sich keine Neuigkeit. Doch er wollte nicht gerne daran erinnert werden.
    *
    In Cholong-sur-Avre hatte es nie ein richtiges Kino gegeben. Seit Generationen kümmerten sich Freiwillige um den inzwischen betagten Filmklub, der im Gemeindesaal seine Vorführungen abhielt. Trotz der Warnung einer Handvoll Besserwisser (»Die Schlacht ist verloren!«) kamen – egal, was gespielt wurde – an die fünfzig Getreue zweimal im Monat zu den Vorführungen. So konnten die laufenden Kosten gedeckt werden und die Miesmacher wurden eines Besseren belehrt. Alain Lemercier, ein pensionierter Lehrer und zeit seines Lebens ein Filmliebhaber, kümmerte sich um das Programm, er entwarf auch die Handzettel und leitete die Diskussionen nach der Vorführung. Seine Liebe zum Kino stammte wohl in direkter Linie von den Wahnsinnigen ab, die einst die Landstriche Frankreichs durchkämmten, um Filme von Sacha Guitry und Marcel Carné in Scheunen und Hinterzimmern zu zeigen. Diese Besessenen holten sich ihr Publikum direkt von den Feldern oder aus den Bauernstuben. Die Einnahmen waren den Rittern der Laterna magica gleichgültig, es zahlte sowieso kaum jemand Eintritt. Für sie war das Gelächter über Michel Simons Auftritt in Boudu und die Tränen am Ende von Früchte des Zorns Lohn genug. Alain Lemercier hatte von ihnen das Staffelholz übernommen und zeigte in Cholong Autorenkino und vergessene Klassiker. Nach der Vorführung verharrten die meisten Zuschauer auf ihren Plätzen, schaffte es doch Monsieur Lemercier meistens, jemanden einzuladen, der ein besonderes Licht auf den Film werfen konnte. Zum Film Die Stunde des Siegers , der vom Konkurrenzkampf zweier Mittelstreckenläufer erzählt, hatte Alain beispielsweise Monsieur Mounier, den örtlichen Mittelstreckenchampion, eingeladen, dessen Karriere als Läufer bei den Olympischen Spielen für Senioren noch mal richtig Fahrt aufgenommen hatte. Ein andermal – auch dies ein unvergesslicher Abend – war es ihm gelungen, einen Spezialisten für hochbegabte Kinder aus Paris in die Normandie zu locken. Mit ihm wurde leidenschaftlich über einen Film diskutiert, der von einem augenscheinlich zurückgebliebenen Jungen erzählte, der sich schließlich aber als hochbegabt herausstellte. Und falls die Debatte einmal einzuschlafen drohte, ermunterte Alain sein Publikum, Fragen zu stellen, und die, die eine Meinung hatten, Antworten darauf zu geben. Kurz: Er war der Animateur des Kinos.
    Die Ankunft eines Schriftstellers aus New York in Cholong war Grund genug, einen amerikanischen Klassiker wieder herauszukramen. Ohne groß nachzudenken, griff Alain zum Hörer, um Fred einzuladen. Dabei lobte er sein Kinounternehmen in den höchsten Tönen.
    »Es wäre eine große Ehre für uns, wenn Sie unser nächster Gast sein würden.«
    Fred bei einer Diskussion in einem Filmklub? Einen Film ansehen ohne Bierdose in der Hand? Und ohne »Pause«-Taste in Reichweite, damit man zwischendurch schnell zum Kühlschrank laufen konnte? Er, der nur Filme mit Explosionen und Schießereien mochte? Der regelmäßig bei Liebesszenen einschlief? Für den es ein Ding der Unmöglichkeit war, gleichzeitig die Untertitel zu lesen und den Film zu verfolgen? Er bei einer Diskussion in einem Filmklub?
    »Was ist das für ein Film?«
    »Ich dachte an Verdammt sind sie alle von Vincente Minnelli aus dem Jahr 1958.«
    »Wie ist der Originaltitel?«
    » Some came running .«
    »Das sagt mir was … Ist das nicht mit Frank Sinatra und Dean Martin?«
    »Genau.«
    Alain hatte einen Volltreffer gelandet, ohne dass er es wusste. Für einen Italiener aus New Jersey, der zudem noch mit der »ehrenwerten Gesellschaft« verbunden war, waren Frankieboy und Dino Helden.
    »Wie geht noch mal die Geschichte?«
    »Ein Schriftsteller und Kriegsveteran kehrt mit einem unvollendeten Roman in seine Heimatstadt zurück. Alle halten ihn für einen Versager. Nur eine Frau glaubt an ihn.«
    »Und Frankie spielt den Schriftsteller?«
    »Ja.«
    Fred versprach, darüber nachzudenken. Er war sich unsicher. Er legte auf und blieb neben dem Telefon sitzen, das natürlich sofort läutete.
    »Hallo, Fred?«
    »Wer von euch beiden ist dran? Pluto oder Goofy?«
    »Di Cicco. ›Ich denke darüber nach.‹ Was soll das? Spinnst du?«
    »Ich rede nicht mit Dienstboten. Ich rede nur mit Quintiliani.«
    Fred knallte den Hörer auf den Apparat, er fühlte sich gedemütigt. Dank der modernen Technologie, die Caputo und Di Cicco zur Verfügung stand, dürfte Quints

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