Malchatun
recht locker auf Dero hochedlen Schultern, während meiner Kehle nicht minder Gefahr droht.«
«Vermenge nicht unziemlich unser beider Schicksal, Bursche! Selbst wenn wir gemeinsam sterben sollten, wäre immer ein Unterschied der unüberbrückbare Unterschied zwischen einer gemeinen und einer edlen Natur.«
»Ich weiß - ich weiß -«, pflichtete Achmed bei, was aber Kir Joannes keineswegs veranlassen konnte innezuhalten. Er hatte nicht umsonst die Schule der Rhetorik in Konstantinopel besucht.
»Sagtest du nicht, mein Kopf sitze locker auf meinen Schultern? Nichts beweist mehr, daß deine Worte einer niederen Anschauung entspringen. Während wir hier noch reden, reifen vielleicht bereits die Anschläge meiner treuen Untertanen zu meiner Befreiung . . .«
»Sie haben sich Zeit gelassen, die Untertanen«, meinte Achmed oder Philippos. »Soweit ich etwas bemerken konnte, war es nur ein allgemeines Bedauern, daß Euer Edlen, wie es den Anschein hatte, ganz insgeheim abgetan seien.«
»Da siehst du es.«
»Freilich sah und hörte ich es. Die wackeren Leute hatten sich auf Dero öffentliche Hinrichtung schon so sehr gefreut!«
»Du wirst sie entschädigen, Achmed«, meinte Joannes verärgert.
»Ich bitte Sie, edler Herr: Philippos!«
»Achmed!« blieb Joannes unerbittlich. »Oder glaubst du immer noch, deinem Schicksal zu entrinnen? Am nächsten Markttag sollst du gehenkt werden, und das ist übermorgen. Bis dahin mußt du sechs Stäbe durchgefeilt und hochgebogen
haben. Möglicherweise gelingt es dir, da es mir nicht ansteht, dich zu verraten. Aber was dann? Diese Zelle liegt zweiunddreißig Fuß über dein Grund. Wenn du ’runterspringst, brichst du dir so gut das Genick, wie es dir der Henker am Galgen brechen würde. Wozu also erst die viele Arbeit?«
»Ich werde nicht springen, Euer Edlen.«
»Was dann ?«
»Klettern. Die Laken ergeben, in Streifen geschnitten und zusammengeflochten, einen sehr guten Strick. Auch die Länge dürfte reichen.«
»Meine Laken?«
»Jawohl, Euer Gnaden.«
»Für deine Flucht ?«
»Für unsere Flucht, Euer Gnaden. Wer gibt Ihnen die Gewähr, daß der Markttag nicht auch für Sie das Ende bedeute?«
»Man wird es nicht wagen.«
»Der Bey ist nicht ängstlich.«
Ein wenig beunruhigt war Joannes nun doch.
»Hör doch endlich auf mit dem Gefeile!« schrie er. »Wie soll man dabei nachdenken?«
»Euer Edlen sollten mir lieber helfen«, meinte Philippos ungerührt. »Kann ja immerhin sein, daß der Bey Ihnen das Leben schenkt, weil er dabei auf Euer Gnaden Dankbarkeit rechnet . . .«
»Dankbarkeit?!« empörte sich Kir Joannes. »Und wenn er mir mein Melangeia auf den Knien darböte, würde ich ihm keinen Dank schulden, er würde nur zurückerstatten, was er uns stahl!«
An Osmans Absicht, Karadschahissar dem Kir Joannes auf den Knien darzubieten, glaubte Philippos nicht recht. Er riet vielmehr immer wieder zur Flucht. Wie denn, wenn der Bey die geheime Hinrichtung nur deswegen nicht habe vollziehen lassen, um siein eine öffentliche zu verwandeln? Doch zunächst gewann Philippos den hohen Mitgefangenen nicht für seinen Plan. Das änderte sich erst, als gegen Abend der Henker erschien.
Den Schwertmann kannte Kir Joannes bereits, und deswegen hätte dessen Erscheinen nicht gar so schreckhaft gewirkt, wenn nicht ein Haar- und Bartscherer in der Begleitung des Unheimlichen gewesen wäre. Dieser beflissene Mann mußte nämlich nach den Angaben des Nachrichters dem Edlen Herrn die blonden Locken stutzen, ganz aus dem Nacken heraus, auf daß nichts die Wirkung einer schön geschliffenen Klinge beeinträchtige.
Nach diesem Besuch wurde Kir Joannes ein wenig zugänglicher.
»Wie war das mit deinem Fluchtplan?« ließ er sich endlich zu einer Frage herab.
Der Plan sei einfach, erklärte Philippes, er habe an diesem Turm mitgebaut und kenne alle Gelegenheiten, was übrigens später dem Edlen Herrn bei etwaigen Absichten auf Karadschahissar sehr wohl nützen könne. Unten angekommen, sei eine kurze Strecke auf dem Bauch zu kriechen und ein Graben zu überqueren. Jenseits finde man an der verabredeten Stelle den dritten Mann mit den Pferden.
»Wer ist dieser Dritte?«
Seine Edlen werde ihn vermutlich kennen, wich Philippus aus, und nicht unfroh sein, ihn zu erblicken. Auf mehr ließ er sich nicht ein. Dagegen forderte er das Versprechen, künftig mit seinem Christennamen Philippus gerufen und von Kir Joannes als dessen treuer Diener gehalten zu werden. Denn nach
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