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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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sehe ihn nicht an.
    |342| »Ich möchte mich bei dir entschuldigen«, sagt er mit tonloser Stimme.
    »Auf deine Entschuldigungen pfeife ich, wir sind in keinem Salon.«
    Ein wenig ermutigender Anfang.
    »Peyssou sagt, du wirst die Mädchen nicht zurückgeben?«
    »Da täuscht sich Peyssou. Morgen traue ich dich, und in vierzehn Tagen schicke ich Catie nach La Roque zurück, damit Fulbert
     sie zu fressen kriegt.«
    Dies hat, obgleich von zweifelhaftem Geschmack, doch die Wirkung, ihn zu beruhigen.
    »Aber warum dann die ganze Komödie?« fragt er. »Ich verstehe das nicht.«
    »Du kannst das nicht verstehen, weil du nur an dich selbst denkst.«
    »Ich denke nur an mich selbst?«
    »Du denkst zum Beispiel nicht an Marcel.«
    »Und weshalb sollte ich an Marcel denken?«
    »Weil er es ist, den es treffen wird.«
    »Was wird ihn treffen?«
    »Repressalien, Verminderung der Rationen …«
    Kurzes Schweigen.
    »Das wußte ich doch nicht«, sagt Thomas ziemlich zerknirscht.
    »Deshalb habe ich diesem Miststück die Hand gedrückt und ihm die Angelegenheit als die Eskapade von zwei jungen Dingern dargestellt.
     Um Marcel zu entlasten.«
    »Und was geschieht in vierzehn Tagen?«
    Noch immer ein wenig besorgt, der Dummkopf.
    »Aber schau mal, das ist doch klar! Ich schreibe Fulbert, daß Catie und du euch ineinander verliebt habt, daß ich euch getraut
     habe und Catie selbstverständlich bei ihrem Mann bleiben muß.«
    »Und wer hindert Fulbert, danach Repressalien gegen Marcel anzuwenden?«
    »Warum sollte er? Die Begebenheit hat eine unvorhergesehene Wendung genommen, die ihn entwaffnet. Es hat kein Komplott gegeben.
     Marcel ist nicht beteiligt. Und das«, fahre ich einigermaßen kühl fort, »ist der Grund für diesen ganzen Fickfack, wie du
     es nennst.«
    |343| »Bist du böse, Emmanuel?«
    Ich zucke die Achseln, lasse ihn allein und kehre zu Peyssou und Meyssonnier zurück, um die Geschichte mit dem Zimmer zu regeln.
     Prima Kerle! Sind nicht nur damit einverstanden, ausquartiert zu werden, sondern freuen sich sogar. Diese zwei Kleinen, stell
     dir mal vor! sagt Peyssou gerührt und vergißt, daß er den einen eben noch als Rindvieh beschimpft hat.
    Noch tiefer werden sie am nächsten Tag gerührt sein, wenn ich Catie und Thomas im Saal des Wohnbaus traue. Die Anordnung ist
     die gleiche wie bei Fulberts Messe. Ich stehe mit dem Rücken gegen die beiden Fenster, der Tisch dient als Altar, und auf
     der andern Seite, mir gegenüber, sitzen die Gefährten in zwei Reihen. Die Menou hat in unglaublicher Verschwendung zwei dicke
     Kerzen auf den Tisch gestellt, obwohl klares Wetter ist, die Sonne durch die zwei großen Doppelfenster hereinflutet und eindrucksvoll
     zwei Kreuze auf die Steinplatten des Fußbodens zeichnet. Alle, sogar die Männer, haben feucht glänzende Augen. Und als es
     soweit ist, empfangen alle, auch Meyssonnier, das heilige Abendmahl. Die Menou vergießt Tränen, später sage ich noch, weshalb.
     Ganz anders sind die Tränen von Miette. Sie weint lautlos, nur Tropfen rollen über ihre blühenden Wangen. O gewiß, arme Miette!
     Auch ich sehe eine Ungerechtigkeit in dieser Ehrung und dem feierlichen Aufwand für ein Mädchen, das seine Gunst nicht verteilt.
    Nach der Zeremonie nehme ich Meyssonnier beiseite, und wir gehen im äußeren Burghof auf und ab. Eine kaum merkliche Veränderung
     hat sich an ihm vollzogen: Sein Bürstenhaar, mangels Friseur vorerst steil himmelwärts gewachsen, war noch länger geworden,
     fällt jetzt hinten herab und bringt in seine Physiognomie die Rundung, die ihr gefehlt hat.
    »Ich habe bemerkt, daß du am Abendmahl teilgenommen hast«, sage ich mit unbeteiligter Stimme. »Darf ich dich fragen, warum?«
    Eine leichte Röte überzieht sein ehrliches Gesicht, und schon blinzelt er, wie es seine Gewohnheit ist.
    »Ich war unschlüssig«, sagt er nach einer Weile. »Doch ich dachte, ich könnte die übrigen sonst beleidigen. Ich wollte mich
     nicht abseits stellen.«
    »Ich meine, das war richtig von dir. Warum sollte man der Kommunion nicht diesen Sinn geben? Den eines Teilnehmens?«
    |344| Verwundert sieht er mich an.
    »Willst du damit sagen, daß du ihr diesen Sinn verleihst?«
    »Ganz gewiß. Der gesellschaftliche Gehalt der Kommunion erscheint mir sehr wichtig.«
    »Der wichtigste?«
    Eine verfängliche Frage. Es kommt mir vor, als ob Meyssonnier im Begriff ist, mich auf seine Seite zu ziehen. Ich sage nein,
     werde aber nicht ausführlicher.
    »Ich«, sagt

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