Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
»Weise Entscheidung«, brummte Beldin.
Inzwischen war es Spätnachmittag und die Herbstsonne schien auf die gepflegte Rasenfläche.
»Ich frage mich, ob die anderen bereits mehr über Naradas wissen«, sagte Garion, als sie zurück zur Fakultät für angewandte Alchimie schritten. »Höchstwahrscheinlich«, meinte Belgarath. »Silks Leute sind ungemein tüchtig.«
Sie betraten das mit Stützen verstärkte Gebäude. Rauch schlug ihnen entgegen, und mehrere zersplitterte Türen lagen auf dem Korridor. Senji sog den Rauch ein. »Sie benutzen zuviel Sulfur«, stellte er fachmännisch fest.
»Ein Mann, dem wir vorhin hier begegneten, sagte dasselbe«, erzählte ihm Garion. »Das war kurz nachdem er eine Explosion verursacht hatte, glaube ich.«
»Ich habe es ihnen wieder und immer wieder gesagt.« Senji schüttelte verärgert den Kopf. »Ein bißchen Sulfur ist nötig, doch nimmt man zuviel – Puff!« »Sieht ganz so aus, als käme es hier häufig zu Explosionen.« Beldin versuchte den Rauch wegzufächeln.
»Das ist bei Experimenten gang und gäbe. Als Alchimist gewöhnt man sich daran.« Senji lachte. »Und man weiß nie, was dabei herauskommt. Irgendein Idiot hat sogar Glas in Stahl verwandelt.« Belgarath blieb abrupt stehen. »Er hat was?«
»Glas in Stahl verwandelt – oder jedenfalls so was Ähnliches. Es war immer noch durchsichtig, aber es ließ sich weder biegen, brechen, noch zersplittern. Es war der härteste Stoff, den ich je sah.« Belgarath schlug eine Hand auf die Stirn.
»Ruhig, ruhig!« mahnte ihn Beldin. Dann wandte er sich an Senji. »Weiß der Mann, wie er das fertiggebracht hat?«
»Das bezweifle ich. Er hat seine sämtlichen Formeln verbrannt und ging in ein Kloster.« Belgarath entquollen würgende Laute.
»Habt Ihr überhaupt eine Ahnung, was ein solcher Prozeß wert wäre?« fragte Beldin Senji. »Glas ist nahezu das billigste Material auf der Welt – es ist schließlich nur geschmolzener Sand – , und man kann ihm jede beliebige Form geben. Dieser Prozeß wäre möglicherweise mehr wert gewesen als alles Gold der Welt.« Senji blinzelte.
»Schon gut«, brummte Beldin. »Ihr seid ja ein Gelehrter und nicht an Geld interessiert, oder?« Senjis Hände fingen zu zittern an.
Sie stiegen die Treppe wieder hoch und kehrten in Senjis Labor zurück. Der Alchimist schloß und versperrte die Tür hinter sich, ehe er zu einem großen Schrank nahe dem Fenster hinkte. Ächzend schob er ihn ein Stück von der Wand weg, bückte sich und langte dahinter.
Das Buch war dünn und in schwarzem Leder gebunden. Nun zitterten Belgaraths Hände, als er es zum Tisch trug, sich setzte und es aufschlug. »Für mich ergab das alles nicht viel Sinn«, gestand Senji Beldin. »Ich glaube, sein Verfasser muß geistesgestört gewesen sein.« »Ja, das war er«, bestätigte der Bucklige. »Dann wißt Ihr, wer es geschrieben hat?« Beldin nickte. »Ja. Torak«, sagte er knapp.
»Torak ist nur ein Mythos, etwas, das die Angarakaner sich ausdachten!« »Sagt das ihm!« Beldin deutete auf Garion.
Senji schluckte schwer und starrte Garion an. »Habt Ihr wirklich – ich meine…«
»Ja«, antwortete Garion bedrückt. Seltsamerweise bedauerte er immer noch, was vor über einem Dutzend Jahren in Cthol Mishrak passiert war. »Es ist ungekürzt!« rief Belgarath da triumphierend. »Jemand hat eine Abschrift vom Original gemacht, ehe Torak es verstümmeln konnte. Alle fehlenden Absätze sind hier. Hört euch das an: Der Tag wird kommen, da das Kind des Lichtes und das Kind der Finsternis sich in der Stadt der Ewigen Nacht gegenüberstehen werden. Doch dies ist nicht Ort der endgültigen Ent scheidung, denn die Wahl wird nicht dort getroffen werden, und der Geist der Finsternis wird fliehen. Wisset auch, daß sich ein neues Kind der Finsternis im Osten erheben wird.« »Warum hat Torak diesen Absatz herausgeschnitten?« fragte Garion verwundert.
»Die Folgerungen sind nicht erfreulich – zumindest waren sie es für ihn nicht«, antwortete Belgarath. »Die Tatsache, daß es ein neues Kind der Finsternis geben würde, deutete ziemlich klar darauf hin, daß er die Begegnung in Cthol Mishrak nicht überleben würde.«
»Nicht nur das«, fügte Beldin hinzu, »auch wenn er überlebte, hätte er alles eingebüßt. Das zu schlucken, fiel ihm wahrscheinlich schwer.« Belgarath blätterte ein paar Seiten weiter.
»Bist du sicher, daß du so nichts übersiehst?« fragte Beldin.
»Ich weiß, was in der Abschrift in Ashaba
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