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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 06. Stuermische Begegnung
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wäre ich nicht«, meinte er auf seine steife englische Art. »Schließlich ist er ein Marquis, und ich bin nur von niederem Adel.«
    »Und wie willst du dann einem Marquis auf die Sprün-ge helfen?« fragte Maria.
    William grinste verschwörerisch. »Ich könnte mit ihr nach London fahren, sie elegant einkleiden und als meine Nichte vorstellen. Das wird dem jungen Spund zeigen, daß Aussehen und Herkunft letztendlich nur sehr wenig bedeuten und daß es nur darauf ankommt, glücklich zu sein.«
    »Das würdest du für uns tun?«
    »Für dich würde ich alles tun, Maria«, erwiderte William liebevoll.
    Sie faßte nach seiner Hand und hielt sie an ihre runz-lige Wange. »Vielleicht werde ich diese schönen jungen Engel überhaupt nicht beachten, Gajo.«
    Er strahlte sie an. »Ich werde sie auf jeden Fall in die Flucht schlagen, wenn ich dort bin ... falls du das vergessen hast.«
    Sie lächelte ihn zärtlich an. Die Augen schlossen sich langsam. Das Licht war aus ihnen gewichen.
    Marias Stimme war jetzt nur noch ein schwaches Wis-pern. »Ich überlasse sie deiner Obhut. Hüte mir meinen Schatz. Und ich danke dir .. . daß du mich in Frieden gehen läßt.«
    Ihr Atem setzte aus, und ihr Herz hörte auf zu schlagen. Anastasia starrte sie in stummem Entsetzen an.
    Ihre Großmutter war tot.
    »Maria würde nicht wollen, daß du weinst, Kleines, aber es hilft manchmal, wenn man den Schmerz her-ausläßt.«
    Das war freundlich gemeint und etwas eigennützig; William weinte selbst still vor sich hin. Aber er hatte in beiden Fällen recht. Maria wollte nicht, daß ihre Enkelin um sie trauerte, weder sie noch William sollten um sie trauern. Sie habe ein langes erfülltes Leben gehabt, das hatte sie oft gesagt.
    Anastasias Augen füllten sich langsam mit Tränen. Sie weinte nicht um ihre Großmutter, die endlich von ihren Schmerzen erlöst war und nun Frieden gefunden hatte, sondern weil sie selbst jetzt einsam und verlassen war . . .
    Sir William half ihr beim Ausschachten des Grabes.
    Viele kräftige Männer hatten Anastasia ihre Hilfe ange-boten, aber sie lehnte ab und ließ sich nur von dem Engländer helfen. Alle hatten Maria geachtet und waren ihr mit Ehrfurcht begegnet, aber geliebt hatten sie die Alte nicht.
    Nach alter Sitte wurde alles, was Maria besessen hatte, mit ihr begraben oder vernichtet. Sogar der alte Wagen ging in Flammen auf.
    In zweierlei Hinsicht setzte sich Anastasia jedoch über die strengen Bestattungsbräuche der Zigeuner hinweg.
    Sie ließ Marias Pferde frei, statt sie zu schlachten, wie es üblich gewesen wäre, sofern sich der barossan diesem Ansinnen nicht widersetzte. Außerdem behielt sie den Ring, den Maria damals von ihrem ersten Ehemann erhalten hatte.
    »Meinen ersten Ehemann habe ich am meisten geliebt«, hatte Maria oft gesagt, wenn sie nachts am Lagerfeuer saß und ihrer Enkelin von den Männern er-zählte, die sie gekannt und geheiratet hatte. »Von ihm habe ich deine Mutter empfangen.«
    Der Ring war nur von geringem Wert, nicht viel mehr als billiger Plunder, aber er war ein Symbol der Liebe ihrer Großeltern, und das war für Anastasia Grund genug, ihn aufzuheben.
    William hatte eigentlich vorgehabt, in Havers einen Steinmetz mit der Anfertigung eines Gedenksteins zu beauftragen, der Maria gerecht wurde. Anastasia er-klärte ihm jedoch, daß dies nicht dem letzten Wunsch ihrer Großmutter entsprach.
    »Mein Körper möge hier ruhen, und die Erinnerung an mich überlasse ich dir, mein Kind«, hatte Maria in jener Nacht zu ihrer Enkelin gesagt, als sie ihr eröffnete, daß sie bald sterben würde. »Mein Name hingegen soll mit mir vergehen. Wenn ich schon fern meiner Heimat begraben liege, besteht keine Veranlassung für eine Grabinschrift.«
    »Eines Tages werde ich hier einen Grabstein errichten lassen«, versprach Anastasia Sir William. »Aber ihr Name wird nicht darauf stehen.«
    Jedermann aus dem Lager legte in der Nacht Nah-rungsmittel auf dem Grab nieder. Es war die Pflicht der Familie, den Verstorbenen etwas mit auf den Weg zu geben, da sie andernfalls wiederkamen und jeden heftig schalten, der diesen letzten Dienst verabsäumt hatte, wie die Geschichten der Zigeuner zu berichten wußten. Dies war nicht die Verpflichtung von Freunden oder Bekannten, lediglich von Familienangehörigen. Aber jeder in der Gruppe ehrte Maria auf diese Weise.

Kapitel Einundzwanzig
    W as wird das Spaß machen! Wir können dir gar nicht genug danken, Will, daß du bei deinem Vorhaben an uns gedacht

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