Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
einer Babysitterin, die Noah gut kennt und die dann einspringt, wenn Florian auch mal weg muss. Sie macht die Notfallbetreuung im Hause Neufeldt dann perfekt.
Sicher: Das Ganze erinnert mehr an eine Szene aus der Hollywood-Komödie Working Mum mit Sarah Jessica Parker, in der sie als privilegierte zweifache Mama und Beraterin versucht, alle Bälle oben zu behalten, aber tatsächlich spielt es in Deutschland, in Berlin. Genauso wie es auch in Köln, Essen oder Pinneberg spielen könnte. Organisation zwischen Kita, Feierabend und Familie ist nämlich oft keine Geldfrage, sondern mehr eine Frage von Netzwerken, wie mir das Internet schon oft bewiesen hat. Dort gibt es Börsen wie Sitter-Team.de , die man unter dem Suchwort »Gegenseitige Kinderbetreuung« findet. Auf diesen Seiten bieten Mütter Babysitting an, und im Idealfall verbringen die Kinder dieser Mütter dann einen Nachmittag oder Abend bei der anderen Mutter. Das ist in der Regel kostenlos, allerdings muss man sich hier ein bisschen durch die Foren googeln. Oder ganz klassisch: Auf dem Spielplatz nette Mütter kennenlernen und sich zusammenschließen!
Für Tanya jedenfalls könnte das Leben jetzt immer so weitergehen. Mehr Kinder will sie sicherlich, spricht sogar von Großfamilie. Und jetzt, wo Noah zum dritten Geburtstag einen Kinderrollkoffer geschenkt bekommen hat, ist Honolulu oder auch mal ein längerer Trip durch Deutschland ja auch nicht mehr ganz so unrealistisch …
4. Mama versus Weltkonzern: Christin erfindet das Apfelkind !
An meinem 25. Geburtstag wollte ich nur noch weg. So schnell mich der ICE fahren konnte. Raus aus der Kleinstadt Bonn, auf nach Hamburg oder Berlin, dahin, wo die großen Zeitungen der Republik gedruckt und deren Nachrichten gemacht werden. Ich arbeitete bis dato als Reporterin für eine Lokalzeitung und wollte dahin, wo es lauter, verschärfter und cooler war. Und dahin kam ich dann auch. Fünf Jahre später entdeckte ich aber ausgerechnet bei einem Besuch in Bonn etwas, das in mir den Wunsch weckte, doch viel häufiger zurückzukehren.
Zwischen den Jugendstilhäusern der Südstadt, in den hohen alten Alleebäumen, flatterten rote Fähnchen und es roch nach Frühling und nach Jugend. Nach einer vergangenen Zeit, in der ich mit meinen Freundinnen Jahr für Jahr im Poppelsdorfer Gemeindesaal in den Mai tanzte, während die Jungs heimlich Maibäume stellten.
Da stand ich also nun mit meinem Kinderwagen, nicht mehr Schülerin oder Studentin, sondern Mutter, und musterte das Schild an der Ecke zur Argelanderstraße. Apfelkind war darauf zu lesen – und als ich einen Blick in den dazugehörigen Laden riskierte, traute ich meinen Augen kaum. Das war ja ein Kindercafé, und zwar das schönste, das ich als verwöhnte Hauptstadt-Mutter je gesehen hatte. Das Konzept Kindercafé war mir ja durchaus bekannt. Alleine in den Stadtteilen Friedrichshain, Kreuzberg, Mitte und Pankow gibt es an die 30 Kindercafés, die Namen wie Milchbart , Kinderwirtschaft , Zuckerschnute oder Kreuzzwerg tragen. Und ich sage euch, Ladys, ich habe sie alle durch. Cafés, wo Babylaccino serviert wird, die Mamas bitte die Schuhe ausziehen müssen und die Kinder rumtollen können, als hätten sie die Weltherrschaft übernommen. Nachmittagelang habe ich sie in meiner Elternzeit durchprobiert, gefühlt jeden Tag ein Neues. Ich habe mich durch Berge von Waffeln mit Puderzucker und Kompott gesnackt und so die Wartezeit überbrückt, bis mein kleiner Sohn gewillt war, von der Rutsche zu kommen oder den Riesenstoffbär loszulassen.
Kurzum: Ich war ein alter Hase im Kindercafé-Kunden-Geschäft, aber so etwas wie das Apfelkind hatte ich noch nicht gesehen. Denn anstatt wie sonst von Spielzeug erschlagen zu werden und sich manchmal zu fühlen wie in einer Szene aus Chucky, die Mörderpuppe oder Puppet Master , weil jemand all die alten Plüschtiere seiner Kinder aus dem hauseigenen Keller freigelassen und in sein neues Café entsendet hatte, herrschte im Apfelkind eine gemütliche Ordnung. Die Wände waren weiß gestrichen, das Schaukelpferd, die Kinderstühle und Tische waren in Rot wie das Logo gehalten und in der Mitte des Raumes stand ein großer Flechtkorb mit über 100 Stoffäpfeln und grauen Mäusen zum Spielen. So kannte ich das aus Berlin wirklich nicht: Ein Ort, der für Kinder geschaffen wurde, aber geschmackvoll und nicht überladen war. Fühlte sich gut an.
Schnell kam ich mit der Betreiberin des Ladens, Christin Römer, ins Gespräch. Ich erfuhr von
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