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Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Titel: Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Gruber
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auch, wie es sich für einen braven Gast gehört, noch einmal hatte nachlegen lassen, wurde er dann doch nicht ihr Schwiegersohn.
    Finanze n Man zahlt seine Schulden. Immer. Sofort und, wenn es geht, in bar. Als Ausrede gelten lediglich: ein Krankenhausaufenthalt oder der Tod. Ist Letzteres der Fall, geht die Schuld selbstverständlich sofort an den Ehepartner beziehungsweise die Kinder über.
    Mitmenschen, die ihre Rechnungen oder Schulden nicht begleichen, werden als »Grattler« oder »Obergrattler, oreidige« (heißt übersetzt der unterste Bodensatz der Menschheit, mit dem der anständige Teil der Bevölkerung nichts zu tun haben möchte) bezeichnet und gelten als gesellschaftlich geächtet.
    Da der Bayer nur dem vertraut, was er sieht, steht er Kreditkarten generell eher skeptisch gegenüber, denn nur Bares ist Wahres. Wären alle Händler an der Wall Street Bayern, wäre es wohl nie zu einer Pleite wie bei Lehman Brothers gekommen, denn mit etwas zu handeln, das nur auf dem Papier, aber nicht in der Realität existiert, ist dem Bayern fremd: »Wenn ich’s ned seh, dann gibt’s es ned.«
    Kleidung In der Kirche, bei Hochzeiten, Beerdigungen, Familienfeiern et cetera zieht man sich ordentlich an und ist sauber frisiert, also »gschniegelt und gschneuzt«, alles andere gälte als respektlos. Das heißt keine Essensreste an der Kleidung, keine abgelatschten Schuhe, keine Sport- oder Trainingsklamotten, am besten auch keine Jeans, und Frauen geben nicht einen Teil ihrer Emanzipiertheit auf, wenn sie bei oben genannten Anlässen bevorzugt einen Rock oder – noch besser – ein Kleid tragen. Allerdings empfiehlt es sich, unter selbigem stets Unterwäsche zu tragen, was ich jeder Frau nur nahelegen kann, nachdem ich vor einigen Jahren bei einer Hochzeit in München den ausgeprägten Hintern der Trauzeugin in einer weißen durchsichtigen Leinenhose zum Altar vorwackeln sah wie ein riesiges Dreimannzelt. Ganz offensichtlich für jedermann trug die Frau nichts darunter. Das Orgelspiel verstummte, das Getuschel und Gekicher ging los, und das arme Mädel hatte wohl auch noch das Gefühl, heute besonders sexy zu sein, weil niemand ihr vorher gesagt hatte: »Du, ich glaub, du hast dei Unterhosn vergessen!«
    Außerdem muss ich immer an die Geschichte von der Mutter einer Freundin denken, die auf dem Heimweg von einem Badesee in einen Unfall verwickelt wurde und von der Feuerwehr aus ihrem Wagen geschnitten werden musste. Ihr Auto war auf dem Dach liegen geblieben, und sie trug ein loses sommerliches Hängerchen, das ihr – auf dem Kopf stehend – über selbigen gerutscht war. Leider hatte sie nach dem Baden das Bikinihöschen aus- aber keinen Slip angezogen. Sie dachte, das würde sich für die paar Kilometer nicht rentieren. Sie erzählte mir – rot bis über beide Ohren –, dass sie bis heute den Blick der Feuerwehrmänner nicht vergessen könne, die als Erstes an die Unfallstelle kamen.
    Umgang mit Großeltern Großeltern wohnen in der Regel bis zur ihrem Ableben mit der Familie in ein und demselben Haus und kommen – wenn überhaupt – nur im Falle einer schweren Krankheit und auch dann nur in den letzten Monaten ihres Lebens in ein Seniorenheim.
    Als vollkommen inakzeptabel für eine Abschiebung ins Heim gelten immer folgende Gründe:
    ♦ Inkontinenz
    ♦ Sinkende Lust auf Körperpflege
    ♦ Zunehmender Altersstarsinn von Opa und Oma, da er nachweislich bei jedem irgendwann eintritt und deshalb als hinzunehmen gilt. (Bei mir begann der Altersstarrsinn bereits mit zwölf, als ich anfing, sonntags das Dessert immer vor der Suppe zu essen!)
    ♦ Der frei werdende Wohnraum wird für den Nachwuchs als Hobby- oder Probenraum benötigt. (Meine Brüder teilten sich ein Zimmer, bis sie beide volljährig waren!)
    ♦ Der frei werdende Wohnraum wird als Abstellkammer für Gerümpel benötigt, das man sowieso nie wieder braucht.
    Großeltern werden respektiert und geachtet, auch wenn man sich angenehmere Dinge vorstellen kann, als sein Badezimmer mit seiner fünfundachtzigjährigen Oma sowie fünf anderen Personen zu teilen. Aber wie heißt es immer so schön: »Das Leben ist kein Wunschkonzert.« Und manche Dinge sucht man sich nicht aus, sie werden erledigt und hingenommen, weil man Verantwortung übernommen hat und Blut eben dicker ist als Prosecco.

Nomen est omen
    Besonders in Bayern. Denn wenn man in Bayern vom Bauernhof stammt, hat man automatisch mehrere Namen, die auf den ersten und manchmal sogar auf den zweiten

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