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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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lächelt. «Ja, da haben Sie zugesagt. Zeit und Ort stehen in Ihrem Kalender. Bis morgen.» Und schon ist sie durch die Tür.
    Ich kann mir eine Vielzahl interessanterer Feierabendbeschäftigungen vorstellen, als ein Glas Wein mit Dr.   Raakers zu trinken, aber Görges hat ja schon angekündigt, dass wir uns irgendwann über die Rahmenbedingungen des Duells um den Vorstandsposten verständigen müssen. Also finde ich mich etwas später in einem barock anmutenden Weinhaus ein. Der Inhaber ist ein schrecklich aufdringlicher Schwätzer, der früher als Lehrer gearbeitet, sich aber dann seinen Traum von einem eigenen Lokal erfüllt hat. Das alles bindet er mir binnen zwei Minuten auf die Nase. Gleich zu Beginn verhärten sich die Fronten, weil ich mir von einem Oberstudienrat nicht vorschreiben lassen will, was ich zu trinken habe.
    «Was darf’s denn sein? Lieber kräftig oder lieber weich?», fragt der Inhaber schelmisch lauernd.
    «Ein Glas Château de Rochemorin, bitte», erwidere ich.
    «Möchten Sie vielleicht mal einen vergleichbaren Italiener probieren?» Er sagt es mit einem erwartungsvollen Gesicht, so als würden wir beiden guten Kumpel jetzt mal auf eine kulinarische Entdeckungsreise gehen.
    «Nein danke», sage ich noch einigermaßen höflich, obwohl ich bereits leicht genervt bin.
    «Ich hätte auch einen schönen Burgunder, etwas weicher, aber mit mindestens genauso viel Volumen.»
    «Danke, ich mag den Rochemorin ganz gern», konstatiere ich in der Hoffnung, dass der Oberstudienrat es nun langsam mal begriffen hat.
    «Oder …» Er überlegt angestrengt. «Mögen Sie deutsche Weine?»
    «Wollen wir diskutieren, oder darf ich was trinken?», frage ich leichthin und sehe im selben Moment die Freundlichkeit aus dem Gesicht des Inhabers weichen.
    «Ein Rochemorin, kommt sofort», sagt er dann und macht sich beleidigt vom Acker.
    Raakers erscheint wenig später und bekommt automatisch den Wein vorgesetzt, den er hier offenbar immer trinkt, außerdem wird er herzlich vom Oberlehrer begrüßt. Hätte mir klar sein müssen, dass Raakers sogar beim Saufen ein Langweiler ist.
    «Freut mich, dass Sie es einrichten konnten», begrüßt mich Raakers, und wir prosten uns zu wie zwei alte Tanten, die ein Likörchen kippen.
    «Dr.   Görges hat mich gebeten», er nippt kurz, «und Sie ja wohl auch, die künftige Konstellation im Unternehmen zu diskutieren. Haben Sie sich inzwischen entschlossen, ob Sie für den Vorsitz kandidieren möchten?»
    Ich schüttele den Kopf. «Ich dachte, dass wir vielleicht heute Abend die Optionen durchgehen.»
    «Fein», erwidert Raakers. «Kommen wir also gleich zur Sache. Ich möchte für den Vorsitz kandidieren und würde für den Fall, dass man mir die Aufgabe überträgt, auch das Finanzressort behalten wollen. Ich dachte, Sie könnten sich um Görges’ aktuelle Aufgaben kümmern, also um die Distribution der bestehenden Objekte und um die Entwicklung neuer Formate. Selbstredend würde ich Sie zu meinem Stellvertreter machen.»
    Was Raakers da sagt, klingt vernünftig und nicht reizlos, die Gestaltung neuer Titel wäre immerhin nicht so langweilig wie das Finanzressort. Trotzdem sträubt sich etwas in mir dagegen, Raakers’ Stellvertreter zu werden. Ich befürchte, ich werde dann häufiger hier sitzen, an meinem Wein nippen und mir seine elaborierten Vorträge anhören. Und das ist wahrlich keine schöne Aussicht.
    «Gut», sage ich. «Würden Sie denn für den Fall, dass ich den Vorsitz übernehme, auch Finanzchef bleiben wollen?»
    Raakers nickt. «Ich gehe davon aus, Sie würden mich ebenfalls zu Ihrem Stellvertreter ernennen.»
    «Ehrlich gesagt würde ich gerne Schamski zu meinem Stellvertreter machen, denn ich denke, wir müssen die Handlungsvollmachten des Vertriebs stärken.»
    Raakers entgleiten für einen kurzen Moment die Gesichtszüge, er fängt sich aber sofort wieder. «Nun, in diesem Fall müsste ich nochmal nachdenken», sagt er schließlich, offenbar um Zeit zu gewinnen.
    «Warum wollen Sie eigentlich nicht Burger zu Ihrem Stellvertreter machen?», frage ich. «Ich habe das Gefühl, Sie haben einen wesentlich besseren Draht zu ihm als zu mir.»
    Ich sehe Raakers an, dass es ihm nicht in den Kram passt, derart offen über unsere Animositäten zu reden, glaube aber, genau das wollte Görges, als er sagte, er hätte keine Lust, viel Zeit mit Machtkämpfen zu verplempern.
    «Nun, auch das ist eine Überlegung wert», sagt Raakers, als hätte er nicht schon lange

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