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Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Titel: Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Federlein
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eine ganze Stunde darüber reden kann, ob Butter ja oder nein und dann am Ende zu so vielen neuen Erkenntnissen kommt!
    Ich werde mich dann also heute Abend der Diskussion stellen, warum ich nicht aufgegessen habe und nicht mehr das artige Mädchen sein. Mal sehen, wie`s mir damit geht.
     
     
    20.03.1997
     
    Heute beginnt meine dritte Woche hier und ich sitze immer noch in Klausur! Mein aktuelles Gewicht ist 42,5 Kilo, ich hab also noch ein bisschen Zeit abzusitzen, bis ich hier raus kann. Aber das ist mir ganz recht, da draußen ist so viel los und bevor ich mich den anderen Patienten aussetzte, bleib ich hier lieber noch etwas, da kann ich besser nachdenken.
    Ich hab gestern endlich den Schritt getan und meine XXS Hosen, also die Größe 32, weggeschmissen.
    Ich hab sie probiert und so langsam hab ich gemerkt, dass sie wieder passen, also nicht mehr schlabbern, wie als ich hier angekommen bin. Noch waren sie nicht zu eng und am Hintern war auch noch Luft, aber trotzdem hat mich das voll fertig gemacht. Ich hab dann mit „Schwester“ Paul (wir haben hier einen männlichen Pfleger, den alle Schwester Paul nennen und der wirklich super nett ist) geredet und ihn vollgejammert, wegen der Hosen. Er hat mich nur angeschaut und dann gemeint „Schmeiß sie weg, keine normale Frau passt in so eine Kindergröße!!“
    Das hat gesessen und zwei Stunden später war ich dann soweit und hab sie ihm zum Entsorgen gegeben. Weiß noch nicht, ob ich jetzt stolz auf mich bin, wahrscheinlich sollte ich`s sein!
    Naja, ich hab ja noch meine 34er und die schlabbern noch genug!
     
    Gabriele geht! Warum passiert immer mir das? Ich hab so gut mit ihr arbeiten können, sie war genau die Richtige für mich! Tja, woher kenn ich das nur? Wenn`s zu schön wird, kommt was dazwischen, mein altes Motto...
    Aber wahrscheinlich ist das für die anderen viel schlimmer, sie haben ja schon viel länger mit ihr gearbeitet! (Jetzt tu ich das schon wieder, anstatt mir einfach meine Trauer einzugestehen, kümmer ich mich wieder um Andere!!!)
    Die neue heißt Michaela... mal sehen!
     
    Am Donnerstag ist wieder Vollversammlung, das ist jeden Donnerstag, eine halb öffentliche, ab 10.00 Uhr dann öffentliche Versammlung, das was ich damals als „Tag der offenen Tür“ bezeichnet habe, als ich noch nicht hier war und mir einen Tag mit meinen Eltern diese Klinik angeschaut habe. Im öffentlichen Teil verabschieden sich die Patienten, die in der nächsten Woche gehen. Das ganze Team ist anwesend und wenn neue Leute zum Zuschauen da sind, wird halt noch über die Klinik geredet.
    Im nichtöffentlichen Teil kann man Dinge ansprechen, die einem auf dem Herzen liegen, man hat die Gelegenheit, mit allen Mitarbeitern zu sprechen – also auch mit den Köchen, den Putzfrauen usw.
    Ich soll in dieser Runde ein „Von mir zu Euch“ machen, das heißt aufstehen und von mir erzählen, wies mir so geht, was sich so tut... naja, das krieg ich schon hin!
    Ach ja, Anke ist auch hier, das ist die Frau die ich damals gesehen habe, die so schrecklich dünn ist! Wir hatten noch nicht so die Gelegenheit zum Sprechen, sie war wie ich bis letzte Woche in Klausur, insgesamt 6 Wochen! Ich finde sie immer noch wahnsinnig dünn, kaum zu glauben, dass sie schon raus darf. Aber das spornt mich an, es auch bald zu schaffen. So wie ich das mitgekriegt habe, ist sie 34, Mama von drei Kindern und verheiratet! Ich dachte irgendwie immer, Magersucht ist nur was für pubertierende Mädchen. Aber als Mama von drei Kindern? Sie war bevor sie hier aufgenommen wurde im Krankenhaus zur künstlichen Ernährung, soweit unten war sie!! Macht mir etwas angst, so will ich nicht enden!
     
     
    Anke ist zwei Jahre später an ihrer Magersucht gestorben, sie hat die Klinik damals zwar relativ stabilisiert verlassen, aber sobald sie draußen war, ging es wieder los und trotz künstlicher Ernährung konnte man ihr nicht helfen!
     
     
    22.03.1997
     
    Heute war die Vollversammlung und ich hab mein „Von mir zu Euch“ gemacht. Man muss sich da vorher in eine Liste eintragen, es gibt auch noch „Ich spreche an“, wenn man ein Problem mit jemandem hat, dann kann man ihn in der sicheren Runde ansprechen und derjenige darf dann einmal drauf antworten, dann gibt die Gruppe Rückmeldung.
    Also wie gesagt, ich bin aufgestanden und hab gesagt „hallo, ich wollt nur sagen, ich bin jetzt seit drei Wochen in Klausur, mir geht’s soweit recht gut, freu mich, wenn ich bald rauskomme, danke“.
     
    Gleich 5

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