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Mandys Verlangen

Mandys Verlangen

Titel: Mandys Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie C.
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hatte sie nicht aufgeben wollen. Clemens musste ihr helfen! Deshalb hatte sie immer wieder versucht, ihn anzurufen, hatte ihm einen Tag später auf dem Parkplatz aufgelauert und sich sogar hinter seinem Haus versteckt, um ihn dort abzufangen. Aber er hatte sich stur gestellt und ihr zuletzt sogar mit der Polizei gedroht.
    Als Tammy ihm kurz zuvor in der Halle des Swedish Medical begegnet war und er durch sie hindurchgesehen hatte, als wäre sie aus Glas, war in Tammy endgültig etwas zerbrochen.
    Um diese Anhörung überstehen zu können, hatte sie eine Hand voll Beruhigungspillen eingeworfen, deren volle Wirkung einsetzte, als die Anhörung begann. Halb betäubt, in einem Zustand, der die Realität nur wie durch Watte gefiltert an sie herankommen ließ, verfolgte Tammy, wie die Klinikchefin einen Ordner aufschlug und dann laut jede einzelne Verfehlung vorlas, die man ihr zur Last legte.
    Tammy hörte die Aussagen der Ärzte, des Pflegers und der beiden Schwestern, die man alarmiert hatte, als sie auf der Station nicht aufzufinden war, aber all das berührte Tammy gar nicht richtig.
    Zugleich war ihr absolut bewusst, dass sie nie wieder in ihrem Beruf würde arbeiten können. Wenn sie Glück hatte, würde sie eine Stellung als medizinische Hilfe in einer drittklassigen Praxis ergattern. Die Hoffnung auf eine Anstellung in einer normalen Praxis war Utopie, denn Ärzte, die auf sich und ihren Ruf hielten, würden eine Kraft mit einem derartigen Hintergrund ganz bestimmt nicht beschäftigen.
    Ja, im Grunde musste Tammy noch froh sein, wenn ihr »nur« fristlos gekündigt wurde. Immerhin hatte ihr Pflichtversäumnis einen Menschen das Leben gekostet. Wenn die Angehörigen misstrauisch wurden – und das würden sie, denn der Zimmernachbar war bereits dabei, die Geschichte überall herumzuerzählen –, kam eine saftige Schadensersatzklage auf das Krankenhaus zu.
    Die allgegenwärtigen Anwälte, die das Swedish Medical ohnehin wie die Geier das Aas umkreisten, waren sicher schon dabei, sich gegenüber der Familie des Verstorbenen mit der Aussicht auf immer höhere Millionenklagen zu übertrumpfen.
    Und auf Tammy wartete unter Umständen sogar eine Gefängnisstrafe!
    Dies und noch mehr ging ihr durch den Kopf, während die Damen und Herren des Untersuchungsausschusses auf sie einredeten. Oh, es war so verdammt ungerecht! Denn der, der sie zu ihrer Verfehlung überredet hatte, brauchte keine Strafe zu fürchten. Er brauchte nicht mal hier zu erscheinen, denn er hatte im Grunde nichts damit zu tun. Schließlich hätte Tammy ja einfach nur nein sagen müssen, so erklärte ihr Mister Darson, ein feister Endfünfziger mit schütterem rotem Haar und kleinen Schweinsaugen, die verschlagen hinter Brillengläsern blitzten.
    »Zumal Ihnen hier offen gesagt niemand die Geschichte glaubt. Doktor Sufforth ist ein integrer Kollege und ein hervorragender Arzt, der sich jede Sekunde der Verantwortung bewusst ist, die auf seinen Schultern, aber auch auf denen aller Teammitglieder lastet.«
    »Sie sollten sich schämen.« Mrs. Clarkson maß Tammy mit einem verächtlichen Blick. »Statt zu Ihrer Schuld zu stehen, versuchen Sie nun auch noch, einen unbescholtenen und angesehenen Oberarzt in Misskredit zu bringen. Ich bin zutiefst enttäuscht von Ihnen, Miss Lennert. Zutiefst!«
    »Ist es nicht eher so, dass Sie sich an Doktor Sufforth rächen wollen?« Die Frage kam von Mr. Brandon, einem schmalgesichtigen älteren Herrn, der Tammy mit unverhohlener Gier musterte. Wahrscheinlich stellte er sich gerade vor, wie sie unter dem engen Pullover und dem grauen Rock aussah. »Laut Aussage einer Kollegin waren Sie vor einigen Monaten kurz mit Mr. Sufforth liiert. Aber er hat die Verbindung nach wenigen Tagen gelöst.«
    Tammy sagte immer noch nichts. Was hätte sie auch erwidern sollen? Hier hatten doch sowieso schon alle ihr Urteil gefällt.
    »Miss Lennert?«, hakte Brandon nach. »Stimmt die Aussage der Kollegin?«
    »Ja.« Tammy ließ den Kopf hängen. In ihrem Inneren brodelte es jedoch. »Aber die Beziehung war erst nach diesem Vorfall zu Ende.«
    Ihre Worte riefen ein verächtliches Lächeln auf den meisten Gesichtern hervor. Tammy war klar, dass sie den Ausschuss mit dieser Antwort noch mehr gegen sich aufgebracht hatte. Aber das war jetzt auch egal. Sie würde sowieso entlassen werden und die Konsequenzen allein tragen müssen.
    Vor Zorn, Schmerz und Empörung über diese Ungerechtigkeit hätte sie laut schreien mögen. Oh verdammt, das Leben

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