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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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machte einen kostspieligen Eindruck und sah nach einer
großen Anzahlung und einer saftigen Hypothek aus. Andererseits bezog Howard bei
American Electronics ein gutes Gehalt.
    Die Familie hielt sich im Vordergarten auf.
    Walter konnte sie gut beobachten, als er auf der anderen Straßenseite
in einiger Entfernung vom Haus parkte.
    Er war von Greenwich nach Darien hinübergefahren, weil es in der Nähe
lag und dies eine gute Gelegenheit war, sich das Haus und vielleicht auch die
Familie anzusehen, ohne den halben Tag hin- und herfahren zu müssen.
    Die Kinder trugen glänzende Schneeanzüge. Der des kleinen Jungen war
über etwas gezogen, was wie ein neuer Football-Helm aussah, und er hielt einen
Football umklammert, als er um seinen Vater herumwatschelte und auf seinen vermeintlichen
künftigen Ruhm zumarschierte. Das kleine Mädchen hatte mehrere große Puppen
und ein gewaltiges Kunststoffpferd auf einen Schlitten gepackt und versuchte
ihn zu ziehen. Eine der Puppen fiel immer wieder herunter.
    Mrs. Howard bannte das alles auf 8 -mm-Schmalfilm. Sie konnte Michael und den Jungen dazu
bringen, stehenzubleiben und zu winken, doch das kleine Mädchen konzentrierte
sich hartnäckig auf sein neues Spielzeug und wollte nicht hochblicken.
    Zu Walters Überraschung war Mrs. Howard eine auffallende Erscheinung,
eine wirklich gutaussehende Frau mit dunkelbraunem Haar, vollen Lippen und
einem bemerkenswert hübschen Gesicht. Was ist es, fragte sich Walter, was sie
ihm nicht geben kann oder will... oder worum er sie nicht bitten kann ... was
ihn nachmittags zu diesen heimlichen Spritztouren in die 21. Straße East Nummer
322 eilen läßt?
    Und sie hat keine Ahnung, dachte Walter. Das war klar, als sie zu
ihrem Mann hinüberging, sich bei ihm einhängte und den Kopf an seine Schulter
legte, als sie ihren Kindern beim Spielen zusahen. Sie lächelte und lachte in
dem Glauben, ihr Glück sei sicher.
    Diese Vorort-Idylle, dachte Walter. Dieser neue amerikanische Traum,
weder Stadt noch Land, sondern eine banale Mischung aus beidem. Eine Gesellschaft,
die durch das Fernsehen und das Auto und sonst wenig zusammengehalten wird,
wenn man von dem desperaten, auch vom Fernsehen genährten Wahn absieht, daß wir
alle das gleiche wollen, ein Haus im Grünen.
    Oder vielleicht bin ich derjenige, der sich täuscht, dachte er, weil
ich mich an meine Phantasie von einem New York klammere, das nicht mehr
existiert, das von den immer mehr wuchernden Vororten erstickt wird.
    Noch ein paar Jahre, und die Clubs werden tot sein. Die Gäste, die
einst in der Stadt lebten und schnell auf einen Drink hereinschauten, auf ein
paar Songs und ein gutes Lachen, leben jetzt in den Vororten. Und da man von
dort eine lange Anfahrt hat, einen Parkplatz und vielleicht einen Babysitter
suchen muß, ist es leichter, einfach den Fernseher einzuschalten und die
gleichen Sänger und Sängerinnen anzusehen, die früher in den Clubs spielten und
jetzt für Jack Paar oder Steve Allen oder Joe Pine auftreten. Das Cabaret
findet jetzt im Wohnzimmer statt - oder wie lautet dieser scheußliche Ausdruck,
den Elizabeth und Roger verwenden: das »Familienzimmer«? Und wenn die Clubs
aussterben, werde ich vermutlich einer der wenigen Trauergäste bei ihrer
Beisetzung sein. Der Rest von Amerika wird in den bombensicheren Kellern der
Vororte sitzen und auf der Mattscheibe die anscheinend endlose Parade von
Cowboy-Shows ansehen.
    Unterdessen versinkt meine magische Insel im Sonnenuntergang.
    Hier sitzt also Mrs. Howard, weder Stadtmaus noch Landmaus, und ihr
Ehemann ist nachts eine Vorortmaus und tagsüber eine Stadtmaus, und daneben hat
er noch eine Stadtmaus, die in einem geheimen Stadtnest versteckt wird.
    Und hier sitze ich und beobachte sie.
    Frohe Weihnachten, Mrs. Howard, dachte Walter.
    Und frohe Weihnachten auch für mich.
    Er lehnte sich in den Fahrersitz und wartete, bis sie wieder ins Haus
gingen. Als sie es taten, ließ er den Motor an und fuhr in die Stadt.
     
    Es war dunkel, als er in Manhattan ankam.
    Er brachte den Wagen in die Garage, ging in seine Wohnung und machte
das Geschenk von Forbes und Forbes auf. Er goß nicht gerade knapp von dem
zwölfjährigen Scotch auf ein paar Eiswürfel, legte Thelonious Monks Blue Monk auf und
setzte sich hin, um sich gehenzulassen und über sich selbst nachzudenken.
    Walters Apartment war anzusehen, daß sein Bewohner nicht viel Zeit in
ihm verbrachte. Es hatte ein recht großes Wohnzimmer mit zwei Fenstern zur 36.
Straße, ein

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