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Manhattan Projekt

Titel: Manhattan Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Stadt als Geisel nehmen!«

6.
    Blaine lag auf der Veranda von Buck Torreys Pfahlbau und hörte um sich herum das Zirpen der Grillen und Nachtvögel. Er war herausgekommen, um seinen noch schweißnassen Körper von der Brise abkühlen zu lassen. Vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung war die Luft wie in einer Sauna, und im Inneren des Pfahlbaus staute sich der Dampf sogar nachts. Wenn sein früherer Sergeant Major sich vorgenommen hatte, ihn Schulter und Hüfte vergessen zu lassen, dann war seine Rechnung aufgegangen. Jetzt spürte er sie schon seit drei Wochen nicht mehr.
    Drei Wochen …
    Aber es schien viel länger zu sein. Blaine konnte sich nicht erinnern, sich jemals so geschunden gefühlt zu haben. Das Training seiner frühen Jahre war gewiß viel härter gewesen, aber damals war er um einiges jünger, und das hatte den Schmerz erträglicher gemacht. Es gab keine Verschnaufpausen während des Trainings, und das mit gutem Grund.
    Du bist im Dschungel, verletzt, hast vielleicht einen Splitter abbekommen. Du bist allein mit deinem Schmerz und dem Feind im Rücken, der dich schon fast eingeholt hat. Wenn du stehen bleibst, stirbst du. Niemand hatte sich im Dschungel ergeben, dort wo Blaine die ihn prägenden Jahre verbracht hatte. Das Training der Special Forces, das er abgeschlossen hatte, hatte ihn sowohl zur Duldsamkeit erzogen als auch seine Persönlichkeit entwickelt. Wenn du den Schmerz im Training nicht erträgst, dann bist du auch nicht imstande, dich mit einer Kugel im Bein zwanzig Meilen durch den Dschungel zu schleppen.
    Die Tür ging auf, und Buck Torrey gesellte sich zu Blaine auf die Veranda. Er setzte seinen massiven Körper auf ein Stück nasses Holz, eine Bierflasche in der Hand.
    »Wollt' dir ja eine mitbringen, mein Junge, aber ich kenne dich, saufen paßt nicht zu dir!«
    Blaine stützte sich behutsam auf seine Ellbogen. »Das war nicht immer so.«
    »Wir alle haben schon einiges getan, früher. Aber das Leben ist nicht viel mehr als das, was du hier siehst, wo du gerade bist. Du gehst von einer Stelle zur anderen. Du packst ein. Weißt du, wie man das nennt, wenn 'n alter Hund wie ich die Faxen dicke hat?«
    »Nein.«
    »Er hört auf mit dem Auspacken. Er läßt die Stücke seines Lebens in ihren Kisten, so kann er sie das nächste Mal besser transportieren.« Buck Torrey nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche. »Das Dumme ist, daß du nicht alles in Schachteln packen kannst. Ich kannte mal einen Typen, der hat nie etwas mit sich herumgetragen. Er kaufte sich alles neu, wenn er dort angelangt war, wo er hinwollte, er fing einfach neu an.«
    »Jetzt redest du über Familie, Buck.«
    Torreys Augen sprühten Feuer, wollten von der Qual ablenken, die sich hinter ihnen verbarg.
    »Sir«, verbesserte sich Blaine, während er sich aufsetzte. Er mußte sich nicht mehr am Geländer der Veranda festhalten, um das zu schaffen. Jetzt streckte er lässig seinen schlechten Arm zum Geländer und verlagerte sein Gewicht darauf. Die Schulter konnte das aushalten, er spürte lediglich einen kleinen Stich, mehr nicht.
    Blaine sah verwundert zu, wie Buck mit einem Zug aus der Flasche eine beachtliche Menge Bier schluckte. Sein Pfahlbau ragte wie ein Leichentuch hinter ihm auf. Es gab darin drei kleine Zimmer, einen Benzinmotor für Strom und Propangas für heißes Wasser. Ein winziges Badezimmer, das hauptsächlich aus einer Toilette bestand, die einen halben Tag brauchte, um den Tank der Wasserspülung aufzufüllen, und eine Schiffsküche mit einem Herd, den Buck fast nie benutzte. Er bereitete jedes Mahl auf einem alten, verrosteten Gasgrill vor der Hütte. Viele Mahlzeiten bestanden aus frischem Fisch, der alle paar Tage von einheimischen Fischern gebracht wurde. In der Hauptsache waren es Shrimps und Flußkrebse. Blaine mochte nicht immer den Geschmack dessen, was von Bucks Grill kam, aber gegen Ende des Tages war er so hungrig, daß das keine Rolle mehr spielte.
    An klaren Tagen konnte Blaine undeutlich die Wohnhäuser der Nachbarn sehen, wie Bucks Haus auf Pfählen gebaut und bis zu einer halben Meile weit entfernt. Nachts und bei starkem Nebel kam es ihm vor, als ob er ganz allein auf Condor Key lebte, nur ein paar flackernde Lichter deuteten auf die Existenz anderer Menschen hin.
    Auf die eine oder andere Weise dachten alle hier Ansässigen ebenso wie Buck; es waren Menschen, die sich hier angesiedelt hatten, weil es für sie keinen anderen Ort mehr gab, wo sie sich wohlfühlten. Aber sie

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