Manhattan Projekt
noch zu lesen: Wir bauen New York wieder auf, Stein für Stein.
Aber jemand hatte über Nacht das Stein übermalt, und durch Schwein ersetzt.
»Wir rufen die Polizei und lassen das Gelände überwachen«, sagte Gus zu seinem Vorarbeiter. »Jede Nacht is' was anderes. Wenn's so weitergeht, werde ich mit meinem Gewehr im Wohnwagen schlafen. Dann pump' ich jeden mit Kugeln voll, der sich auf dem Gelände rumtreibt.«
»Wir könnten eine Vereinbarung mit der Gewerkschaft treffen«, sagte Lou Marinelli und schob seine Zigarre von einem Mundwinkel in den anderen, »und wir hätten keine Probleme mehr.«
»Du klingst wie die Typen vom Ordnungsamt, die sie immer noch herschicken. Ich frag' mich, auf wessen Seite du stehst.«
»Auf der Seite, die uns dabei unterstützt, daß wir mit der Zeit und mit dem Geld hinkommen. Dieser Vandalismus hält uns auf, wir werden so nie fertig.«
»Dann müssen wir aufgeben …«
»Eher nachgeben. Das Spiel mitspielen, wie ich's gesagt habe.«
Marinelli war groß, aber Gus, der jetzt vortrat, überragte ihn noch. Seine Haut war dunkel, und seine Haare fielen jedesmal in wilden Strähnen herunter, wenn er seinen steifen Hut abnahm.
Marinelli fuhr zusammen, als Gus etwas unter seinem Jackett hervorzog.
Es war eine Spraydose.
»Niemand jagt mich von hier fort«, sagte Gus, und Marinelli sah zu, wie er erst die verunstalteten Teile des Schildes weiß übersprühte und dann mit roter Farbe den ursprünglichen Slogan nachmalte.
Unten in der Baugrube an der West Twenty-Third-Street war die Erneuerung des städtischen Kanalsystems in vollem Gange. Bulldozer, Schaufelbagger und Krane arbeiteten einträchtig nebeneinander daran, alte Rohrleitungen heraufzuholen und neue wieder einzusetzen. Riesige Zugänge waren aufgerissen worden, um Zugriff auf die meilenlangen Abwasserkanäle zu bekommen, die sich unter der Stadt erstreckten.
Gus Sabellas Crew hatte die Aufgabe, einen Knotenpunkt des Abwassersystems umzubauen, der mit der Zeit veraltet war. Die Firma von Gus hatte es geschafft, den Auftrag zu bekommen, weil sie die Konkurrenz in Zeit und Preis unterboten hatten; im Preis, weil sie keiner Gewerkschaft angehörten, und in der Zeit, weil sie einen Abschnitt zuschütteten, indem sie einen anderen aushoben. Das erklärte das Durcheinander der schweren Maschinen.
»He, Chef«, rief Marinelli, während Sabella prüfte, ob die Farbe getrocknet war. »Sehen Sie mal.«
Sabella wandte sich um und sah einen großen schwarzen Tankzug auf die Rampe zurollen, die in die Baugrube hinunterführte. Das Ding sah abenteuerlich aus. Gus hatte so etwas noch nie gesehen. Der Fahrer des Trucks hielt an und lehnte sich aus dem Fenster.
»Was zum Teufel ist das?«
»Ein Scheiße-Entferner mit höchsten technischen Ansprüchen«, sagte der Fahrer und legte einen Auftragszettel vor. »Ich soll Tunnel 73-A leerpumpen.«
Gus sah sich den Fahrer an. Die Haut dieses Typen erinnerte an rohen Biskuitteig, und seine Augen waren weit aufgerissen.
Gus nahm den Auftragszettel entgegen und kontrollierte ihn. »Ist was kaputtgegangen?«
»Das weiß ich erst, wenn ich da bin.«
»Ich frage deswegen, weil uns der Lohn gekürzt wird, wenn wir dafür verantwortlich sind.«
Der Fahrer faltete seinen Auftragszettel zusammen. »Ich fahre jetzt in den Tunnel, finde das Problem und beseitige es. Der Rest geht mich nichts an.«
Gus trat zurück, um ihm den Weg in die Baugrube freizumachen. »Sie kennen den Weg?«
»Immer dem Geruch nach.«
Der milchgesichtige Fahrer manövrierte den Truck langsam in die Einfahrt.
48.
»Du siehst nervös aus, Othell«, sagte Jack Tyrell.
»Es ist ein technisches Problem.«
»Wieso erzählst du mir nicht davon?«
Othell Vance zögerte. »Ich bin den Parametern gefolgt. Ich glaube, ich habe alles richtig gemacht. Es ist nur, daß wir noch nicht wissen, wie das Devil's Brew unter Kampfbedingungen funktioniert.«
»Ist das alles?«
»Ist das denn nicht wichtig?«
Tyrell schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Wir wissen, daß wir alles damit in die Luft jagen können, Othell. Das reicht mir«, sagte er und blickte auf die jüngste Errungenschaft, mit der Marbles ihre Kommandozentrale ausgestattet hatte: eine elektronische Wandkarte, in der jede Brücke und jeder Tunnel von New York mit leuchtendroten Linien gekennzeichnet war.
In der vergangenen Nacht hatten er und Othell sie in zwei vierköpfige Gruppen aufgeteilt, die sich als Straßenarbeiter verkleidet hatten. Nach außen
Weitere Kostenlose Bücher