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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wenigen Wochen war.
    Er wußte, daß auch Rummelsburg geräumt war. Wenn sie nur nicht in Berlin hängenbleiben, dachte Schütze. Nach Norddeutschland sollten sie gehen. Nach Schleswig-Holstein. Wenn man ihnen bloß eine Nachricht geben könnte.
    Der Zusammenbruch zeichnete sich ab. Frankreich wurde geräumt. Die amerikanischen Panzer General Pattons stießen schneller vor, als die im fetten französischen Leben träge gewordenen deutschen Truppen ihre neuen Stellungen beziehen konnten.
    Mit Lastwagen, randvoll mit Möbeln, Teppichen, Sektkisten und jungen Mädchen, brausten die Verwaltungsbeamten heim ins Reich. Die Zahlmeister, die Ortskommandanten, die Etappenstrategen, die hellen Köpfchen, die alles verloren sahen und nun retteten, was noch aus dem Krieg, dem so schönen, zu retten war.
    Auch Frauen gehörten dazu. In Frankreich wächst nicht nur ein guter Wein. O nein. Man hatte fast fünf Jahre Zeit gehabt, sich zu akklimatisieren. Ein Ortskommandant, der etwas auf sich hielt, ein Kammer- oder Furierweldwebel, der nicht gerade auf den Kopf gefallen war, jeder überhaupt, der seine ruhige Kugel durch Frankreich schob, hatte sich ein Mädchen zugelegt. Daß man sie jetzt mitnahm, war klar … man hatte so manches gehört von Spießrutenlaufen, von Haareabschneiden, von nackt durch die Straßen jagen. So sollte es Joujou nicht ergehen, dem kleinen Miezchen. Also nahm man sie mit nach Deutschland. Vielleicht konnte man sie als Hausgehilfin beschäftigen …
    Am Rhein wurden sie von den Lastwagen, aus den Autos, aus den Waggons geholt. SS war es, die Maschinenpistolen entsichert in den Händen. Man schrie, man beschwerte sich, man tobte, bis man merkte, daß man Kampfeinheiten zusammenstellte, um die Patton-Panzer aufzuhalten. Da wurde man schnell still, berief sich auf Marschbefehle und machte sich aus dem Staube. Mit einem Köfferchen voller Zivilklamotten. Joujou blieb zurück. Na ja … der Krieg, meine Herren. Aber man war in Deutschland. Und hier konnte einen jeder kreuzweise … wo der Krieg ja doch verloren war.
    Heinrich Emanuel Schütze war auch im Zusammenbruch sehr genau. Nicht nur Siege, auch Niederlagen muß man gründlich verkraften. Verwaltungstechnisch gesehen, bleibt auch ein Zusammenbruch immer noch ein Verwaltungsakt.
    Also ließ Schütze zunächst einmal eine genaue Bestandsaufnahme seines großen Nachschublagers machen. Siebenundneunzig Feldwebel und Mannschaften waren mit der Inventur beschäftigt. Tag und Nacht. Es war ungeheuer, was Heinrich Emanuel in Pont-Surrère verwaltet hatte. Er hatte es selbst nicht gewußt.
    Als die Bestandsaufnahme vollendet war – um nicht durcheinander zu kommen, hatte Schütze während der Zusammenstellung keinerlei Ausgaben mehr gemacht – standen die alliierten Truppen kurz vor der Mosel.
    Dem Befehl getreu, den er in der Nacht bekam, ließ Oberstleutnant Schütze, nachdem er sich geweigert hatte, das Riesenlager unter die zurückgehenden Truppen zu verteilen – denn davon stand nichts in dem Befehl – den gesamten Komplex von vier Hallen in die Luft sprengen.
    40.000 Paar Socken. 7.000 Mäntel. 35.000 Konserven. 10.000 Flaschen Alkohol. 21.000 Unterhosen und Unterhemden. 14.000 Paar Stiefel.
    In seinem Kübelwagen stehend, wartete Schütze, bis nach den Sprengungen die Flammen sich durch die Berge Material fraßen. Dann fuhr er ab. Ein Kradmelder nahm die Meldung über den ausgeführten Befehl mit zur Armee. Er lieferte sie gar nicht ab, sondern schlug einen Bogen und fuhr allein zum Rhein. Weg vom Krieg.
    »Ein sturer Hund«, sagten die Soldaten von ihrem Kommandeur. »Statt die Sachen zu verteilen. 35.000 Konserven …, und wir haben nichts zu fressen. Was denkt der sich eigentlich?«
    Nun, Heinrich Emanuel dachte gar nichts. Er hatte nach dem 20. Juli völlig abgeschaltet. Er gehorchte nur noch. Er tat seine sture Pflicht. Was er sah, wollte er nicht mehr sehen. Die Deportationen der letzten Juden. Das Schreckensregiment der SS. Die erotische Verjauchung der Truppen in Frankreich. Das Ende, das kommen mußte, weil es einfach so nicht weiterging. Der Dilettantismus der Führung, der Millionen Leben gekostet hatte. Auch das Leben seines Christian-Siegbert, die Gesundheit Giselher-Wolframs und zwei Zehen des Oberstleutnants Schütze. Er wollte einfach nicht mehr denken, weil es keinen Sinn mehr hatte. Er machte mit, weil er eine Uniform trug, weil er Offizier war, weil ihn ein Eid band … aber er tat nur das, was man sagte. Und das war in diesen Tagen

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